OFD Frankfurt/M. - S 7225 A - 32 - St 16

Keine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei Umsätzen mit Messekatalogen

Bezug:

1. Verwaltungsauffassung

Lieferungen von Büchern, Zeitungen und anderen Erzeugnissen des graphischen Gewerbes unterliegen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nummer 49 der Anlage 2 zum UStG grundsätzlich dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Hiervon explizit ausgeschlossen sind jedoch Veröffentlichungen, die überwiegend Werbezwecken (einschließlich Reisewerbung) dienen. Der sachliche Umfang der Steuerermäßigung wird durch den Verweis auf die Vorschriften des Zolltarifs abgegrenzt. Fällt ein Gegenstand unter eine im Gesetz genannte Zolltarifposition, unterliegt seine Lieferung automatisch der Ermäßigung. Ist die Zolltarifposition hingegen nicht im Gesetz erwähnt, kommt der allgemeine Umsatzsteuersatz von 19 % zur Anwendung.

Messekataloge dienen sowohl der Werbung für die Veranstaltung selbst als auch für die einzelnen Aussteller. Die Nennung der zahlreichen und für die verschiedenen Branchen bedeutenden Aussteller im Messekatalog an sich macht auf die Leistungen der Messegesellschaften aufmerksam, nämlich die Organisation und Durchführung einer Veranstaltung, die es einem möglichst großen Kreis von Herstellern oder Verkäufern von Waren oder Dienstleistungen gestattet, diese einem möglichst großen (Fach-) Publikum zur Schau zu stellen, zu erläutern und zu verkaufen.

Die Auflistung aller auf der Messe vertretenen Aussteller bringt die Bedeutsamkeit der Messe zum Ausdruck. Diese in eine sachliche Information gekleidete positive Darstellung der Leistung des Messeveranstalters ist für den potenziellen Besucher im Vorfeld der Messe ein wichtiges Entscheidungskriterium bzw. ein Anreiz, die Messe zu besuchen. Die Anzahl der zu erwartenden Besucher ist wiederum ein entscheidendes Kriterium für den Entschluss eines potenziellen Ausstellers, sich auf einer Messe zu präsentieren.

Die neben den alphabetisch oder nach Ländern geordneten Ausstellerverzeichnissen abgedruckten Waren- oder Dienstleistungsverzeichnisse, wonach der Besucher eine Zuordnung der Aussteller zu bestimmten auf der Messe angebotenen Waren oder Dienstleistungen vornehmen kann, erleichtert ihm die Entscheidung, welchen Aussteller er – auch neben den ihm bereits bekannten Firmen – besucht und beeinflusst dadurch sein Verhalten.

Da es sich mithin um Druckerzeugnisse handelt, die überwiegend Werbezwecken dienen, sind diese Publikationen grundsätzlich in Position 4911 1090 des Zolltarifs einzureihen, auf die in der Anlage 2 zum UStG jedoch nicht verwiesen wird. Umsätze mit diesen Gegenständen unterliegen daher dem Regelsteuersatz. Ein Vergleich mit Telefonbüchern (insbesondere mit den gelben Seiten) ist nicht möglich, da Telefonbücher nicht vorrangig Werbe- sondern allgemeinen Informationszwecken dienen.

Nichtbeanstandungsregelung

Eine generelle Nichtbeanstandungsregelung für solche Fälle, in denen bisher der ermäßigte Steuersatz angewendet wurde, kommt nicht in Betracht. Sofern durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Vertrauenstatbestände geschaffen wurden, besteht für die betroffenen Unternehmer individuell die Möglichkeit der Beantragung von Billigkeitsmaßnahmen.

2. 

Das Hessische FG hat mit dem genannten Urteil die vorstehende Verwaltungsauffassung bestätigt. Die durch das FG beurteilten Messekataloge bestanden laut der Sachverhaltsfeststellung aus folgenden Teilen:

  • Teil 1: Kontaktdaten der Klägerin

  • Teil 2: Hinweise auf Sonderschauen der Klägerin, die während der betreffenden Messen stattfanden

  • Teil 3 und 4: Auflistung der ausländischen Aussteller nach Ländern und aller Aussteller nach dem Alphabet, bei der alphabetischen Auflistung jeweils mit vollständiger An-schrift, Telefonnummer, sowie Mail- und Internetadresse und dem jeweiligen Messe-standort

  • Teil 5: Auflistung der Aussteller mit Firmenzeichen (Trademark)

  • Teil 6: Auflistung der Aussteller mit einer Lizenz unter Angabe der Lizenzbezeichnung

  • Teil 7: Alphabetische Liste der ausgestellten Produkte unter Angabe des Messestandorts und eine weitere Liste mit der alphabetischen Zuordnung der Aussteller zu einem be-stimmten Produktbereich

  • Teil 8: Verzeichnis der Inserenten, die Werbeanzeigen in den Messekatalogen geschaltet haben

  • Teil 9: Gelände- und Hallenpläne mit Hervorhebung der einzelnen Produktbereiche

Die Klägerin berief sich auf § 12 Abs. 2 Satz 1 UStG i. V. m. Anlage 2 Nr. 49 Buchst. a oder b. Die Messekataloge sollten als nicht überwiegend Werbezwecken dienende Druckerzeugnisse unter die Position 4901 KN fallen. Nach der Argumentation der Klägerin diene im Ergebnis keiner der oben beschriebenen Teile der Messekataloge Werbezwecken. Es handele sich vielmehr um Nachschlagewerke für den Messebesucher. Diese unterschieden sich aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers nicht von Adress- oder Telefonbüchern. Lediglich die Werbeanzeigen dienten natürlich Werbezwecken, dies geschehe aber nicht überwiegend.

Das FG hat hingegen entschieden, dass die streitgegenständlichen Messekataloge nicht in eine der nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG i. V. m. Anlage 2 Nr. 49 Buchst. a – e begünstigten Positi-onen einzureihen sind. Stattdessen hat es die Messekataloge der nicht begünstigten Position 4911 KN zugeordnet, weil es sich um Veröffentlichungen handelt, die überwiegend Werbezwecken dienen. Dabei stellt das FG auf den Begriff der Werbung aus Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114/EG des Parlaments und des Rates vom (ABL. EG Nr. L 376, S. 21) ab. Danach enthalten die Kataloge nicht nur im Hinblick auf die geschalteten Anzeigen, sondern in allen der beschriebenen Teile Werbung. Die bloße Nennung des Namens beinhaltet nicht nur die Aussage über die Teilnahme dieses Ausstellers an der jeweiligen Messe, sondern fördert den Bekanntheitsgrad des Ausstellers und damit den Absatz seiner Waren. Hinzu kommt die Nennung der Kontaktdaten. Auch müssen die Kataloge laut dem FG im Zusammenhang mit den jeweiligen Messen gesehen werden, die es den Ausstellern ermöglichen, ihre Produkte zu präsentieren und ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen.

Die Heranziehung der o. g. Richtlinie (die über irreführende und vergleichende Werbung zum Wettbewerbsrecht ergangen ist) für die Auslegung der Anmerkung 5 zu Kapitel 49 KN hält das FG für gerechtfertigt, weil es sich bei beiden Normen um Unionsrecht handelt.

Das FG sieht sich durch ein , in seiner Auffassung bestätigt, da der BFH dem Urteil ebenfalls einen weiten Werbungsbegriff zu Grunde gelegt habe. Danach würde auch die bloße Nennung eines Unternehmens – ohne Angabe irgendeines Produkts – als Werbung angesehen.

3. Urteil des FG Düsseldorf und Beschluss des BFH

Anderer Auffassung war das U, EFG 2014, 1912 (der dargestellte Sachverhalt erscheint vergleichbar zu dem unter Tz. 2 dargestellten Fall), weshalb das Hessische FG die Revision zugelassen hat. Gegen das Urteil des FG Düsseldorf hatte das Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, die der , als unbegründet zurückgewiesen hat.

4. Weitere Vorgehensweise

Die durch das Hessische FG zugelassene Revision wurde durch die Klägerin zwischenzeitlich eingelegt und ist bei dem BFH unter dem Az. V R 5/15 anhängig.

Aufgrund des vorstehenden Revisionsverfahrens ruhen vergleichbare Rechtsbehelfsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes.

Die bisherige Rundvfg. vom wird aufgehoben.

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Fundstelle(n):
LAAAE-85693