Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: InsVV § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b; InsVV § 3 Abs. 1 Buchst. b; InsVV § 3 Abs. 1 Buchst. b Alternative 1; ZPO § 577 Abs. 6 Satz 3
Instanzenzug: AG Bochum, 80 IN 70/02 vom LG Bochum, 10 T 31/07 vom
Gründe
I.
Mit Beschluss vom eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den Rechtsbeschwerdeführer zum Insolvenzverwalter. Dieser beantragte zuletzt, die Vergütung auf insgesamt 91.303,79 € und Auslagen von 17.255 € jeweils inklusive 19 % Umsatzsteuer festzusetzen.
Das Amtsgericht hat die Vergütung und die Auslagen auf insgesamt 80.110,04 € inklusive 19 % Umsatzsteuer festgesetzt und den darüber hinausgehenden Antrag zurückgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat der Insolvenzverwalter eine Erhöhung der Vergütung um 7.451,92 € angestrebt. Dieses Rechtsmittel ist ohne Erfolg geblieben. In gleichem Umfang verfolgt der Insolvenzverwalter seinen Antrag mit der Rechtsbeschwerde weiter.
II.
Das Rechtsmittel ist zwar statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
1. Die Frage nach dem Verhältnis von § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV zu § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV ist geklärt.
Ein Zuschlag gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. b Alternative 1 InsVV ist festzusetzen, wenn der Verwalter das Unternehmen des Schuldners fortgeführt hat und die Masse dadurch nicht entsprechend größer geworden ist. Beide Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ gegeben sein. Von einer "entsprechend" größeren Masse ist auszugehen, wenn die Erhöhung der Vergütung, die sich aus der Massemehrung ergibt, ungefähr den Betrag erreicht, der dem Verwalter bei unveränderter Masse über den Zuschlag zustände. Denn der Insolvenzverwalter, der durch die Betriebsfortführung eine Anreicherung der Masse bewirkt, darf vergütungsmäßig nicht schlechter stehen, als wenn die Masse nicht angereichert worden wäre. Ist die aus der Massemehrung sich ergebende Erhöhung der Vergütung niedriger als der Betrag, der über den Zuschlag ohne Massemehrung verdient wäre, hat das Insolvenzgericht einen Zuschlag zu gewähren, der die bestehende Differenz in etwa ausgleicht. Höher darf er nicht sein. Andernfalls würde der Insolvenzverwalter für seine Bemühungen um die Betriebsfortführung doppelt honoriert. Dies ist zu vermeiden (, ZIP 2007, 784, 786 Rn. 19; v. - IX ZB 120/06, ZIP 2007, 826 Rn. 5; v. - IX ZB 120/07, ZIP 2008, 514, Rn. 7).
Danach ist eine Vergleichsrechnung durchzuführen. Dazu ist der Wert, um den sich die Masse durch die Unternehmensfortführung vergrößert hat, und die dadurch bedingte Zunahme der Regelvergütung mit der Höhe der Vergütung zu vergleichen, die ohne die Massemehrung über den dann zu gewährenden Zuschlag erreicht würde ( aaO Rn. 8).
Die angefochtenen Entscheidungen haben diese Vergleichsrechnung in zutreffender Weise durchgeführt.
2. Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (, ZIP 2003, 1757; v. - IX ZB 215/03, NZI 2004, 665; v. - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1208, Rn. 44). Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (, ZIP 2002, 1459, 1460; v. - IX ZB 184/07 Rn. 4).
Eine derartige Gefahr besteht im vorliegenden Fall nicht. Amtsgericht und Beschwerdegericht haben einen Zuschlag von 20 % auf die Vergütung ohne die durch die Unternehmensfortführung bewirkte Massemehrung für angemessen angesehen. Dabei haben sie berücksichtigt, dass die Betriebsfortführung etwas über einen Monat gedauert hat, der Insolvenzverwalter ausschließlich Restaufträge abgewickelt hat, der Geschäftsbetrieb bei Amtsantritt des Verwalters praktisch eingestellt war, zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens 58 Arbeitnehmer in dem Betrieb beschäftigt waren und durch die Betriebsfortführung Erlöse in Höhe von 119.776,03 € erzielt werden konnten. Einen übermäßigen Arbeitsaufwand, der eine weitere Erhöhung des Zuschlags rechtfertigen könnte, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt.
Die Abgrenzung der Tätigkeit des Insolvenzverwalters nach Art, Dauer und Umfang einer Unternehmensfortführung ist Aufgabe der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall. Deshalb verbietet sich im Rechtsbeschwerdeverfahren eine vergleichende Betrachtung mit Einzelfallentscheidungen anderer Landgerichte, wie sie die Rechtsbeschwerdebegründung vornimmt. Es ist nicht Sache des Rechtsbeschwerdegerichts, für die Zuschläge aus Anlass von Unternehmensfortführungen nach den Umständen der Einzelfälle "Faustregel-Tabellen" aufzustellen (vgl. n.v.; v. - IX ZB 201/05, ZInsO 2007, 370 Rn. 3).
Da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, liegt weder die behauptete Divergenz zu Entscheidungen anderer Landgerichte noch eine symptomatisch fehlerhafte Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts vor. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt ebenso wenig vor wie eine Verletzung des Grundrechts des Rechtsbeschwerdeführers auf rechtliches Gehör.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAD-01271
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein