Nicht ausgeübter Vorbehaltsnießbrauch schließt Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht aus
Leitsatz
Ein nicht ausgeübter Vorbehaltsnießbrauch schließt die Nutzung des zivilrechtlichen Eigentümers zu eigenen Wohnzwecken i.S. von § 4 Satz 1 EigZulG nicht aus.
Gesetze: EigZulG § 2 Satz 1EigZulG § 4
Instanzenzug: (EFG 2007, 1577) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im Jahr 2000 von seiner Mutter ein von ihm bewohntes Hausgrundstück teilentgeltlich. Die Mutter behielt sich ein lebenslängliches, unentgeltliches Nießbrauchsrecht vor. Anschließend vereinbarte der Kläger mit seiner Mutter privatschriftlich, dass diese auf die Ausübung ihres Nießbrauchrechtes zu Gunsten ihres Sohnes verzichten und dieser alle Kosten sowie Zins- und Tilgungsleistungen für das Grundstück übernehmen sollte.
Den Antrag des Klägers auf Festsetzung von Eigenheimzulage ab dem Jahr 2000 lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ab.Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1577 veröffentlichten Urteil aus, dass der Kläger das ihm übertragene Hausgrundstück aufgrund fremden Rechts nutze. Sein sich aus § 903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergebendes Nutzungsrecht sei auf die Nießbraucherin mit dinglicher Wirkung übertragen worden (§ 1036 BGB). Auch wenn der Kläger das Hausgrundstück selbst nutze, dabei abweichend vom notariellen Übergabevertrag sämtliche Kosten des Hausgrundstückes getragen habe und die Mutter nie beabsichtigt habe, in das Haus zu ziehen, liege nicht lediglich ein Sicherungsnießbrauch vor
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Satz 1, § 4 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes —EigZulG—) und beruft sich darauf, dass der vereinbarte Nießbrauch nicht tatsächlich durchgeführt worden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und das FA zu verpflichten,
für das Jahr 2000 Eigenheimzulage festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet.
Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung). Zu Unrecht hat das FG die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken verneint. Die Feststellungen des FG reichen jedoch für eine abschließende Entscheidung über die Höhe der dem Kläger zustehenden Eigenheimzulage nicht aus.
1. Nach § 2 Satz 1, § 4 Satz 1 EigZulG wird Eigenheimzulage für die Anschaffung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung in einem eigenen Haus gewährt. Der Anspruchsberechtigte muss das begünstigte Objekt selbst bewohnen.
a) Der Begriff „eigen” i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG bedeutet, dass der Anspruchsberechtigte zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher (vgl. § 39 der Abgabenordnung) Eigentümer des begünstigten Objekts sein muss. In Fällen, in denen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinander fallen, ist für die Förderung auf das wirtschaftliche Eigentum abzustellen.
Der Vorbehaltsnießbraucher ist nur dann wirtschaftlicher Eigentümer, wenn sich seine rechtliche oder tatsächliche Stellung gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer des Grundstücks von der normalen —lediglich eine Nutzungsbefugnis vermittelnden— Position eines Nießbrauchers so deutlich unterscheidet, dass er die tatsächliche Herrschaft über das nießbrauchsbelastete Grundstück ausübt (, BFH/NV 2007, 1891, unter II. 1. b, m.w.N.).
b) Für die Auslegung des Begriffs „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” in § 4 EigZulG gelten die gleichen Rechtsgrundsätze, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung für die entsprechenden Regelungen des Einkommensteuergesetzes entwickelt hat (, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587). Danach dient eine Wohnung eigenen Wohnzwecken, wenn sie vom Anspruchsberechtigten selbst und ggf. den mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Familienangehörigen tatsächlich als Wohnung genutzt wird (vgl. , BFHE 196, 527, BStBl II 2002, 380).
Es kommt nicht darauf an, ob der Berechtigte aus eigenem oder abgeleitetem Recht nutzt (a.A. , EFG 1995, 1016; Stephan, Die Wohneigentumsförderung, 6. Aufl., S. 163, 164; für das Eigenheimzulagengesetz: EZ, EFG 1998, 1674; Wacker, EigZulG, 3. Aufl., § 4 Rz 5). Das nicht ausgeübte Nutzungsrecht eines Angehörigen schließt die Nutzung einer Wohnung durch den zivilrechtlichen Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken i.S. von § 4 Satz 1 EigZulG nur aus, wenn es wirtschaftliches Eigentum des Angehörigen und damit dessen Berechtigung nach § 2 Satz 1 EigZulG begründet.
2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe führte im Streitfall der Nießbrauch der Mutter des Klägers jedenfalls nicht zu deren wirtschaftlichem Eigentum an dem auf den Kläger übertragenen Hausgrundstück. Es kann dahinstehen, ob das vom Kläger seiner Mutter eingeräumte Nießbrauchsrecht mangels tatsächlicher Durchführung steuerlich anzuerkennen istund ob es sich um einen Sicherungsnießbrauch handelt. Die Vereinbarungen des Klägers mit seiner Mutter führen jedenfalls nicht dazu, dass kein Herausgabeanspruch des Klägers gegenüber seiner Mutter bestandoder sein Herausgabeanspruch keine wirtschaftliche Bedeutung hatte.
Der Kläger bewohnt das Hausgrundstück und nutzt es damit auch zu eigenen Wohnzwecken (§ 4 Satz 1 EigZulG).
3. Das Urteil der Vorinstanz beruht auf einer abweichenden Auslegung von § 4 Satz 1 EigZulG und ist deshalb aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif. Die Vorinstanz hat, da sie den Anspruch des Klägers schon dem Grunde nach verneint, keine ausreichenden Feststellungen zur Höhe der dem Kläger zustehenden Eigenheimzulage getroffen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2008 II Seite 349
BFH/NV 2008 S. 640 Nr. 4
BStBl II 2008 S. 349 Nr. 9
DB 2008 S. 617 Nr. 12
DStRE 2008 S. 622 Nr. 10
DStZ 2008 S. 270 Nr. 9
EStB 2008 S. 202 Nr. 6
FR 2008 S. 724 Nr. 15
HFR 2008 S. 425 Nr. 5
KÖSDI 2008 S. 15930 Nr. 3
KÖSDI 2008 S. 15972 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 12/2008 S. 1012
StB 2008 S. 153 Nr. 5
StBW 2008 S. 7 Nr. 6
StuB-Bilanzreport Nr. 7/2008 S. 277
YAAAC-73422