Durchbrechung der durch Aufteilung der Steuerschuld erreichten Beschränkung der Vollstreckung; mangelnde Sachaufklärung; Vorliegen einer Divergenz
Gesetze: AO § 278 Abs. 2, AO § 39, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und seine Ehefrau, die als Einzelunternehmerin eine Gaststätte betrieb, wurden in den Jahren 1988 bis 1992 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Vertrag vom erwarben die Eheleute als Miteigentümer zu je 1/2 ein bebautes Grundstück. Der Kaufpreis wurde am entrichtet. Am übertrug die Ehefrau ihren ideellen Anteil „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge” auf den Kläger.
Aufgrund einer Außenprüfung ergaben sich im Jahre 2000 erhebliche Steuernachforderungen. Auf daraufhin vom Kläger gestellte Anträge erteilte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) Aufteilungsbescheide gemäß § 268 der Abgabenordnung (AO). Für 1990 wurde dem Kläger ein geringer Steuerbetrag, für die übrigen Streitjahre keine Steuer zugewiesen. Die Bescheide enthielten den Zusatz, dass der Kläger über die ihm zugeteilten Steuern hinaus bis zur Höhe des gemeinen Wertes der ihm durch seine Ehefrau zugewendeten Grundstückshälfte in Anspruch genommen werden könne. In der Folge ergingen entsprechende Ergänzungsbescheide.
Einspruch und Klage, die der Kläger im Wesentlichen damit begründete, von Anfang an wirtschaftlicher Eigentümer des Gesamtgrundstücks gewesen zu sein, weil er nahezu den gesamten Kaufpreis aus Darlehen seiner im Ausland ansässigen Angehörigen gezahlt habe, blieben erfolglos. Im Verfahren hatte der Kläger einen vom datierenden Darlehensvertrag zwischen ihm und seiner Ehefrau vorgelegt, wonach er seiner Ehefrau —wie angeblich schon im Zeitpunkt des Kaufvertrages mündlich— ein unverbindliches und nicht befristetes Darlehen in Höhe des hälftigen Grundstückskaufpreises, ausgezahlt auf das Konto der Grundstücksverkäuferin, gewährte.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Die Ergänzungsbescheide und damit die Durchbrechung der Vollstreckungsbeschränkung durch die Aufteilungsbescheide seien rechtmäßig. Zugewendeter Vermögensgegenstand sei der Grundstücksanteil seiner Ehefrau. Unerheblich sei, dass die Ehefrau mangels Eintragung im Grundbuch noch nicht zivilrechtliche Eigentümerin des Grundstücksteils gewesen sei. Der Erwerb des Grundstücksteils und die gleichzeitige Erklärung der Auflassung im notariellen Vertrag begründeten eine Vermögensposition, über die die Ehefrau —wie zivilrechtlich zulässig und in der Praxis allgemein gehandhabt— habe frei verfügen können. Diesen Vermögensgegenstand habe die Ehefrau dem Kläger zugewendet. Im Rahmen des § 278 AO gelte die zivilrechtliche Zuordnung von Wirtschaftsgütern, nicht die steuerliche gemäß § 39 AO. Die vom Kläger vertretene Auffassung, er sei wegen der Zahlung des Kaufpreises von Anfang an wirtschaftlicher Eigentümer des ganzen Grundstücks gewesen, sei daher ohne Relevanz und treffe im Übrigen auch nicht zu. Er habe seine Ehefrau wirtschaftlich nicht von der Verfügung über ihren Anteil abhalten können. Mit der Übertragung auf ihn habe sie auch tatsächlich allein verfügt. Auch habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er den Kaufpreis für das Grundstück allein aus seinem Vermögen gezahlt habe. Es fehle der Verwendungsnachweis der aus dem Ausland geflossenen Zahlungen und der Darlehensvertrag mit seiner Ehefrau halte inhaltlich dem Fremdvergleich nicht stand.
Seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision begründet der Kläger mit fehlerhafter Sachverhaltsaufklärung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und dem Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und der Fortbildung des Rechts i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge mangelnder Sachverhaltsaufklärung i.S. der §§ 76, 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist nicht schlüssig dargetan. Zur ordnungsgemäßen Darlegung dieses Zulassungsgrundes hätte der Kläger ausführen müssen, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. , BFH/NV 2007, 958). Das ist nicht geschehen.
Der Kläger meint, das FG habe klären müssen, ob im Zeitpunkt der Übertragung des Grundstücksanteils ein Antrag auf Eintragung des Eigentumsübergangs aufgrund des Grundstückskaufvertrages beim Grundbuch eingegangen war, weil erst dann zivilrechtlich eine geschützte und übertragbare Vermögensposition entstanden sei. Er übersieht dabei, dass nach der Rechtsauffassung des FG —auf deren Richtigkeit es im Rahmen der Verfahrensrüge nicht ankommt— bereits der Erwerb des Grundstücksanteils und die gleichzeitige Erklärung der Auflassung im Kaufvertrag eine Vermögensposition begründen, deren Übertragung die Vollstreckung nach § 278 Abs. 2 AO rechtfertigen kann.
2. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO umfasst die Divergenz des FG-Urteils von der Rechtsprechung des BFH oder eines anderen Gerichts. Zur Darlegung dieser Zulassungsvoraussetzung ist zumindest der schlüssige Vortrag erforderlich, dass die angestrebte BFH-Entscheidung geeignet und notwendig ist, künftige unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen über eine bestimmte Rechtsfrage zu verhindern (vgl. , BFH/NV 2002, 1040).
a) Der Kläger rügt zum einen, das FG habe abweichend von Entscheidungen anderer FG und des BFH den Rechtssatz aufgestellt, dass die Frage des Vorliegens und der Zuwendung einer Vermögensposition i.S. des § 278 Abs. 2 AO ausschließlich nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sei. Er hat sich aber nicht damit auseinandergesetzt, dass das FG gleichwohl —alternativ auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise berücksichtigend— festgestellt hat, dass der Kläger nicht von Anfang an wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücksanteils seiner Ehefrau gewesen sei. Da demnach nicht allein die beanstandete —nach Auffassung des Klägers von der anderer Gerichte abweichende— Rechtsauffassung des FG das Urteil insoweit trägt, hätte der Kläger zusätzlich darlegen müssen, dass auch hinsichtlich der alternativen Begründung ein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. , BFH/NV 2007, 720). Das ist jedoch nicht geschehen.
b) Außerdem meint der Kläger, das FG habe den Rechtssatz aufgestellt, die steuerlichen Beurteilungsgrundsätze zur Wirksamkeit beziehungsweise Anerkennungsfähigkeit eines zwischen nahen Angehörigen geschlossenen Darlehensvertrages seien über das Ertragsteuerrecht hinaus auch auf andere materiell und verfahrensrechtliche steuergesetzliche Regelungen anwendbar und setze sich damit in Widerspruch zur Entscheidung des (BFHE 178, 459, BStBl II 1996, 11). Allerdings trifft die Behauptung, der BFH habe dort den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, dass die Beurteilung einer Darlehensvereinbarung als steuerlich anerkennungsfähig nach dem Grundsatz des Fremdvergleichs nur zur Beantwortung der Frage der Verwirklichung eines einkommensteuerrechtlichen Steuertatbestandes Bedeutung haben kann und nicht auf andere materielle und verfahrensrechtliche Steuergesetze anwendbar sei, offensichtlich nicht zu. Der BFH befasst sich nur mit der Frage, ob die einkommensteuerrechtlichen Grundsätze des sog. Fremdvergleichs bei Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen bei der Beurteilung, ob abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 des Erbschaftsteuergesetzes 1974 bestehen, entsprechend anwendbar sind. Darüber hinaus sind der Entscheidung keine allgemeinen Grundsätze zur Anwendbarkeit des Fremdvergleichs zu entnehmen. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz hat der Kläger demnach nicht dargelegt.
3. Mit seinen Ausführungen wendet sich der Kläger im Grunde gegen die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Urteils und die Tatsachenwürdigung durch das FG. Das vermag die Zulassung der Revision jedoch nicht zu rechtfertigen. Die Würdigung von Tatsachen ist dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung der Revision entzogen (z.B. , BFH/NV 2006, 1116, m.w.N.). Der Kläger setzt seine rechtliche Beurteilung —insbesondere, dass die Ehefrau des Klägers mit dem Grundstückskaufvertrag noch keine im Rahmen des § 278 Abs. 2 AO relevante Vermögensposi-tion erworben habe— derjenigen des FG entgegen, ohne damit jedoch einen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung zu rügen, der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führen könnte (vgl. z.B. , BFH/NV 2006, 1090, m.w.N.).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 329 Nr. 3
CAAAC-69463