Leitsatz
[1] a) Der Kautionsversicherungsvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des § 675 BGB.
b) Der Geschäftsbesorgungsvertrag erlischt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens insgesamt; dem Insolvenzverwalter steht kein Wahlrecht nach § 103 InsO zu.
c) Prämienansprüche des Kautionsversicherers für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens können nicht insolvenzfest vereinbart oder gesichert werden.
d) § 41 InsO ist auf befristete Forderungen nicht analog anzuwenden.
Gesetze: InsO § 41; InsO § 103; InsO § 115; InsO § 116; BGB § 675
Instanzenzug: LG Wiesbaden 9 O 95/04 vom OLG Frankfurt/Main 3 U 185/04 vom
Tatbestand
Die Beklagte verpflichtete sich durch Kautionsversicherungsvertrag vom mit der Sch. GmbH (fortan: Schuldnerin), Gewährleistungs- bzw. Vertragserfüllungsbürgschaften bis zu einem bestimmten Limit zu stellen. Nach § 5 der dem Vertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kautionsversicherung-plus (Übernahme von Bürgschaften; fortan: AVB Avalkredit-plus) waren von der Schuldnerin Prämien zu entrichten, die für bestimmte Abrechnungsperioden im Voraus berechnet wurden und sich den Änderungen des Limits anpassten. Im Falle der Kündigung, die der Schuldnerin jederzeit und der Beklagten aus wichtigem Grunde möglich war, berechneten sich die Prämien nach der Höhe der bestehenden Bürgschaften und waren bis zur Ausbuchung aller Bürgschaften zu zahlen. Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus dem Kautionsversicherungsvertrag hatte die Schuldnerin mit Vertrag vom ein Guthaben auf einem Depotkonto bei der Bank in Höhe von 85.000 DM an die Beklagte abgetreten.
Am wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Beklagte verlangte mit Schreiben vom Freigabe des Guthabens in Höhe der rückständigen Prämien für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Höhe von 10.992,78 €, was der Kläger ablehnte.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte zu dieser Befriedigung nicht berechtigt ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Gründe
Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in ZIP 2005, 1245 ff veröffentlicht ist, hat die Klage für unbegründet erachtet, weil der Beklagten wegen der eingeforderten Prämien für den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem zur Sicherheit abgetretenen Bankguthaben zustehe. Die Beklagte sei mit ihren Vergütungsansprüchen aus der Fortsetzung der Geschäftsbesorgung über das Erlöschen des Vertrags durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus Massegläubigerin gemäß § 115 Abs. 2 Satz 3, § 116 Satz 2 InsO. Da die Vorschrift des § 103 InsO im Falle des als Geschäftsbesorgungsvertrag anzusehenden Kautionsversicherungsvertrags durch die Spezialregelung in §§ 115 f InsO verdrängt werde, habe eine Ablehnung der Erfüllung durch den Kläger nicht zur Folge, dass die Beklagte ihre Prämienansprüche nur als Insolvenzgläubigerin geltend machen könne. Außerdem setze § 103 InsO einen beiderseits noch nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Vertrag voraus. Die Beklagte habe ihre Leistung jedoch mit der Übernahme des Bürgenrisikos im Rahmen des eingeräumten Limits gegen Prämie bereits vor Insolvenzeröffnung erbracht. Auf die Frage, ob sie den Vertrag vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekündigt habe, komme es nicht an, weil der Prämienanspruch in ergänzender Vertragsauslegung auch bei ungekündigtem Vertragsverhältnis durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Zeitraum danach nicht entfalle. Das Begehren der Beklagten verstoße auch nicht gegen § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil die Beklagte weder aufrechnen noch verrechnen wolle, sondern Freigabe der zur Sicherheit abgetretenen Forderung verlange. Schließlich sei die Sicherungsabtretung vor der Krise im Sinne von §§ 130 ff InsO erfolgt.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
Der Beklagten steht, wie die Revision mit Recht rügt, für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Prämienanspruch aus dem Kautionsversicherungsvertrag zu. Folglich kann sie insoweit an dem abgetretenen Anspruch der Insolvenzschuldnerin gegen die Bank kein Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 1 InsO geltend machen.
1. Der Kautionsversicherungsvertrag ist grundsätzlich als Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren (FK-InsO/Wegener, 4. Aufl. § 116 Rn. 11a; Braun/Kroth, InsO 2. Aufl. § 116 Rn. 15; Vosberg ZIP 2002, 968, 970; Spliedt EWiR 2005, 573; Proske ZIP 2006, 1035, 1036). Als Geschäftsbesorgung ist jede selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen anzusehen, für die ursprünglich der Geschäftsherr selbst zu sorgen hatte, die ihm aber durch den Geschäftsbesorger abgenommen wird (BGHZ 45, 223, 228 f; , WM 2004, 2398 f). Die Beklagte stellt, wie sie in der Klageerwiderung unwidersprochen erläutert hat, dem Versicherungsnehmer Bürgschaften zur Verfügung, mit denen dieser Gewährleistungseinbehalte ablösen kann. Seiner wirtschaftlichen Funktion nach ist der Kautionsversicherungsvertrag mit dem Avalkreditvertrag vergleichbar (Proske aaO), der als Geschäftsbesorgungsvertrag einzuordnen ist, soweit sich die Bank zur Übernahme einer Bürgschaft verpflichtet (BGHZ 95, 375, 380 f). Darüber hinaus hält der Kautionsversicherer - abgesehen von der ihm zu stellenden Sicherheit - für den Versicherungsnehmer den Liquiditätsspielraum bei dessen Hausbank frei. Dementsprechend hat das Berufungsgericht den Vertrag vom als Geschäftsbesorgungsvertrag eingeordnet; dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt der Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 116 Satz 1, § 115 Abs. 1 InsO mit Wirkung für die Zukunft (BGHZ 70, 86, 93; 157, 350, 356 f; FK-InsO/Wegener, aaO § 116 Rn. 24; Braun/Kroth, aaO § 116 Rn. 3; Nerlich/Römermann/Kießner, InsO § 116 Rn. 26; Goetsch in Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO § 116 Rn. 13; Vosberg aaO). Der Geschäftsbesorger ist zur weiteren Wahrnehmung von Schuldnerinteressen dann im Grundsatz weder berechtigt noch verpflichtet und erlangt keine Rechte mehr gegen die Masse (Kübler/Prütting/Tintelnot, InsO §§ 115, 116 Rn. 9).
a) Die Gegenauffassung (HK-InsO/Marotzke, 4. Aufl. § 115 Rn. 4 ff; ders. in Festschrift für Henckel [1995], S. 579, 590 f; Spliedt, aaO S. 574), nach der nur die Geschäftsbesorgungsbefugnis des Vertragspartners wegfallen soll, überzeugt nicht. Die gesetzliche Regelung unterscheidet hinsichtlich der Rechtsfolgen der Insolvenzeröffnung nicht zwischen Geschäftsbesorgungsbefugnis und Geschäftsbesorgungspflicht. Durch die Verweisung des § 116 Satz 1 InsO auf § 115 InsO erlischt der Geschäftsbesorgungsvertrag ohne Einschränkung ebenso wie das Auftragsverhältnis (MünchKomm-InsO/Ott, § 116 Rn. 48 f). Zudem trägt § 116 InsO die amtliche Überschrift "Erlöschen von Geschäftsbesorgungsverträgen". Ferner geht die Bestimmung über den Fortbestand der Vollmacht in § 117 Abs. 2 InsO von einem Fortbestehen des Geschäftsbesorgungsvertrages nur in den Fällen der Notgeschäftsführung aus. Nach den Gesetzesmaterialien sind in der Insolvenzordnung die Regelungen der Konkursordnung über das Erlöschen von Geschäftsbesorgungsverträgen inhaltlich unverändert übernommen worden (BT-Drucks. 12/2443 S. 151 zu § 134 f InsO-E). Das Erlöschen des Geschäftsbesorgungsvertrages war bereits im Rahmen des § 23 Abs. 2 KO anerkannt (RGZ 63, 69, 73; 71, 76, 77 f; 82, 400, 407; 145, 253, 256 f; RG HRR 1937 Nr. 334; BGHZ 109, 260, 264).
Für eine mit dem Erlöschen allein der Geschäftsführungsbefugnis verbundene einseitige Option des Insolvenzverwalters zur Fortsetzung des Geschäftsbesorgungsvertrags spricht auch nicht der Gesichtspunkt der Kostenersparnis für die Masse (so aber HK-InsO/Marotzke, aaO § 115 Rn. 6). Mit den Regelungen über das Erlöschen von Geschäftsbesorgungsverträgen soll die alleinige Verwaltung der Masse durch den Insolvenzverwalter vom Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung an sichergestellt werden (BT-Drucks. 12/2443 aaO). Ihm steht es frei, das Vertragsverhältnis durch Vereinbarung mit dem bisherigen Vertragspartner fortzusetzen oder ein entsprechendes Vertragsverhältnis mit einem anderen Vertragspartner neu abzuschließen, wenn dies im Interesse der Masse geboten ist. Kommt es nicht zur einvernehmlichen Fortsetzung, ist das Vertragsverhältnis nach den allgemeinen Regeln des materiellen Rechts abzuwickeln (MünchKomm-InsO/Ott, aaO § 116 Rn. 49).
b) Die Anwendung der §§ 115, 116 InsO kann nicht mit der Begründung verneint werden, es gehe nicht um die Geschäftsbesorgung durch den Versicherer in der Zeit nach Insolvenzeröffnung, sondern um die Weiterzahlung von Prämien als Gegenleistung der Schuldnerin für die Übernahme von Bürgschaften in der Zeit vor Eröffnung (so KG ZInsO 2004, 979). Im Falle eines Geschäftsbesorgungsvertrags verdrängen die Vorschriften der §§ 115 f InsO das Verwalterwahlrecht nach § 103 InsO (RGZ 71, 76, 77 f zu §§ 17, 23 KO; Uhlenbruck/Berscheid, InsO 12. Aufl. §§ 115, 116 Rn. 12; Kübler/Prütting/Tintelnot, aaO §§ 115, 116 Rn. 10; a.A. HK-InsO/Marotzke, aaO § 115 Rn. 6). Die zuerst genannten Bestimmungen ordnen das Erlöschen des Geschäftsbesorgungsvertrages mit Wirkung für die Zukunft an. Soweit der Geschäftsbesorger den Vertrag vor Insolvenzeröffnung erfüllt hat, muss der Insolvenzverwalter dies für und gegen die Masse gelten lassen (MünchKomm-InsO/Ott, § 115 Rn. 12). Folglich bleibt für eine Anwendung des § 103 InsO auf die Gegenleistung für die vom Versicherer vor Eröffnung erbrachte Leistung kein Raum mehr. Etwas Anderes ergibt sich nicht aus dem Senatsurteil vom , wonach der Lebensversicherungsvertrag der Vorschrift des § 17 KO unterfällt (, ZIP 1993, 600, 601); denn bei diesem Vertrag handelt es sich anders als beim Kautionsversicherungsvertrag nicht um einen von den besonderen Regelungen in § 23 KO bzw. §§ 115 f InsO erfassten Geschäftsbesorgungsvertrag.
3. Die geltend gemachten Prämienansprüche für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens wären nur dann durch Vorausabtretung des Guthabens sicherbar gewesen, wenn sie (als Insolvenzforderungen) bereits vor Verfahrenseröffnung begründet worden wären. Das ist nicht der Fall.
a) Hat der Geschäftsbesorger vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Aufwendungen getätigt, für die er vom Schuldner Ersatz verlangen kann, so ist er insoweit Insolvenzgläubiger. Das Erlöschen des Vertrags schließt es aus, dass der Geschäftsbesorger durch eine Weiterführung seiner Tätigkeit für den Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch Ansprüche gegen die Masse auf Aufwendungsersatz erwirbt. Sicherbare Ansprüche könnten daher nur entstanden sein, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand - anders als hier - vor Eröffnung bereits vollständig gegeben und materiellrechtlich abgeschlossen gewesen wäre (MünchKomm-InsO/Ott, § 115 Rn. 12; Kübler/Prütting/Holzer, aaO § 38 Rn. 12; Jaeger/Henckel, InsO § 38 Rn. 82).
b) Teilweise wird allerdings angenommen, der Prämienanspruch des Kautionsversicherers werde bereits mit Herausgabe der Bürgschaft für den gesamten Zeitraum bis zu ihrer Rückgabe begründet, auch wenn er - bei vereinbarter Ratenzahlung - nicht immer sofort in voller Höhe fällig sei. Allein dieses Verständnis entspreche dem wirtschaftlichen Hintergrund, weil der Bürge auch nach Beendigung des Valutaverhältnisses dem Begünstigten gegenüber hafte und daher gezwungen sei, für diese Position Risikovorsorge zu betreiben. Spiegelbildlich bestehe für den Insolvenzschuldner der durch die Bürgschaft erzielte Krediteffekt bis zum Auslaufen der Gewährleistungsfrist fort (Proske aaO S. 1037).
c) Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht.
aa) Prämienansprüche des Kautionsversicherers für die Zeit nach Insolvenzeröffnung lassen sich nicht damit rechtfertigen, er hafte als Bürge nach Beendigung des Valutaverhältnisses dem Begünstigten gegenüber weiter und sei daher gezwungen, für diese Position Risikovorsorge zu betreiben (so aber Proske aaO).
Das Reichsgericht hatte allerdings seine Auffassung, dass erst nach Konkurseröffnung fällig werdende Prämien keine Konkursforderungen sind, mit den dort zu Grunde liegenden Regelungen eines Unfallversicherungsvertrages begründet, wonach die Verpflichtung der Versicherungsgesellschaft ausdrücklich an die Voraussetzung rechtzeitiger Prämienzahlung geknüpft und ferner bestimmt war, im Fall einer Säumnis solle die Verpflichtung der Gesellschaft aus dem Versicherungsvertrag ohne Weiteres ruhen. Mithin entstand die Verpflichtung der Gesellschaft zur Gefahrtragung während eines bestimmten Zeitraums als Äquivalent für die auf die betreffende Zeit bezogene Prämie erst mit ihrer Zahlung (RGZ 52, 49, 52 f). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung zu Versicherungsprämien für die Zeit nach Insolvenzeröffnung ist deshalb darauf abgestellt worden, ob die Gefahrtragung nicht allein vom Vertragsschluss, sondern auch von der rechtzeitigen Zahlung der Prämie abhängt; im letztgenannten Fall soll eine Konkursforderung zu verneinen sein (LG Braunschweig VersR 1960, 817; LG Koblenz VersR 1960, 817, 818).
bb) Bei der Kautionsversicherung kann für die Frage der Begründung des Prämienanspruchs vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedoch von vorneherein nicht auf den Gesichtspunkt der Gefahrtragung abgestellt werden. Anders als im Regelfall des Versicherungsvertrags ist die Kautionsversicherung für den Fall der Inanspruchnahme des Versicherers auf einen Regress gegenüber dem Versicherungsnehmer angelegt (§ 4 AVB Avalkredit-plus). Nach § 5 Nr. 1 AVB Avalkredit-plus wird die (pauschale) Prämie für die Bereitstellung des Limits, nicht für die Übernahme von Bürgschaften berechnet. Auch § 1 AVB Avalkredit-plus unterscheidet zwischen der Bereitstellung des Limits und der Übernahme von Bürgschaften innerhalb des Limits. Die Bürgschaftshaftung der Beklagten beruht im Verhältnis zur Versicherungsnehmerin ausschließlich auf der Bereitstellung des Limits vor Insolvenzeröffnung. Diese Verpflichtung ist durch das Erlöschen des Geschäftsbesorgungsvertrages entfallen. Das Risiko, nach der Insolvenz des Versicherungsnehmers keine Prämien mehr zu erhalten, kann im Übrigen durch Vereinbarung einer Einmalprämie vermieden werden (vgl. Proske aaO S. 1037 Fn. 27, 29).
d) Ein sicherbarer Prämienanspruch der Beklagten für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgt nicht aus § 41 Abs. 1 InsO. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Anwendung dieser Bestimmung nicht schon das Erlöschen des Geschäftsbesorgungsvertrages gemäß §§ 115 f InsO entgegensteht oder ob die Fälligkeit der Prämien (vgl. § 35 VVG) gemäß § 6 Nr. 1 AVB Avalkredit-plus von der Rechnungserteilung als einem zeitlich ungewissen Ereignis abhängt und es sich deshalb überhaupt um eine befristete Forderung handelt.
§ 41 InsO erfasst jedenfalls nur betagte Forderungen und ist auf befristete nicht analog anzuwenden (BFHE 134, 57, 58 f; 150, 211, 215; 184, 208, 210 f; BFH BFH/NV 1995, 448; PrOVG JW 1933, 2855 zu § 65 KO; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 65 Rn. 7; Jaeger/Henckel, InsO § 41 Rn.5; Nerlich/Römermann/Andres, aaO § 41 Rn. 5; a. A. MünchKomm-InsO/Lwowski/Bitter, § 41 Rn. 9 ff; Breutigam in Breutigam/Blersch/Goetsch, aaO § 41 Rn. 6; Uhlenbruck, aaO § 41 Rn. 4; Kübler/Prütting/Holzer, aaO § 41 Rn. 6). Für eine Analogie fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Wie aus den Gesetzesmaterialien hervorgeht, ist in § 41 Abs. 1 InsO die Regelung des § 65 Abs. 1 KO übernommen und ohne inhaltliche Änderung das Merkmal "betagt" durch "nicht fällig" ersetzt worden (BT-Drucks. 12/2443 S. 124 zu § 48 InsO-E). Außerdem würde eine Gleichstellung mit den betagten Forderungen zu einer Vorverlegung des Entstehungszeitpunkts der befristeten Forderung führen, die mit dem Regelungszweck von § 41 InsO nicht zu vereinbaren wäre (BFHE 150, 211, 215). Diese Bestimmung will nur dem Mangel der Fälligkeit einer Insolvenzforderung abhelfen, nicht aber dem Mangel ihrer Entstehung (zu § 65 KO BFHE 134, 57, 59; Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 65 Anm. 1; Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 4. Bd., Motive II S. 275 f zu § 58 KO-E).
4. Da der Kautionsversicherungsvertrag mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt, kann ihm nicht, wie das Berufungsgericht meint, in ergänzender Auslegung der AVB Avalkredit-plus ein Anspruch auf Zahlung von Prämien für die Zeit danach entnommen werden. Im Übrigen wäre eine Vereinbarung, durch die im Voraus die Anwendung der §§ 115 f InsO beschränkt wird, gemäß § 119 InsO unwirksam. Die Beendigung des Geschäftsbesorgungsvertrags mit Verfahrenseröffnung ist zwingend. Vereinbarungen, wonach Verträge über diesen Zeitpunkt hinaus fortbestehen sollen, sind deshalb unwirksam (RGZ 145, 253, 256; FK-InsO/Wegener, aaO § 116 Rn. 69).
5. Das Erlöschen des Vertrags löst keinen Schadensersatzanspruch aus, weil es nicht auf einer Leistungsstörung bzw. Pflichtverletzung im Sinne des Bürgerlichen Rechts beruht und eine mit § 103 Abs. 2 Satz 1, § 113 Satz 3 InsO vergleichbare Regelung im Rahmen von §§ 115 f InsO nicht aufgenommen wurde (RGZ 63, 69, 74; 82, 400, 407 zu § 23 Abs. 2 KO; FK-InsO/Wegener, aaO § 116 Rn. 28a; Braun/Kroth, aaO § 115 Rn. 6). Das Gesetz ordnet das Erlöschen aller gegenseitigen Ansprüche mit Eröffnung auch zu Lasten der Masse an, die nicht einmal mehr Erfüllung verlangen kann (Kübler/Prütting/Tintelnot, aaO §§ 115, 116 Rn. 11). Im Übrigen wäre ein solcher Schadensersatzanspruch eine erst mit Verfahrenseröffnung entstandene Insolvenzforderung, die nicht insolvenzfest gesichert werden könnte.
6. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei gemäß § 116 Satz 1, § 115 Abs. 2 Satz 3 InsO Massegläubigerin, trifft nicht zu. Nach diesen Bestimmungen ist der Geschäftsbesorger mit seinen Vergütungs- und Ersatzansprüchen aus einer Fortsetzung der Geschäftsbesorgung über das Erlöschen des Vertrags hinaus Massegläubiger. § 115 Abs. 2 InsO erfasst die Vornahme eilbedürftiger Geschäfte nach Eröffnung des Verfahrens (MünchKomm-InsO/Ott, aaO § 115 Rn. 16). Eine den Geschäftsbesorger gemäß § 116 Satz 1, § 115 Abs. 2 Satz 1 InsO zur Fortsetzung seiner Tätigkeit verpflichtende Gefahr liegt vor, wenn der Masse mit einem Aufschub objektiv Nachteile drohen (Braun/Kroth, aaO § 115 Rn. 7). Die Aufrechterhaltung bereits erteilter Bürgschaften stellt in diesem Sinne keine Fortsetzung der Geschäftsbesorgung dar, sondern folgt aus der bürgschaftsvertraglichen Verpflichtung der Beklagten gegenüber den Vertragspartnern der Schuldnerin, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerade nicht beendet worden ist. Eine Erteilung neuer Bürgschaften innerhalb des vereinbarten Limits kam nach Eröffnung nicht mehr in Betracht. Die Beklagte behauptet denn auch nicht, zur Erteilung neuer Bürgschaften bereit gewesen zu sein.
III.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, hat der Senat selbst eine Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2006 S. 2101 Nr. 39
NJW-RR 2007 S. 50 Nr. 1
WM 2006 S. 1814 Nr. 38
ZIP 2006 S. 1781 Nr. 38
FAAAC-15956
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja