BGH Beschluss v. - II ZB 5/22

Leitsatz

1.    Der Rückgriff auf den Börsenkurs einer Gesellschaft ist grundsätzlich eine geeignete Methode zur Schätzung des Unternehmenswerts und des Werts der Beteiligung eines außenstehenden Aktionärs im Rahmen des § 305 AktG (Bestätigung , BGHZ 236, 180 Rn. 18).

2.    Der Börsenwert einer Gesellschaft ist grundsätzlich geeignet, sowohl deren bisherige Ertragslage als auch deren künftige Ertragsaussichten im Einzelfall hinreichend abzubilden und kann daher Grundlage für den gemäß § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG zu bestimmenden angemessenen festen Ausgleich sein (Bestätigung , BGHZ 236, 180 Rn. 44).

Gesetze: § 304 Abs 2 S 1 AktG, § 305 Abs 1 AktG, § 305 Abs 3 S 2 AktG

Instanzenzug: Az: 31 Wx 190/20vorgehend LG München I Az: 5 HKO 6321/14

Gründe

I.

1Die Antragsteller waren Aktionäre der K.                                         AG (im Folgenden: K.    ). Unternehmensgegenstand der K.     war die Betätigung auf allen Gebieten des Fernsehens, der Telekommunikation und Multimedia und damit in Zusammenhang stehende Serviceleistungen. Das Grundkapital der Gesellschaft betrug 88.522.939 € und ist eingeteilt in ebenso viele Stückaktien.Die Aktien wurden am regulierten Markt der Frankfurter Börse gehandelt.

2Antragsgegnerin ist die zur Unternehmensgruppe der V.             Group Plc. gehörende V.                                            AG (jetzt V.                  GmbH; im Folgenden: V.            ).

3Am kamen erstmals Gerüchte zu einer möglichen Übernahme der K.     durch V.             auf. Die K.     veröffentlichte am eine Ad-hoc Mitteilung, wonach V.             die K.     möglicherweise übernehmen wolle, allerdings keine Gewissheit bestehe, ob und zu welchen Bedingungen ein Angebot abgegeben werde. Wenige Tage später folgte eine weitere Ad-hoc Mitteilung der K.     mit der L.                     SA als möglicher Erwerberin.

4Am veröffentlichte die K.     eine weitere Ad-hoc Mitteilung, wonach V.             nach wie vor die Absicht habe, die K.     zu übernehmen und ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot in Höhe von 84,50 € erfolgen werde. Das entsprechende Übernahmeangebot wurde am veröffentlicht. In dem Angebot und einer darauf bezogenen gemeinsamen Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat der K.     vom wurde die angebotene Gegenleistung als angemessen eingestuft. Als mögliche Strukturmaßnahme wurde der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags bzw. ein Squeeze-out bei Erreichen der entsprechenden Mindestannahmeschwelle genannt.

5Am veröffentlichte V.             eine Ad-hoc Mitteilung, wonach die Angebotsschwelle von mindestens 75 % erreicht und nunmehr beabsichtigt sei, mit der K.     einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abzuschließen. Die Kartellfreigabe durch die Europäische Kommission erfolgte am .

6In dem Dreimonatszeitraum vor dem , dem , dem und dem lag der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen ermittelte gewichtete Durchschnittskurs der K.    -Aktie bei 57,22 €, 72,11 €, 82,19 € und 84,53 € je Aktie.

7Die von K.     und V.             beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelte in einer gutachterlichen Stellungnahme vom für den beabsichtigten Stichtag nach dem Ertragswertverfahren einen Wert der K.    -Aktie in Höhe von 75,76 € je Aktie und, zugunsten der Minderheitsaktionäre ausgehend von dem Übernahmeangebot in Höhe von 84,50 €, einen Ausgleich von 3,77 € je Aktie.

8Die gerichtlich bestellte Vertragsprüferin hielt in ihrem Prüfbericht vom die vorgesehene Kompensation der außenstehenden Aktionäre für angemessen.

9Am schlossen K.     und V.             einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, in dem sich die Antragsgegnerin zur Zahlung einer Barabfindung in Höhe von 84,53 € je Aktie und eines jährlichen festen Ausgleichs in Höhe von 3,77 € an die außenstehenden Aktionäre verpflichtete.

10Die Hauptversammlung der K.     stimmte dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag am zu, der Beschluss wurde am im Handelsregister eingetragen.

11Die Antragsteller leiteten neben anderen außenstehenden Aktionären zur gerichtlichen Überprüfung der Angemessenheit von Abfindung und Ausgleich ein Spruchverfahren mit den Anträgen ein, eine höhere Abfindung und einen höheren Ausgleich festzusetzen.

12Durch Beschluss des Landgerichts München I vom wurde nach §§ 142 ff. AktG ein Sonderprüfer zur Überprüfung der Handlungen von Vorstand und Aufsichtsrat der K.     nach dem im Zusammenhang mit einer künftigen Übernahme der K.     durch einen Dritten eingesetzt. Der Sonderprüfer legte unter dem einen Bericht vor. Am gab V.             ein nachträgliches öffentliches Erwerbsangebot über eine Abfindung von 103 € pro Aktie ab, dessen Annahme mit der Verpflichtung einherging, das laufende Spruchverfahren zu beenden.

13Das Landgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen, mit der die Antragsteller ihre Anträge weiterverfolgen.

II.

14Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist nach § 17 Abs. 1 SpruchG, § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber unbegründet.

151. Das Beschwerdegericht (OLG München, NZG 2022, 606) hat die Kompensation der Antragsteller als angemessen beurteilt und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

16Eine Erhöhung der auf 84,53 € festgelegten Barabfindung der außenstehenden Aktionäre sei nicht angezeigt. Für die Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung im Sinne des § 305 AktG könne auf den Börsenkurs der K.     zurückgegriffen werden, der nicht nur eine Untergrenze markiere, sondern als Ausdruck einer zutreffenden Marktbewertung durch die Marktteilnehmer auch geeignete Grundlage für die Schätzung des wahren Werts der Beteiligung sei. Dabei könne dahinstehen, ob auf einen dreimonatigen Referenzzeitraum vor dem , vor dem oder vor dem abzustellen sei, weil der Anteilswert in allen in Betracht kommenden Referenzzeiträumen unter der vertraglich vereinbarten Abfindung von 84,53 € liege.

17Der vertraglich festgelegte Ausgleich in Höhe von 3,77 € sei ebenfalls angemessen. Für die Ableitung des Ausgleichs nach § 304 AktG könne, wie für die Abfindung nach § 305 AktG, der Börsenwert der K.     verwendet werden. Die Ableitung des Ausgleichs der außenstehenden Aktionäre könne mit einem nach der Bond-Spread-Methode bestimmten Verrentungszins von 3,75 % erfolgen.

18Die verfahrensbezogenen Rügen der Antragsteller griffen nicht durch, insbesondere habe es nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurft.

192. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Prüfung stand. Das Beschwerdegericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Abfindung der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 305 Abs. 1, 3 Satz 2 AktG in Höhe von 84,53 € und der Ausgleich der außenstehenden Aktionäre nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG in Höhe von 3,77 € je Aktie angemessen sind.

20a) Die Angemessenheit der Abfindung der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 305 AktG kann anhand des Börsenwerts der Gesellschaft bestimmt werden.

21aa) Wie der Senat nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung klargestellt hat, ist der Rückgriff auf den Börsenkurs einer Gesellschaft grundsätzlich eine geeignete Methode zur Schätzung des Unternehmenswerts und des Werts der Beteiligung eines außenstehenden Aktionärs im Rahmen des § 305 AktG (, BGHZ 236, 180 Rn. 18), wovon auch zutreffend das Beschwerdegericht ausgegangen ist.

22(1) Es ist eine Rechtsfrage, ob eine vom Tatrichter gewählte Bewertungsmethode oder ein innerhalb der Bewertungsmethode gewähltes Berechnungsverfahren den gesetzlichen Bewertungszielen entspricht. Demgegenüber ist die Frage, welche der Bewertungsmethoden bzw. Berechnungsweisen im Einzelfall den Wert der Unternehmensbeteiligung zutreffend abbildet, Teil der (eingeschränkt überprüfbaren) tatsächlichen Würdigung des Sachverhalts und beurteilt sich nach der wirtschafts- oder betriebswissenschaftlichen Bewertungstheorie und Praxis (vgl. , NJW 1978, 1316, 1319; Urteil vom - IVb 42/85, NJW-RR 1986, 1066, 1068; Urteil vom - II ZR 295/04, ZIP 2006, 851 Rn. 13; Beschluss vom - XII ZB 434/12, NJW 2014, 294 Rn. 34; Beschluss vom - II ZB 23/14, BGHZ 207, 114 Rn. 12, 33; Beschluss vom - II ZB 6/20, BGHZ 227, 137 Rn. 13; Beschluss vom - II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 17).

23(2) Die Bewertung einer Unternehmensbeteiligung auf Grundlage des Börsenkurses des Unternehmens steht als Methode mit Art. 14 GG in Einklang (BVerfG, ZIP 2011, 1051 Rn. 24 f.; , BGHZ 208, 265 Rn. 23; Beschluss vom - II ZB 6/20, BGHZ 227, 137 Rn. 20; Beschluss vom - II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 19).

24Im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz muss die Abfindung der außenstehenden Aktionäre den "wahren" Wert der Unternehmensbeteiligung ersetzen (BVerfGE 100, 289, 305 f.; BVerfG, ZIP 2011, 1051 Rn. 21; ZIP 2012, 1408 Rn. 17; NZG 2012, 1035, 1036; , BGHZ 147, 108, 115; Beschluss vom - II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 19). Die Bestimmung des Werts erfolgt im Wege einer Schätzung nach § 287 Abs. 2, 1 ZPO (, BGHZ 147, 108, 116; Beschluss vom15. September 2020 - II ZB 6/20, BGHZ 227, 137 Rn. 20; Beschluss vom - II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 19), ohne dass eine bestimmte Methode der Schätzung verfassungsrechtlich vorgegeben ist. Weil jede in die Zukunft gerichtete Prognose ihrer Natur nach mit Unsicherheiten behaftet ist, ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, zur Bestimmung des "wahren" Werts der Unternehmensbeteiligung stets jede denkbare Methode der Unternehmensbewertung heranzuziehen und die Abfindung nach dem Meistbegünstigungsprinzip zu berechnen (vgl. BVerfG, ZIP 2011, 1051 Rn. 24; ZIP 2012, 1408 Rn. 18; , BGHZ 236, 180 Rn. 35).

25(3) Die marktorientierte Methode der Heranziehung des Börsenwertseiner Gesellschaft ist grundsätzlich auch einfachgesetzlich geeignete Grundlage für die Schätzung des Werts einer Beteiligung an dieser Gesellschaft. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Marktteilnehmer auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Unternehmens, um dessen Aktien es geht, zutreffend bewerten und sich die Marktbewertung im Börsenkurs der Aktien niederschlägt (, BGHZ 147, 108, 116; Beschluss vom - II ZB 23/14, BGHZ 207, 114 Rn. 33; Beschluss vom - II ZB 25/14, BGHZ 208, 265 Rn. 23; Beschluss vom - II ZB 6/20, BGHZ 227, 137 Rn. 20; Beschluss vom - II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 20).

26Voraussetzung der Bestimmung des Werts einer Unternehmensbeteiligung nach dem Börsenwert ist dabei nicht, dass der Kapitalmarkt in Bezug auf die Anteile streng allokations- und informationseffizient ist, also ein Zustand perfekten Wettbewerbs herrscht und alle prinzipiell zugänglichen öffentlichen und nichtöffentlichen Informationen korrekt in den Kursen verarbeitet sind (aA Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft des IDW [FAUB], AG 2021, 588 f.; Ruthardt/Popp, AG 2020, 240, 244). Nur wenn im konkreten Fall von der Möglichkeit einer effektiven Informationsbewertung durch die Marktteilnehmer nicht ausgegangen werden kann, so dass der Börsenkurs keine verlässliche Aussage über den Verkehrswert der Unternehmensbeteiligung erlaubt, kann der Anteilswert nicht unter Rückgriff auf den Börsenkurs ermittelt werden (, BGHZ 147, 108, 115; Beschluss vom - II ZB 25/14, BGHZ 208, 265 Rn. 23; Beschluss vom - II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 20).

27Der Rückgriff auf Börsenkurse scheidet insofern aus, wenn ein funktionierender Kapitalmarkt nicht gegeben ist. Dies kann etwa der Fall sein, wenn über einen längeren Zeitraum mit Aktien der Gesellschaft praktisch kein Handel stattgefunden hat bzw. eine Marktenge vorliegt (BVerfGE 100, 289, 309; , BGHZ 147, 108, 116). Indizien für das Vorliegen einer Marktenge können dabei geringe Handelsvolumina, ein Handel nur an wenigen Börsentagen oder ein geringer Streubesitz der Aktien sein. An hinreichender Aussagekraft mangelt es Börsenkursen unter anderem auch dann, wenn unerklärliche Kursausschläge oder Kursmanipulationen vorliegen oder wenn kapitalmarktrechtliche Veröffentlichungspflichten nicht eingehalten wurden (BVerfG, ZIP 2011, 1051 Rn. 25; , BGHZ 236, 180 Rn. 51).

28bb) Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht nach diesen Grundsätzen für die Überprüfung der angemessenen Abfindung der außenstehenden Aktionäre den Börsenkurs der K.     herangezogen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat es dabei den Unternehmenswert der K.     aus ihren Börsenkursen nicht zur bloßen Plausibilisierung des Werts der Gesellschaft, sondern zur Bestimmung des "wirklichen", "wahren" Werts abgeleitet.

29Die Angriffe der Rechtsbeschwerde gegen die Wahl der marktorientierten Bewertungsmethode durch das Beschwerdegericht greifen nicht durch, weil sie keinen Rechtsfehler aufzeigen und im Übrigen erfolglos versuchen, die tatrichterliche Wahl durch die für besser geeignet gehaltene Ertragswertmethode zu ersetzen. Diese Würdigung des Tatrichters kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat, von ihm Rechtsbegriffe verkannt oder Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt wurden und er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (vgl. , ZIP 2014, 671 Rn. 30 mwN; Beschluss vom - II ZB 24/14, ZIP 2018, 2307 Rn. 131; Beschluss vom - II ZB 31/14, ZIP 2021, 346 Rn. 161 mwN; Beschluss vom - II ZB 3/21, juris Rn. 13). Es ist deshalb nicht Aufgabe des Rechtsbeschwerdegerichts, den festgestellten Sachverhalt im Hinblick auf verschiedene Bewertungsmethoden und Berechnungsweisen und deren Eignung zur Abbildung des Werts einer konkreten Unternehmensbeteiligung neu zu würdigen.

30(1) Das Beschwerdegericht hat die uneingeschränkte Verkehrsfähigkeit der Aktien der K.     bejaht und dabei abgestellt auf eine fehlende Marktenge und eine ausreichende Markttiefe nach den Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG-Angebotsverordnung sowie als weitere Liquiditätskennzahlen gemäß der ergänzenden Stellungnahme der Vertragsprüferin vom auf den Bid-Ask-Spread, den Freefloat und das wirtschaftliche tägliche Handelsvolumen. Einen Rechtsfehler zeigt die Rechtsbeschwerde hierzu nicht auf.

31(2) Rechtsfehlerfrei konnte das Beschwerdegericht dahinstehen lassen, ob der maßgebliche dreimonatige Referenzzeitraum zur Bestimmung des Börsenwerts am , am oder am 12. Juni 2013endete, weil der für jeden Zeitraum aus dem Börsenwert errechnete Anteilswert der außenstehenden Aktionäre in keinem Fall über deren Abfindung von 84,53 € je Aktie hinausgeht.

32(a) Für die Ableitung des Börsenwerts eines Unternehmens ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzustellen auf den Durchschnittskurs innerhalb eines Referenzzeitraums von drei Monaten vor dem Stichtag der Bekanntmachung der Strukturmaßnahme (vgl. , BGHZ 187, 229 Rn. 10 - STOLLWERCK; Beschluss vom - II ZB 2/10, ZIP 2011, 1708 Rn. 8; Beschluss vom - II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 16).

33Wann ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, dem - wie vorliegend - ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot vorangeht, in diesem Sinn bekannt gemacht wird, wird nicht einheitlich beurteilt.

34Teilweise wird vertreten, dass bei der unbedingten Ankündigung der Strukturmaßnahme die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen sein müssen, diese in absehbarer Zeit umsetzen zu können (OLG Frankfurt, Beschluss vom - 5 W 15/10, juris Rn. 40; OLG München, ZIP 2015, 1166, 1168; Koch, AktG, 17. Aufl., § 305 Rn. 43; Stephan in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 305 Rn. 97; Bröel/Karami, WPg 2011, 418, 429; Hasselbach/Ebbinghaus, Der Konzern 2010, 467, 472; Wasmann, ZGR 2011, 83, 90).

35Von einer weiteren Ansicht wird angenommen, dass gerade dem freiwilligen Übernahmeangebot vor dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags durchaus schon Potential zur Kursbeeinflussung zukommen kann, so dass es zur Bestimmung des Referenzzeitraums eines flexiblen Ansatzes bedürfe und im Einzelfall eine Vorverlagerung des Referenzzeitraums angezeigt sein könne (OLG Frankfurt, AG 2016, 667, 671;MünchKommAktG/van Rossum, 6. Aufl., § 305 Rn. 104; Marsch-Barner/Schäfer, HdB Börsennotierte AG, 4. Aufl., § 13 Rn. 84; Neumann/Ogorek, DB 2010, 1869, 1871; Schilling/Witte, Der Konzern 2010, 477, 480).

36Es bedarf hier keiner Entscheidung über den als Stichtag für den Referenzzeitraum zu bestimmenden Zeitpunkt bei der Bekanntmachung einer Strukturmaßnahme, weil der durchschnittliche Börsenwert der Beteiligung der außenstehenden Aktionäre nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts in allen in Betracht kommenden Referenzzeiträumen unter der vertraglich festgelegten Abfindung von 84,53 € lag. Für einen Referenzzeitraum bis , als die Möglichkeit einer Übernahme mit der Ad-hoc-Mitteilung der K.     konkreter wurde, hat das Beschwerdegericht einen dreimonatigen Durchschnittskurs von 72,11 € festgestellt, der auch nach Hochrechnung im Hinblick auf den langen Zeitraum (vgl. , BGHZ 186, 229 Rn. 29 - STOLLWERCK) bis zur tatsächlichen Beschlussfassung über die Strukturmaßnahme unter dem festgelegten Kurs von 84,53 € liegt. Dass im Übrigen eine Hochrechnung auf den Zeitraum bis zur Beschlussfassung über den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auf der Hauptversammlung am erforderlich gewesen wäre, macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. Für einen Referenzzeitraum bis , als die Veröffentlichung der Angebotsunterlage für das freiwillige Übernahmeangebot und die konkrete Absicht zum Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags samt Übernahmepreis bekannt gegeben wurden, hat das Beschwerdegericht einen dreimonatigen Durchschnittskurs von 82,19 € festgestellt. Für einen Referenzzeitraum bis , als V.             mittels Ad-hoc-Mitteilung mitgeteilt hat, dass die Angebotsschwelle von 75 % erreicht und deshalb beabsichtigt sei, mit der K.     einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abzuschließen, belief sich der dreimonatige Durchschnittskurs nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts schließlich auf 84,53 €.

37(b) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Börsenkurse der K.     seien nicht in allen in Betracht kommenden Referenzeiträumen zur Bestimmung des wahren Werts des Unternehmens geeignet.

38(aa) Die Rechtsbeschwerde moniert erfolglos, das Beschwerdegericht habe ab dem einen stark verzerrten und nicht mehr aussagefähigen Betafaktor der K.     angenommen, ohne dabei zu erkennen, dass damit für einen nachgelagerten Referenzzeitraum eine zutreffende Marktbewertung nicht stattgefunden habe und eine Unternehmensbewertung nach den Börsenkursen nicht erfolgen könne.

39Die obergerichtliche Rechtsprechung nimmt teilweise einen Zusammenhang zwischen der Eignung des Börsenkurses eines Unternehmens für seinen originären Betafaktor und der Eignung des Börsenkurses als Grundlage für die Bestimmung des Unternehmenswerts an (z.B. OLG Frankfurt, AG 2021, 559, 564; , 31 Wx 142/19, juris Rn. 41; , juris Rn. 42). Ob ein solcher Zusammenhang besteht, kann dahinstehen. Jedenfalls bei der Überprüfung der Angemessenheit einer vertraglich festgelegten Abfindung im Spruchverfahren spricht ein, wie vorliegend, durch Übernahmespekulationen nach oben verzerrter Börsenkurs unabhängig von einer daraus folgenden Verzerrung des originären Betafaktors des Unternehmens und dessen Verwerfung im Rahmen der Ertragswertermittlung nicht gegen seine Verwendung als Schätzgrundlage zur Unternehmensbewertung (so auch Decher, AG 2023, 106 Rn. 67 f.; aA Knoll/Sekera-Terplan, GWR 2022, 341). Denn der nach oben verzerrte, die operative Ertragskraft des Unternehmens ggf. übersteigende Börsenkurs stellt den Anteilsinhaber besser. Der originäre Betafaktor kann daher mit dem Beschwerdegericht verzerrt und deshalb für die Ertragswertberechnung ggf. nicht verwertbar sein, ohne dass die Eignung der Börsenkurse als Grundlage für die Schätzung des Unternehmenswerts tangiert wird.

40(bb) Die Rechtsbeschwerde wendet sich weiter erfolglos gegen die Einschätzung des Beschwerdegerichts, dass auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Sonderprüfung der Bericht von Vorstand und Aufsichtsrat der K.     vom zu dem Übernahmeangebot vom keine entscheidungserhebliche Fehl- oder Desinformation, Kursmanipulation o.ä. darstellt, die gegen eine Eignung der Börsenkurse der K.     zur Bestimmung des wahren Werts der Unternehmensbeteiligung in einem dreimonatigen Referenzzeitraum vor dem spricht.

41Der Sonderprüfer hat Handlungen und Maßnahmen von Vorstand und Aufsichtsrat nach dem im Zusammenhang mit der Übernahme der K.     durch V.             geprüft. Dabei ist der Sonderprüfer unter anderem zu dem Ergebnis gekommen, dass die Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat vom zum Übernahmeangebot vom unzureichend und unvollständig über Planung und Wachstumsaussichten der K.     gemäß deren Planung Stand: März 2013 (Märzplanung) informiert habe, in der erhebliche Wachstumspotentiale der Gesellschaft enthalten gewesen seien. Die erforderlichen Informationen der Mittelfristplanung seien auch den Analysten, auf deren Bewertungen sich die Stellungnahme beziehe, vorenthalten worden. Mangels belastbarer Informationen zum Unternehmenswert sei die Angemessenheit der Gegenleistung in dem Übernahmeangebot deswegen nicht zu beurteilen gewesen und es liege neben der Verletzung von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG und § 93 Abs. 1 AktG ein Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 WpHG a.F. vor.

42Das Beschwerdegericht hat diesen Bericht des Sonderprüfers nach allgemeinen Regeln zutreffend als qualifizierten Parteivortrag gewürdigt (BeckOGK AktG/Mock, Stand: , § 145 Rn. 80; KK-AktG/ Rieckers/Vetter, 3. Aufl., § 145 Rn. 179; MünchHdbGesR VII/Lieder, 6. Aufl., § 26 Rn. 172).

43In der Sache hat das Beschwerdegericht ungeachtet der Einschätzung des Sonderprüfers zu der Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat vom festgestellt, dass der Markt die Ertragskraft des Unternehmens in dem dreimonatigen Referenzzeitraum vor dem zutreffend bewertet hat. Das Beschwerdegericht hat insofern auch auf die neuere Planung der K.     Stand: November 2013 (Novemberplanung) abgestellt und unter Verweis auf Bewertungsüberlegungen und Analystenberichte in der dritten ergänzenden Stellungnahme der Vertragsprüferin, der fünften ergänzenden Stellungnahme der Vertragsprüferin und den Ausführungen der Vertragsprüferin in der mündlichen Verhandlung vom die Informationseffizienz des Markts im Referenzzeitraum bejaht.

44Dagegen ist nichts zu erinnern. Gegen die Berücksichtigung der Novemberplanung der K.    , die auftragsgemäß nicht Gegenstand der Sonderprüfung war, bestehen keine Bedenken, da sich hieraus Anhaltspunkte für eine zutreffende Marktbewertung in dem vorangegangenen maßgeblichen Referenzzeitraum ableiten lassen. Das Beschwerdegericht hat sich sowohl mit der Aktualisierung der Planung als auch den Unterschieden zwischen der März- und der Novemberplanung und ihrem jeweiligen Hintergrund auseinandergesetzt. Der Einwand der Rechtsbeschwerde, aus der Unkenntnis des Markts von der Märzplanung folge dessen Informationsineffizienz, was gegen die zutreffende Marktbewertung spreche, greift insofern zu kurz.

45Der Rechtsbeschwerde kann auch nicht darin gefolgt werden, dass dem Markt in der Novemberplanung höhere Ertragschancen vorenthalten worden seien, weil die K.     für die Planung von einem Wegfall der Einspeisevergütung aus Verträgen mit öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ausgegangen ist. Das Beschwerdegericht hat unter Verweis auf die ergänzende Stellungnahme der Vertragsprüferin vom , S. 122 ff. dargelegt, dass zum Bewertungsstichtag ein ergebnisorientiertes Vorenthalten von Wachstumspotentialen angesichts des Unterliegens der K.     in sämtlichen Gerichtsverfahren in erster und zweiter Instanz nicht zu erkennen sei. Die entgegenstehende Rechtsauffassung des Bundeskartellamts vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern.

46Soweit die Rechtsbeschwerde anführt, dass der Sonderprüfer auf Grundlage seiner auf der Märzplanung der Gesellschaft beruhenden Analyse einen Wert zwischen 110,37 € und 133,10 € der Aktien der K.     ermittelt habe, verweist sie dazu lediglich auf den Instanzvortrag, ohne damit konkrete Rügen für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu verbinden.

47(3) Auch die Einwände der Rechtsbeschwerde gegen die Plausibilisierungsüberlegungen des Beschwerdegerichts zur Eignung des Börsenkurses als Schätzgrundlage für den "wirklichen" Wert der Beteiligung bleiben ohne Erfolg.

48(a) Die Rechtsbeschwerde zeigt mit ihrer Kritik an der Heranziehung von Multiplikatorberechnungen durch das Beschwerdegericht keinen Rechtsfehler auf.

49Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dass auf die bereits zur Plausibilisierung des Ertragswerts herangezogenen Multiplikatorberechnungen im Bericht der Vertragsprüferin zurückgegriffen werden könne und sich keine Anhaltspunkte ergäben, dass der ermittelte Anteilswert von 84,53 € nicht mehr plausibel sei. Es ist entgegen der Rechtsbeschwerde kein sachlicher Grund ersichtlich, Multiplikatorberechnungen allein zur Plausibilisierung einer Unternehmensbewertung nach dem Ertragswertverfahren zu verwenden. Die im Prüfbericht angestellten Berechnungen können in gleicher Weise einen aus den Börsenkursen abgeleiteten Unternehmenswert plausibilisieren. In der Sache zeigt die Rechtsbeschwerde bei den Multiplikatorberechnungen keinen Rechtsfehler auf, sondern wendet sich gegen den Ertragswert der K.     und die in dessen Berechnung einzustellenden Parameter.

50(b) Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die vom Beschwerdegericht vorgenommene Plausibilisierung des Börsenwerts durch die Berücksichtigung von Vorerwerbspreisen. Das Beschwerdegericht hat insofern zur Plausibilisierung des festgelegten Werts der Beteiligung in Höhe von 84,53 € auch den Vorerwerbspreis von 84,50 € aus dem freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebot von V.             vom herangezogen.

51Die Rechtsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, dass in Vorerwerbspreise in der Regel subjektive Wertvorstellungen und Beweggründe einfließen, so dass es für die Bewertung ohne Bedeutung ist, welcher Preis außerbörslich für Aktien der Gesellschaft gezahlt oder angeboten wurde (BVerfGE 100, 289, 306 f.; , BGHZ 187, 229 Rn. 31 - STOLLWERCK). Der Mehrheitsaktionär ist vielfach bereit, einen "Paketzuschlag" zu zahlen, weil er ein Stimmenquorum erreichen möchte (BVerfGE 100, 289, 306). Der fehlenden Bedeutung für die Bewertung steht jedoch nicht entgegen, vorhandene Vorerwerbspreise im Einzelfall, wie es das Beschwerdegericht getan hat, im Rahmen von Plausibilitäts- und Kontrollerwägungen zu berücksichtigen (so auch OLG Düsseldorf, WM 2023, 1070, 1076 f.; OLG Frankfurt, Beschluss vom - 21 W 38/15, juris Rn. 32; MünchKommAktG/van Rossum, 6. Aufl., § 305 Rn. 91; IDW S1 i.d.F. 2008 Rn. 13). In der Sache tritt die Rechtsbeschwerde der Plausibilisierung nicht entgegen, sondern rügt auch in diesem Zusammenhang (unbehelflich) einzelne Bewertungsparameter der Ertragswertbestimmung. Dass bei der Annahme des Börsenpreises als Marktpreis die Rechtsprechung zur Irrelevanz von Vorerwerben durch den Hauptaktionär aufgegeben werden müsste, wie die Rechtsbeschwerde meint, ist nicht erkennbar.

52(c) Anhaltspunkte für einen höheren "wahren" Wert der Beteiligung folgen entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht aus dem nachträglichen öffentlichen Erwerbsangebot von V.             über eine Abfindung von 103 € pro Aktie. Das Erwerbsangebot stand unter der Bedingung, das laufende Spruchverfahren zu beenden. Mit einem solchen Angebot kann den das Angebot annehmenden Aktionären zulässigerweise auch ein Sondervorteil versprochen worden sein, auf den die anderen Aktionäre keinen Anspruch erheben können (, BGHZ 187, 229 Rn. 32 - STOLLWERCK). Aus dem nachträglichen öffentlichen Erwerbsangebot kann ohne weitere Anhaltspunkte aber keine Annäherung an den Wert der Beteiligung abgeleitet werden. Solche Anhaltspunkte hat das Beschwerdegericht, von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen, nicht festzustellen vermocht.

53(d) Die Rechtsbeschwerde wendet sich schließlich erfolglos gegen die vom Beschwerdegericht vorgenommene Plausibilisierung des Börsenwerts der K.     anhand des Ertragswerts.

54Die Plausibilisierung des Börsenwerts durch einen nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswert begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Insbesondere gibt es kein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen dem Ertragswertverfahren und der Heranziehung von Börsenkursen zur Bestimmung des Werts einer Beteiligung, sondern jede Methode kann im Einzelfall sowohl zur Bestimmung des wahren Wertes als auch als Plausibilisierungs- und Kontrollüberlegung geeignet sein.

55Das Beschwerdegericht hat herausgestellt, dass es zur Plausibilisierung des durch die Heranziehung des Börsenwerts festgelegten Beteiligungswerts einer abschließenden Entscheidung über einzelne Parameter des Ertragswertverfahrens nicht bedürfe und sich bei Maßgeblichkeit der Novemberplanung der K.    , einer Marktrisikoprämie von 5 % und einem Betafaktor in Anlehnung an die ergänzende Stellungnahme der Vertragsprüferin vom , S. 9 nach den in erster Instanz vorgenommenen Alternativberechnungen der Vertragsprüferin vom 22./ kein Wert über 84,53 € ergäbe. Einzig bei Einstellung eines von der Vertragsprüferin in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom , S. 9 bezifferten Betafaktors von 0,51 und einer Regression gegen den CDAX bis zum ergäbe sich ein höherer Ertragswert, der aber in einer Gesamtschau einer Plausibilisierung des festgesetzten Werts nicht entgegenstehe, da sich der Börsenwert innerhalb einer plausiblen Bandbreite bewege.

56Soweit die Rechtsbeschwerde eine Verwendung des CDAX statt eines internationalen Index fordert, setzt sie sich mit dieser auch die Verwendung des CDAX einschließenden Gesamtschau verschiedener Bewertungsparameter durch das Beschwerdegericht nicht auseinander und legt keinen Rechts- oder Verfahrensfehler dar.

57Der weitere Einwand der Rechtsbeschwerde, dass mit anderer Vorgehensweise zur "Day-of-the-week-Problematik" des Betafaktors ein (noch) niedrigerer Betafaktor die Abfindung erhöhe, übergeht die Auseinandersetzung des Beschwerdegerichts mit verschiedenen Berechnungsweisen. Das Beschwerdegericht hat auf verschiedene fachlich anerkannte Lösungsansätze zur Berücksichtigung von Tages- und Wochendurchschnitten bei der Berechnung des Betafaktors hingewiesen. Dabei hat es die Bestimmung anhand von Mittelwerten über einzelne Wochentage mit deren fachlicher Eignung begründet und auf die achte ergänzende Stellungnahme der Vertragsprüferin vom , die sich im Hinblick auf die Wochentagsschwankungen für eine Durchschnittsbildung ausgesprochen hat, verwiesen. Die Rechtsbeschwerde zeigt mit ihren dagegen gerichteten Ausführungen keinen Rechtsfehler auf, sondern verweist lediglich auf eine andere mögliche Berechnungsweise auf Grundlage eines10-Tages-Durchschnitts.

58(4) Das Beschwerdegericht musste sich bei der Überprüfung der Abfindung der außenstehenden Aktionäre nicht sachverständig beraten lassen.

59Es stand gemäß § 287 Abs. 2, 1 Satz 2 ZPO im Ermessen des Beschwerdegerichts, ob es die Einholung eines Sachverständigengutachtens anordnet. Auch wenn im Spruchverfahren die sachverständige Unterstützung bei der Unternehmensbewertung der Regelfall sein mag (vgl. Hüttemann in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl., Rn. 13.15; Paulsen, WPg 2007, 823), kann ein Gericht auch ohne sachverständige Hilfe entscheiden, ob eine anerkannte Bewertungsmethode zur Ermittlung des Unternehmenswerts geeignet ist und seine eigene besondere Sachkunde in den Gründen entsprechend darlegen (, BGHZ 236, 180 Rn. 22 f.).

60Das Beschwerdegericht hat in diesem Sinne seine Sachkunde durch die Ausführungen in den Gründen dargelegt und insbesondere darauf hingewiesen, dass bestimmte Details des Ertragswertverfahrens im Hinblick auf die von ihm vorgenommene Bestimmung des Unternehmenswerts nach dem Börsenkurs nicht klärungsbedürftig waren, der Ertragswert zu Plausibilisierungszwecken herangezogen wurde, weshalb er keiner weiteren sachverständigen Begutachtung bedurfte, und für externen Sachverstand bei der Anknüpfung an den Börsenwert abschließend auf die sachverständige Vertragsprüferin zurückgegriffen werden konnte.

61Die hiergegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde bleiben ohne Erfolg, weil sie keinen Rechtsfehler aufzeigt und, rechtsbeschwerderechtlich unbeachtlich, allein das Ergebnis der Ermessensausübung des Beschwerdegerichts nicht teilt.

62Entgegen der Rechtsbeschwerde bedurfte es keiner sachverständigen Begutachtung des Betafaktors der K.    . Das Beschwerdegericht hat den Betafaktor zum einen im Rahmen der Hochrechnung des Unternehmenswerts auf Grundlage des dreimonatigen Referenzzeitraums vor dem angewandt [s.o. II. 2. a) bb) (2) (a)] und ausgeführt, dass auch bei Annahme eines verzerrten Betafaktors vor dem , nämlich ab Februar 2013, als erstmals Übernahmegerüchte aufkamen, unabhängig von einer Verwendung des CDAX oder des MSCI World, die Hochrechnung mit Hilfe des Betafaktors nicht zu einer höheren Abfindung der außenstehenden Aktionäre führen würde. Zum anderen hat das Beschwerdegericht den Betafaktor im Rahmen der Plausibilisierung des anhand des Börsenkurses ermittelten Unternehmenswerts durch den Ertragswert angewandt [s.o. II. 2. a) bb) (3) (d)]. In beiden Fällen ist durch die Rechtsbeschwerde nicht dargelegt und im Übrigen auch nicht ersichtlich, welche Sachkunde dem Beschwerdegericht gefehlt haben soll und inwiefern eine sachverständige Neubestimmung des Betafaktors (angesichts der Anknüpfung an den Börsenwert) hätte entscheidungserheblich werden können.

63Die Rechtsbeschwerde wendet sich weiter ohne Erfolg gegen die durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (, BGHZ 207, 114 Rn. 42) gestützte Überlegung des Beschwerdegerichts, dass Schätzgrundlagen zwar methodensauber, aber auch in einem prozessökonomisch vertretbaren Rahmen geschaffen werden müssen. Weder kann daraus abgeleitet werden, dass das Beschwerdegericht eine bloße Plausibilisierung des Unternehmenswerts vorgenommen hat, noch ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass das Beschwerdegericht seine Arbeitslast unter dem alleinigen Gesichtspunkt der Prozessökonomie steuern und das Verfahren durch Verzicht auf eine sachverständige Begutachtung vereinfachen wollte bzw. von der Einholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund bloßer Spekulationen über ein mögliches Beweisergebnis abgesehen hat.

64Erfolglos bleibt auch die Rüge der Rechtsbeschwerde, die Bezugnahme des Beschwerdegerichts auf die Vertragsprüferin, der zudem auch der Sachverstand gefehlt habe, verstoße gegen § 30 Abs. 3 FamFG und Art. 103 GG. Der Rückgriff des Beschwerdegerichts auf den in § 293b Abs. 1 AktG i.V.m. § 319 HGB vorgegebenen Sachverstand der Prüferin begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. In der Sache kritisiert die Rechtsbeschwerde mit umfangreicher Bezugnahme auf Instanzvortrag umfassend die Ansätze der Vertragsprüferin zu Einzelheiten des Ertragswertverfahrens, auf die es für das Beschwerdegericht angesichts seiner Anknüpfung an den Börsenwert aber nicht entscheidungserheblich ankam. Das Beschwerdegericht hat auf den Sachverstand der Vertragsprüferin lediglich hinsichtlich der Liquidität des Aktienhandels [s.o. II. 2. a) bb) (1)], der Berechnung der Börsenwerte in den Alternativzeiträumen [s.o. II. 2. a) bb) (2) (a)] und der Hochrechnung der Börsenwerte [s.o. II. 2. a) bb) (2) (a)] zurückgegriffen. Diesbezüglich zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf, dass es der Vertragsprüferin an Sachverstand fehlt.

65Soweit die Rechtsbeschwerde schließlich geltend macht, das Beschwerdegericht habe jedenfalls angesichts der Abweichungen von den Ergebnissen der (sachverständigen) Sonderprüfung ein Sachverständigengutachten einholen müssen, übergeht sie, dass das Beschwerdegericht die Ergebnisse der Sonderprüfung nicht in Frage stellt, sondern bei seiner anschließenden Abwägung unter Würdigung der Ergebnisse der Sonderprüfung zu einem anderen Ergebnis kommt [s.o. II. 2. a) bb) (2) (b) (bb)].

66b) Der angemessene Ausgleich der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG kann aus dem Börsenwert der Gesellschaft abgeleitet werden.

67Ob die Ableitung des Ausgleichs aus dem Börsenwert einer Gesellschaft im Einzelfall den Wert der Unternehmensbeteiligung zutreffend abbildet, ist Teil der (nur eingeschränkt überprüfbaren) tatsächlichen Würdigung des Sachverhalts durch den Tatrichter (, BGHZ 236, 180 Rn. 17).

68aa) Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass der Börsenwert einer Gesellschaft grundsätzlich geeignet ist, sowohl deren bisherige Ertragslage als auch deren künftige Ertragsaussichten im Einzelfall hinreichend abzubilden und daher Grundlage für den gemäß § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG zu bestimmenden angemessenen festen Ausgleich sein kann (, BGHZ 236, 180 Rn. 44). Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Marktteilnehmer auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Unternehmens, um dessen Aktien es geht, zutreffend bewerten und sich die Marktbewertung im Börsenkurs der Aktien niederschlägt (, BGHZ 208, 265 Rn. 23; Beschluss vom - II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 45).

69bb) Das Beschwerdegericht hat für die Ableitung des festen Ausgleichs nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG ohne Rechtsfehler den Börsenwert der K.     als Unternehmenswert gewählt und eine Ableitung mithilfe eines Verrentungszinssatzes von 3,75 % vorgenommen.

70(1) Gegen die Eignung des Börsenkurses der K.     als Ausdruck ihrer Ertragskraft, für die das Beschwerdegericht auf die Ausführungen im Rahmen der Überprüfung der Abfindung verweist, bringt die Rechtsbeschwerde nichts Neues vor, sondern rügt erneut lediglich eine nicht effektive Informationsbewertung, eine bloße Plausibilisierung des Unternehmenswerts [s.o. II. 2. a) aa) (3)] und gezielte Manipulationen im Bewertungszeitraum [s.o. II. 2. a) bb) (2) (b) (bb)]. Es gilt insofern das oben Ausgeführte; weitergehende relevante Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich.

71(2) Das Beschwerdegericht hat ohne Rechtsfehler den festen Ausgleich der außenstehenden Aktionäre mit einem Verrentungszinssatz von 3,75 % abgeleitet.

72(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs existiert für die Ermittlung des anzuwendenden Zinssatzes keine bestimmte Regel, die zu einem einzigen richtigen Ergebnis führt. Stattdessen muss die Regel, nach der der Zinssatz ermittelt wird, den Bewertungszielen entsprechen, die in der Wirtschaftswissenschaft anerkannt und praktisch gebräuchlich sind. Dabei muss der anzuwendende Verrentungszins zur Ableitung des angemessenen festen Ausgleichs nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG im Wesentlichen zwei Risiken der in der beherrschten Gesellschaft verbleibenden außenstehenden Aktionäre abbilden. Zum einen das Insolvenzrisiko der herrschenden Gesellschaft während der Laufzeit des Vertrags und zum anderen das Risiko der Auszehrung der beherrschten Gesellschaft durch nachteilige Maßnahmen des herrschenden Unternehmens bis zur Kündigung des Beherrschungsvertrags. Die Wahl der im Einzelfall geeigneten Methode zur Bestimmung eines angemessenen Verrentungszinses zur Ableitung des angemessenen festen Ausgleichs ist eine dem Tatrichter obliegende Tatsachenfeststellung (, BGHZ 236, 180 Rn. 57 mwN).

73Das Beschwerdegericht hat das Risiko der Auszehrung der beherrschten Gesellschaft aufgrund der konkreten vertraglichen Gestaltung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags als nicht existent festgestellt und das verbleibende Ausfallrisiko während der Vertragszeit nach der Bond-Spread-Methode ermittelt. Im Hinblick auf eine von der V.             Group Plc. abgegebene Patronatserklärung, die durch die vertragliche Zusicherung des festen Ausgleichs über die gesamte Laufzeit des Unternehmensvertrags das Ausfallrisiko der Antragsgegnerin absichert, hat das Beschwerdegericht den Spread unter Bezugnahme auf die erste ergänzende Stellungnahme der Vertragsprüferin aus der Anleihe der Konzernobergesellschaft und dem risikolosen Basiszins bestimmt.

74(b) Die hiergegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde bleiben ohne Erfolg.

75Es ist mit dem Beschwerdegericht kein sachlicher Grund für eine zwingende Anknüpfung des Verrentungszinses an den im Rahmen des Ertragswertverfahrens anzusetzenden Kapitalisierungszins ersichtlich. Mit der Anerkennung der marktorientierten Methode in Form der Heranziehung des Börsenwerts zur Bestimmung der künftigen Ertragsaussichten der Gesellschaft ist eine notwendige Anknüpfung an einzelne Berechnungsparameter des Ertragswertverfahrens nicht vereinbar. Eine Verrentung kann daher zwar unter Einbeziehung des im Ertragswertverfahren gebräuchlichen Kapitalisierungszinses erfolgen, muss es aber nicht (vgl. , BGHZ 236, 180 Rn. 58).

76Ebenso erfolglos bleibt die Rüge der Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht die konkrete vertragliche Gestaltung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags bei der Bestimmung des Verrentungszinses berücksichtigt hat. Die außenstehenden Aktionäre erhalten mit der Möglichkeit der nachträglichen Abfindung bei Kündigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags eine wirtschaftliche Kompensation für eine etwaige Auszehrung der beherrschten Gesellschaft und tragen damit ein vermindertes Risiko, das der Verrentungszins abbilden kann. Dass die außenstehenden Aktionäre durch den Ausgleich so gestellt werden sollen, wie sie ohne den Unternehmensvertrag stünden (, BGHZ 138, 136, 140; Beschluss vom - II ZB 17/01, BGHZ 156, 57, 60 f.) schließt es nicht aus, für die Bestimmung des Risikos auch vertragliche Regelungen zu berücksichtigen. Ein fehlerhafter Ansatz von Verbundeffekten ist nicht ersichtlich.

77Auch die weiteren Einwände der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg. Es ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht angezeigt, neben der vertraglichen Regelung bei Kündigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages auch das Risiko der außenstehenden Aktionäre im Hinblick auf einen möglichen späteren Squeeze-out abzusichern, weil in diesem Fall bezogen auf den Tag des Hauptversammlungsbeschlusses eine erneute Angemessenheitsprüfung der Barabfindung stattfindet, § 327b Abs. 1 AktG. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die vertraglich festgelegte zweimonatige Annahmefrist für das Abfindungsangebot im Fall der Kündigung das Risiko der außenstehenden Aktionäre verändert, mag sie auch hinter einer unbefristeten Annahme eines Abfindungsangebots zurückbleiben. Die Forderung eines diskontierten Ausgleichs oder einer Verzinsung der ursprünglichen Abfindung als Kompensation für den Wegfall des Ausgleichs übergeht im Ansatz, dass die vertragliche Regelung nicht eine Kompensation für den Wegfall des Ausgleichs ist, sondern im Fall der Kündigung des Unternehmensvertrags eine wirtschaftliche Kompensation für eine etwaige Auszehrung der beherrschten Gesellschaft bieten soll. Die den Ausgleich wählenden Minderheitsaktionäre übernehmen immer das Risiko der Kündigung des Unternehmensvertrags, weil nicht auszuschließen ist, dass sich die Verhältnisse in der Zukunft wieder ändern und der Aktionär aufgrund einer Beendigung des Vertrags wieder an den tatsächlichen Erträgen der Gesellschaft beteiligt wird (, BGHZ 208, 265 Rn. 27).

78Schließlich ist der Rechtsbeschwerde nicht darin zu folgen, dass die Bond-Spread-Methode ohne gutachterliche Absicherung des Hauptaktionärsrisikos generell nicht als geeignet anzusehen sei. Eine entsprechende fachwissenschaftliche Einschränkung ist nicht erkennbar (z.B. Popp/Ruthard in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl., Rn. 12.208 f.; Ruthardt/Popp, AG 2022, 347, 355; kritisch gegenüber dem Bonitätsansatz: , AG 2022, 362, 365; kritisch nur im Hinblick auf die konkreten Umstände: OLG München, AG 2018, 753 LS 3, 757 f.). Das Beschwerdegericht hat im Übrigen, von der Rechtsbeschwerde nicht beanstandet, festgestellt, dass weitere Risikoaspekte im konkreten Fall nicht ersichtlich waren.

79Soweit die Rechtsbeschwerde moniert, auch im Fall des Ausgleichs hätte das Beschwerdegericht zwingend ein Sachverständigengutachten einholen müssen, verfängt dies nicht. Einer sachverständigen Beratung bedarf es auch hier nicht, solange das Beschwerdegericht über die entsprechende Sachkunde verfügt [s.o. II. 2. a) bb) (4)]. Etwaige Defizite in der Sachkunde zeigt die Rechtsbeschwerde weder auf noch sind solche im Übrigen ersichtlich.

803. Die Entscheidung des Senats ergeht ohne mündliche Verhandlung. Zwar besteht nach § 17 Abs. 1 SpruchG, § 32 Abs. 1, §§ 70, 74 Abs. 4 FamFG die Möglichkeit, mündlich zu verhandeln, ein Anlass dafür besteht aber nicht.

814. Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 SpruchG.

82Nach § 15 Abs. 1 SpruchG sind die Gerichtskosten den Antragstellern aufzuerlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht, was nur ausnahmsweise etwa bei Rechtsmissbrauch zu bejahen ist (, ZIP 2012, 266 Rn. 17). Ein Rechtsmissbrauch der Antragsteller ist schon im Hinblick auf die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht nicht ersichtlich.

83Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sind nicht nach § 15 Abs. 2 SpruchG der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil die Rechtsbeschwerde unbegründet ist und nicht zu einer Erhöhung der Kompensation führt (vgl. BeckOGK AktG/Drescher, Stand: , § 15 SpruchG Rn. 24).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:310124BIIZB5.22.0

Fundstelle(n):
LAAAJ-66189