BGH Beschluss v. - AK 35/23

Gründe

I.

1Der Beschuldigte ist am aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des ) festgenommen worden und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft.

2Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe sich seit spätestens Ende November 2021 in Ba.       und andernorts als Rädelsführer mitgliedschaftlich an einer Vereinigung beteiligt, deren Zwecke oder Tätigkeit auf die Begehung von Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) gerichtet gewesen seien, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 StGB.

3Der Beschuldigte hat Beschwerde gegen den Haftbefehl erhoben. Im Anschluss hieran ist dem Senat die Sache zur Prüfung vorgelegt worden, ob der Vollzug der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus aufrechterhalten werden darf (§§ 121, 122 StPO).

II.

4Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

51. Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl zur Last gelegten Tat dringend verdächtig.

6a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

7aa) Der Beschuldigte, die Mitbeschuldigten und die im vorliegenden Ermittlungskomplex gesondert Verfolgten gehörten der sogenannten Reichsbürger- und QAnon-Bewegung an. Sie schlossen sich spätestens Ende November 2021 zu einer auf längere Dauer angelegten Organisation zusammen, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland insbesondere durch den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten zu überwinden und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Sie lehnten die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und deren Institutionen ab. Die Organisation schottete sich rigoros ab. Ihre Mitglieder, die nach außen nahezu unscheinbar in verschiedenen Funktionen am Gesellschaftsleben teilnahmen, mussten sich ihr gegenüber bei Androhung der Todesstrafe schriftlich zur Verschwiegenheit verpflichten. Auf der Grundlage einer entsprechenden gemeinsamen Gesinnung erwarteten sie an einem unmittelbar bevorstehenden, aber noch nicht festgelegten „Tag X“ einen Angriff auf die oberste Ebene der staatlichen Führung der Bundesrepublik Deutschland durch die „Allianz“, einen Geheimbund bestehend aus Angehörigen ausländischer Regierungen, Streitkräfte und Geheimdienste.

8Zum Zwecke der Umsetzung ihrer Umsturzpläne schufen die Angehörigen der Gruppierung organisatorische, hierarchische und verwaltungsähnliche Strukturen mit einem sogenannten Rat als zentralem Gremium, den der Beschuldigte als dessen Vorsitzender führte, und einem militärischen Arm. Dieser von ihnen vereinfacht als das „Militär“ bezeichnete Teil der Organisation sollte im Zuge des Angriffs durch die „Allianz“ die noch verbleibenden Institutionen und Repräsentanten des Staates mit Waffen bekämpfen und die Macht durch ein deutschlandweites Netz von sogenannten Heimatschutzkompanien absichern. Die Mitglieder der Vereinigung waren der Überzeugung, ein zeitlich noch nicht feststehendes, tagesaktuelles Ereignis werde als Startsignal der „Allianz“ an sie zu werten sein, selbst aktiv zu werden und mit Gewalt gegen staatliche Stellen vorzugehen. Ferner plante der engste Führungszirkel der Vereinigung unter Beteiligung des Beschuldigten das gewaltsame Eindringen einer bewaffneten Gruppe in den Bundestag mit dem Ziel, Abgeordnete, Kabinettsmitglieder sowie deren Mitarbeiter zu verhaften und abzuführen; hierfür war er bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen eingetreten. Die an der Planung und Vorbereitung der Vorhaben Beteiligten rechneten jeweils mit der Tötung zahlreicher Menschen und nahmen dies billigend in Kauf. Im Einzelnen:

9(1) Der von den Mitgliedern der Gruppierung unter der Führung des Beschuldigten geschaffene, hierarchisch aufgebaute Rat beschäftigte sich in regelmäßig stattfindenden Sitzungen mit der Errichtung künftiger staatlicher Strukturen, die an die Stelle der geltenden freiheitlich-demokratischen Grundordnung treten sollten. In den Rat wurden Personen aufgenommen, die als besonders vertrauenswürdig angesehen wurden und die dafür vorgesehen waren, an ministerielle Aufgabenverteilungen angelehnte Zuständigkeiten wahrzunehmen. So verfügte der Rat - vergleichbar mit einem Kabinett einer regulären Regierung - über die von einzelnen Mitbeschuldigten besetzten Ressorts „Justiz“, „Außen“, „Gesundheit“, „Bildung“ und „Militär“. Der Beschuldigte suchte zudem auf verschiedenen Wegen Kontakt zur russischen Regierung, mit der Vorbereitungen für Friedensverhandlungen getroffen werden sollten. Die Mitglieder hatten die ideologische Überzeugung, bis zum Abschluss eines noch mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkrieges auszuhandelnden Friedensvertrages gelte das Kriegsrecht unter Anwendung der Haager Landkriegsordnung fort.

10(2) Da den Mitgliedern des Rates und allen weiteren Angehörigen der Vereinigung bewusst war, dass der angestrebte Systemwechsel nicht auf friedlichem Weg zu erreichen war, wurde neben dem Rat ein militärischer Arm geschaffen. Der Mitbeschuldigte   P.     , ein ehemaliger Kommandant eines Fallschirmjägerbataillons der Bundeswehr, führte das „Militär“. Weil er in dieser Funktion zugleich Mitglied des Rates war, bildete er das maßgebliche Bindeglied zwischen beiden Ebenen. Weitere Mitglieder des militärischen Arms waren unter anderem die Mitbeschuldigten Oberst a.D. E.  , der an der Gründung des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) beteiligt gewesen war, und W.   , ein ehemaliger Kommandosoldat des KSK.

11Zum Zwecke des Aufbaus von Militärverwaltungsstrukturen setzte der Mitbeschuldigte   P.     den „M Stab“ ein, der unter seiner Leitung alle Aktivitäten des „Militärs“ koordinierte. Dieser Führungsstab war damit befasst, neue Mitglieder insbesondere aus den Reihen des KSK und der Polizei zu rekrutieren, zudem damit, Waffen, Munition und Ausrüstungsgegenstände zu beschaffen, wobei mehrere Mitbeschuldigte bereits über eigene Waffen verfügten. Ferner plante der Stab die zukünftige Unterbringung und Verpflegung der „neuen deutschen Armee“. Hierfür besuchten einige Mitbeschuldigte und gesondert Verfolgte unter Vorlage des Truppenausweises eines von ihnen Kasernen im Bundesgebiet. Auch organisierten Mitglieder des „Militärs“ zur Vorbereitung des geplanten Umsturzes Schießübungen und führten diese durch. Daneben arbeitete der militärische Zweig an der Schaffung einer eigenen, abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur. Zu diesem Zweck wurde er in erheblichem Umfang von Mitgliedern des Rates finanziell unterstützt. Der Beschuldigte stellte unter anderem Mittel für den Erwerb von 14 Satellitentelefonen für die Vereinigung zur Verfügung, wobei einige Mitglieder ihm später den Kaufpreis erstatteten.

12Parallel dazu begann der militärische Arm der Organisation, ein bundesweites System unter den „M Stab“ eingegliederter regionaler Heimatschutzkompanien aufzubauen. Dabei handelte es sich nach der Vorstellung der Beteiligten um militärisch organisierte, bewaffnete und kasernierte Verbände. Zu deren Aufgaben gehörte insbesondere die - als „Säuberungen“ oder „Aufräumarbeiten“ bezeichnete - unter Einsatz von Kriegs- und Schusswaffen ausgeführte Beseitigung der nach dem Angriff der „Allianz“ verbleibenden Institutionen und Repräsentanten des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats. Nach der „Befreiung“ sollten die Heimatschutzkompanien zur Absicherung der Macht der Organisation als Armee und Polizei fungieren. Beabsichtigt war, dass sie Kasernen, Waffen und sonstige Ausrüstung der Bundeswehr übernehmen, die ihrerseits aufgelöst werden sollte. Bis zum gelang es der Vereinigung, einen Grundstock für eine Vielzahl von Heimatschutzkompanien zu legen; zwei solcher Untergruppen existierten bereits.

13(3) Der engste Führungszirkel der Organisation plante zudem das gewaltsame Eindringen in das Reichstagsgebäude mit dem Ziel, Regierungsmitglieder und Abgeordnete festzunehmen sowie in Handschellen abzuführen. Alle in dieses Unternehmen Involvierten wussten, dass es nur durch Anwendung von auch tödlicher Waffengewalt gegen die Polizei und Sicherheitskräfte des Deutschen Bundestages durchgeführt werden konnte.

14Die ursprünglich von den Mitbeschuldigten E.   und W.    entwickelten Planungen sahen die bewaffnete Erstürmung des Reichstagsgebäudes durch eine Gruppe von bis zu 16 Personen vor, vornehmlich aus den Reihen aktiver oder ehemaliger Angehöriger des KSK oder anderer Spezialeinheiten der Bundeswehr und Polizei. Hierfür traten sie bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen ein. So nahmen sie Kontakt zu einigen Angehörigen des KSK auf. Der Mitbeschuldigte W.    verschaffte sich mehrere hundert Schuss Munition, sechs Gewehrmagazine, Nachtsichtgeräte, Fesselungsmaterial, weitere Militärausrüstung und einen Totschläger. Ferner begab er sich nach Berlin und fertigte - im Beisein der der Gruppierung angehörenden, für das Justizressort vorgesehenen Mitbeschuldigten und früheren Bundestagsabgeordneten M.              - unter anderem mehrere Videos vom Paul-Löbe-Haus und dessen unterirdischen Zugängen zu anderen Gebäuden des Regierungsviertels einschließlich des Reichstagsgebäudes sowie vom Inneren des Plenarsaals des Deutschen Bundestages. Ferner erstellte er eine Liste mit Namen zahlreicher Mitglieder der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung sowie von weiteren Politikern, Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens.

15Die Mitbeschuldigten E.   und W.    informierten im Oktober und November 2021 den Beschuldigten sowie zwei Mitbeschuldigte, darunter   P.     , über ihre Pläne zur bewaffneten Erstürmung des Reichstagsgebäudes. Die drei derart Eingeweihten machten sich das Vorhaben nicht nur zu eigen, sondern förderten es auch. So übergab der Beschuldigte dem Mitbeschuldigten E.   einen Betrag in Höhe von 50.000 €. Die Mitbeschuldigte M.              übersandte Übersichten über Sitzungswochen des Deutschen Bundestages für das Jahr 2022 und eine vorläufige Tagesordnung für eine Plenarwoche im September 2022 an andere Mitbeschuldigte.

16(4) Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom und dessen Zuschrift vom Bezug genommen.

17bb) Der vorstehend geschilderte Sachverhalt unterliegt uneingeschränkt der Prüfung durch den Senat. Der vollzogene Haftbefehl des Ermittlungsrichters des der allein Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens nach §§ 121, 122 StPO und zu dessen Anpassung oder Erweiterung nur das gemäß § 126 Abs. 1 oder 2 StPO zuständige Gericht befugt ist (s. BGH, Beschlüsse vom - AK 14/22, juris Rn. 3; vom - AK 17/20, juris Rn. 4), verhält sich zwar nicht zu dem Vorwurf, einige Mitglieder der Vereinigung hätten das gewaltsame Eindringen einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude geplant. Jedoch umfasst die haftbefehlsgegenständliche Tat im verfahrensrechtlichen Sinne auch dieses Geschehen. Denn prozessuale Tatidentität kann ohne Weiteres angenommen werden, wenn mehrere Taten zueinander materiellrechtlich im Verhältnis der Tateinheit nach § 52 Abs. 1 StGB stehen (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 319/83, NStZ 1984, 135; vom - 3 StR 54/10, juris Rn. 8; vom - 2 StR 358/20, juris Rn. 9). So verhält es sich im vorliegenden Fall (vgl. die Ausführungen zur konkurrenzrechtlichen Bewertung unten 1. c) cc)). Soweit eine einheitliche prozessuale Tat gegeben ist, unterfällt sie jedenfalls regelmäßig - wie auch hier - der Kognition im Haftprüfungsverfahren (vgl. BGH, Beschlüsse vom - AK 54/17, NStZ-RR 2018, 42, 43 f.; vom - AK 63/17, NStZ-RR 2018, 53, 54; offengelassen von BGH, Beschlüsse vom - AK 14/22, juris Rn. 4; vom - AK 45/22 u.a., juris Rn. 4).

18b) Der dringende Tatverdacht gründet sich im Wesentlichen auf Erkenntnisse des Bundeskriminalamts, der Landeskriminalämter Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen, der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sowie des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst, die maßgeblich auf G 10-Maßnahmen - insbesondere Telefonüberwachung und Observation nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, Abs. 2 G 10 i.V.m. § 129a Abs. 1 StGB - zurückzuführen sind. Die Ergebnisse dieser Maßnahmen sind für die Zwecke der Strafverfolgung freigegeben und gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 G 10, § 161 Abs. 3 Satz 1 StPO in das Ermittlungsverfahren überführt worden. Die insoweit gewonnenen Erkenntnisse werden durch die weiteren Ermittlungen - insbesondere durch die Auswertung der im Rahmen der Durchsuchungen am aufgefundenen Asservate und die Angaben mehrerer Mitbeschuldigter sowie gesondert Verfolgter im Rahmen ihrer verantwortlichen Vernehmungen - gestützt. Im Einzelnen:

19aa) Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der ideologischen Ausrichtung und Ziele der Vereinigung sowie der von ihren Mitgliedern geteilten Verschwörungstheorien beruht auf Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Landesamtes für Verfassungsschutz Hessen, wie sie sich aus entsprechenden Mitteilungen vom 15. November und ergeben. Diese werden bestätigt durch zahlreiche aufgezeichnete Telefonate des Beschuldigten, der Mitbeschuldigten   P.     , We.   , Pf.   , T.        , L.    sowie der gesondert verfolgten   H.     und Ha.    . Deren Inhalt wird weiter gestützt durch die Auswertung einer Vielzahl unter anderem beim Beschuldigten sichergestellter Schriftstücke, insbesondere eine Art „Handreichung“ über das politisch-ideologische Fundament der Gruppierung, durch gesicherte Chatnachrichten mit Angehörigen der Vereinigung, durch die Angaben der Mitbeschuldigten F.    , Z.      und M.             sowie der gesondert verfolgten S.     und Ha.    .

20Soweit der Verteidigerschriftsatz vom die vorgenannten zahlreichen von den Ermittlungsbehörden gewonnenen Erkenntnisse und die daraus auf den Tatvorwurf gezogenen Schlüsse, insbesondere zu den geplanten Betätigungen der Vereinigungsmitglieder im Anschluss an ein vermeintliches Eingreifen der „Allianz“, in Zweifel zieht, indem er ihre Vorstellungen als bloßen Wahn im Sinne eines psychiatrischen Befundes darstellt, vermögen die Ausführungen den dringenden Tatverdacht nicht zu beseitigen. Gegen diese Wertung spricht bereits das der Gruppierung nach derzeitigem Ermittlungsstand innewohnende Gefährdungspotential, das sich namentlich an ihrer Organisationsstruktur, Abschottung, Logistik und Bewaffnung zeigt.

21bb) Aufbau und Struktur der Vereinigung, deren terroristische Zwecksetzung und die bereits entfalteten Aktivitäten ergeben sich ebenfalls aus überwachten Telefongesprächen von Mitbeschuldigten und gesondert Verfolgten. Die hierdurch bekannt gewordenen Treffen der Mitglieder des Rates werden durch mehrere Observationsmaßnahmen, Angaben der Mitbeschuldigten F.    und M.            , sichergestellte Chats, Protokolle der Ratssitzungen, hierüber gefertigte handschriftliche Aufzeichnungen und einen beim Beschuldigten aufgefundenen Terminkalender nebst Tagesordnungen einzelner Ratssitzungen belegt. Der Aufbau des militärischen Arms ist Vortragsunterlagen, Mitgliederlisten und Gesamtübersichten zu entnehmen, die bei den Mitbeschuldigten   P.     und We.    sowie beim gesondert verfolgten Me.   sichergestellt worden sind. Die insoweit gewonnenen Erkenntnisse werden durch die Angaben des Mitbeschuldigten F.    und des gesondert verfolgten Hep.   bestätigt.

22Die Ausrichtung auf die Begehung von Katalogtaten im Sinne des § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB wird belegt durch zahlreiche bei den Mitbeschuldigten We.    und Ri.    sowie den gesondert verfolgten Me.   und S.     aufgefundenen Unterlagen zur Einrichtung und Bewaffnung der Heimatschutzkompanien. Die insoweit gewonnenen Ermittlungsergebnisse werden ihrerseits bestätigt durch gesicherte Chatkommunikation zwischen den gesondert verfolgten S.     und Ha.    . Die Bemühungen, Waffen, Munition und weiteres militärisches Ausrüstungsmaterial zu beschaffen, beruhen auf Erkenntnissen aus Telekommunikationsüberwachungs- und Observationsmaßnahmen. Im Rahmen der durchgeführten Durchsuchungsmaßnahmen sind hiermit korrespondierend 273 Schusswaffen, 259 Hieb- und Stichwaffen, mehr als 80.000 Munitionsteile, davon über 44.000 Patronen, sowie zahlreiche Satellitentelefone sichergestellt worden.

23Die Teilnahme einiger Mitglieder an gemeinsamen Schießübungen stützt sich auf sichergestellte Unterlagen der Schießanlage sowie Chatverkehr. Das gezielte Aufsuchen und Auskundschaften von Kasernen der Bundeswehr durch Mitbeschuldigte und gesondert Verfolgte wird belegt durch die Auswertung der Geokoordinaten ihrer Mobiltelefone, verschiedene Unterlagen, die Angaben des Mitbeschuldigten F.    sowie der gesondert verfolgten Hep.   und Be.   . Die Rekrutierungsbemühungen einiger Angehöriger der Vereinigung werden bestätigt durch die Bekundungen sowohl des Mitbeschuldigten F.    als auch der gesondert verfolgten Re.    und S.     . Ferner sind Fragebögen aufgefunden worden, die sich an potentielle Bewerber richten. Der Aufbau der Heimatschutzkompanien wird belegt durch Mitgliederlisten, Kartenmaterial, verschriftete Aufstellungen über Aufgabenverteilungen, innere Struktur, regionale Ausrichtung und Ausrüstungsgegenstände, Angaben des Mitbeschuldigten F.    sowie der gesondert verfolgten S.     und Ha.    . Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Finanzierung der Vereinigung beruht auf dem Ergebnis entsprechender Finanzermittlungen.

24cc) Die Vorbereitungshandlungen für eine bewaffnete Erstürmung des Reichstagsgebäudes stützen sich ebenfalls auf Erkenntnisse aus Observations- und Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen. Diese werden bestätigt durch die insoweit geständigen Einlassungen des Mitbeschuldigten F.    sowie der gesondert verfolgten S.     und Ra.  . Ferner sind auf dem Mobiltelefon des Mitbeschuldigten W.    mehrere Videos vom Paul-Löbe-Haus, dessen unterirdischen Zugängen zu anderen Gebäuden des Regierungsviertels einschließlich des Reichstagsgebäudes und vom Inneren des Plenarsaals des Deutschen Bundestages sichergestellt worden. Die Auswertung des Mobiltelefons der Mitbeschuldigten M.             belegt darüber hinaus die von ihr weitergeleiteten Dokumente.

25Ausweislich verdeckter Ermittlungen anlässlich eines Treffens am in Hel.     , an dem unter anderem der Beschuldigte und der Mitbeschuldigte   P.     teilnahmen, zeigte sich der engste Führungszirkel der Vereinigung informiert, machte sich die vorgenannten Pläne der Mitbeschuldigten E.   und W.    zu eigen und förderte sie. Die insoweit gewonnenen Erkenntnisse werden ihrerseits bestätigt durch aufgezeichnete Telefongespräche der Mitbeschuldigten M.         , L.    und T.       .

26Soweit in der Stellungnahme des Verteidigers vom die Beweismittel diesbezüglich abweichend bewertet werden, entkräftet dies den dringenden Tatverdacht nicht. Nach dem Stand der Ermittlungen informierten die Mitbeschuldigten E.   und W.    im Oktober und November 2021 den Beschuldigten sowie zwei Mitbeschuldigte, darunter   P.     , über ihre Pläne zur bewaffneten Erstürmung des Reichstagsgebäudes. Im Übrigen wurden nach dem Ergebnis der Finanzermittlungen dem Konto des Mitbeschuldigten E.   - neben einem ersten Teilbetrag in Höhe von 25.000 € am - die weiteren drei Teilbeträge in Höhe von weiteren 25.000 € zwischen dem 14. und und damit etwa drei Monate nach dem dritten Treffen gutgeschrieben.

27dd) Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom und dessen Zuschrift vom verwiesen.

28c) In rechtlicher Hinsicht hat sich der Beschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 StGB und durch dieselbe Handlung (§ 52 Abs. 1 StGB) wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gemäß § 83 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

29aa) Es kann dahinstehen, ob der Beschuldigte die terroristische Vereinigung auch gründete und inwieweit diese außerdem die Voraussetzungen des § 129a Abs. 2 StGB erfüllte. Er ist jedenfalls - wie bereits im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs dargetan - der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 StGB dringend verdächtig.

30(1) Bei der Gruppierung um den Beschuldigten, die Mitbeschuldigten und die gesondert Verfolgten handelte es sich hochwahrscheinlich um eine terroristische Vereinigung im Sinne der § 129 Abs. 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Denn sie bestand aus mehr als zwei Personen, war auf längere Dauer angelegt, hatte eine organisatorische Struktur und verfolgte mit der Abschaffung der freiheitlichdemokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie der Schaffung eines neuen deutschen Staatswesens ein übergeordnetes gemeinsames Interesse (s. , NStZ-RR 2023, 182, 183; vgl. auch , BGHSt 66, 137 Rn. 19 ff.; Beschlüsse vom - AK 40/22 u.a., juris Rn. 44; vom - AK 19/23, juris Rn. 31).

31Dieses Ziel wollten die Mitglieder der Vereinigung nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen durch die Begehung von Katalogtaten im Sinne des § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB erreichen. Der Beschuldigte wusste und fand sich um des von ihm verfolgten Zieles willen damit ab, dass es sowohl bei der vermeintlichen Unterstützung eines Angriffs durch die „Allianz“ am „Tag X“ als auch bei der gewaltsamen Erstürmung des Reichstagsgebäudes zu vorsätzlichen Tötungen von Repräsentanten des Staates und Amtsträgern gemäß §§ 211, 212 StGB kommen werde.

32Dem steht nicht entgegen, dass der konkrete Eintritt des „Tages X“ - anders als das geplante bewaffnete Eindringen in das Reichstagsgebäude - scheinbar noch ungewiss war, die Gruppierung nach der Vorstellung der ihr Angehörigen die Begehung von Katalogtaten durch den Einsatz ihres „Militärs“ von einem Eingreifen der „Allianz“ abhängig machte und insoweit mit dem Eintritt eines zukünftigen Ereignisses verknüpfte. Hierzu gilt:

33Eine Vereinigung ist dann auf die Begehung von Straftaten gerichtet, wenn dies der verbindlich festgelegte Zweck ist, zu dessen Erreichung sich die Mitglieder verpflichtet haben. Die Organisation der Vereinigung muss auf den Zweck der gemeinschaftlichen Begehung von Straftaten hin konzipiert sein. Nur dann vermag die Betätigung der Vereinigung die ihre besondere Gefährlichkeit begründende Eigendynamik zu entfalten, die Grund für die durch §§ 129 ff. StGB bestimmte Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes ist. Daraus folgt, dass der gemeinsame Wille zur Begehung von Straftaten fest gefasst sein muss und nicht nur vage oder insbesondere von dem Ergebnis weiterer Willensbildungsprozesse abhängig sein darf. Deshalb reicht es nicht aus, wenn sich die in der Vereinigung zusammengefassten Mitglieder bewusst sind, es könne bei der Verfolgung ihrer Pläne zu Straftaten kommen, sie diese mithin lediglich „ins Auge gefasst“ haben (vgl. , BGHSt 60, 166 Rn. 30; vom - 3 StR 94/04, BGHSt 49, 268, 271 f.; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 129 Rn. 48; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 64).

34Die Angehörigen der Gruppierung hatten ihren Entschluss, die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland unter Anwendung von Waffengewalt gegen Repräsentanten des Staates zu beseitigen und sie durch eine eigene Staatsstruktur zu ersetzen, nach dem derzeitigen Ermittlungsstand und entgegen dem Vorbringen des Beschuldigten bereits fest gefasst. Dass der diesbezügliche Willensbildungsprozess innerhalb der Gruppe abgeschlossen war, zeigt sich in den vielfältigen Vorbereitungshandlungen des Beschuldigten, der Mitbeschuldigten und der gesondert Verfolgten für den gewaltsamen Umsturz. So erwarben einzelne Mitglieder nicht nur Munition, zahlreiche militärische Ausrüstungsgegenstände und Fesselungsmaterialien, sondern suchten darüber hinaus mehrere Waffengeschäfte zum Erwerb von Schusswaffen auf und führten Schießübungen durch. Daneben hatte die Gruppierung bereits zwei Heimatschutzkompanien errichtet und betrieb den Aufbau weiterer; ihnen sollten im Fall der Realisierung der Umsturzpläne militärische und polizeiliche Aufgaben zukommen. Für die Ausführung war gerade kein neuer Tatentschluss, sondern nur der Eintritt eines unmittelbar bevorstehenden, lediglich zeitlich noch nicht feststehenden Ereignisses erforderlich. Die Gruppierung behielt sich damit gerade nicht die Begehung von Straftaten für die Zukunft bloß vor. Dies gilt umso mehr, als allein die Angehörigen der Gruppierung die Deutungshoheit darüber hatten, welches tagesaktuelle Ereignis der „Allianz“ zuzurechnen und als deren Startsignal an die Vereinigung zu werten sein sollte, selbst aktiv zu werden und mit Gewalt gegen staatliche Stellen vorzugehen. Die Mitglieder der Vereinigung hatten mithin nur noch darüber zu entscheiden, wann die Umsturzpläne umgesetzt werden. Trotz des bei objektiver Betrachtung teilweise fernliegenden Gedankenguts war somit die spezifische Gefährlichkeit der Vereinigung gegeben (s. , NStZ-RR 2023, 182, 184).

35(2) Der Beschuldigte gliederte sich nach dem aus dem Aktenmaterial ersichtlichen Erkenntnisstand spätestens Ende November 2021 einvernehmlich in die Organisation ein und trug mit seinem Wirken in dem von ihm geführten Rat unmittelbar zur Durchsetzung der Ziele des Zusammenschlusses bei; zudem kam ihm nach den internen Absprachen, den Plänen der Vereinigungsmitglieder und auch rein tatsächlich im Hinblick auf Art, Umfang und Gewicht seiner Mitwirkung eine Führungsrolle zu. Somit beteiligte er sich nicht nur hochwahrscheinlich als Mitglied an der Vereinigung (vgl. zu den Voraussetzungen der Mitgliedschaft einerseits und der Beteiligung andererseits BGH, Beschlüsse vom - AK 33/22, juris Rn. 32 ff. mwN; vom - AK 18/22, juris Rn. 4 ff.; vom - AK 14/22, juris Rn. 27 ff.; vom - AK 37/21, juris Rn. 35, 37 mwN), sondern war darüber hinaus ein Rädelsführer der Gruppierung. Denn Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung im Sinne des Qualifikationsmerkmals des § 129a Abs. 4 StGB sind die Personen, die in dem Personenzusammenschluss dadurch eine führende Rolle einnehmen, dass sie sich in besonders maßgebender Weise für diesen betätigen. Entscheidend ist dabei nicht der Umfang der geleisteten Beiträge, sondern das Gewicht, das sie für die Vereinigung haben. Besonders maßgebend ist eine Tätigkeit dann, wenn sie von Einfluss ist auf die Führung der Vereinigung im Ganzen oder in wesentlichen Teilen, wenn also der Täter entweder selbst zu den Führungskräften gehört oder aber durch sein Tun gleichsam an der Führung mitwirkt. Eine rein formale Stellung innerhalb eines Führungsgremiums reicht für sich genommen nicht aus. Der vom Täter ausgeübte Einfluss muss der Sache nach beträchtlich sein und sich auf die Vereinigung als solche richten, mithin etwa die Bestimmung der Organisationszwecke, -tätigkeiten oder -ziele, die ideologische Ausrichtung der Vereinigung, deren Organisationsstruktur oder sonstige Belange mit für die Vereinigung wesentlicher Bedeutung betreffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - AK 19/23, juris Rn. 32; vom - 3 StR 394/22, juris Rn. 5; vom - 3 StR 10/20, juris Rn. 78; vom - AK 27/20, juris Rn. 19; Urteil vom - 3 StR 236/17, juris Rn. 140; Beschluss vom - AK 36/15, NStZ-RR 2016, 170, 171; Urteil vom - 3 StR 243/11, BGHSt 57, 160 Rn. 8 f.; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 180; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 129 Rn. 147 f.). Diese Voraussetzungen sind bei dem Beschuldigten aufgrund seiner leitenden Tätigkeiten im Rat hochwahrscheinlich erfüllt.

36bb) Darüber hinaus ist der Beschuldigte der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens nach § 83 Abs. 1 StGB dringend verdächtig.

37(1) Nach § 83 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer ein bestimmtes hochverräterisches Unternehmen gegen den Bund vorbereitet. Ein solches Unternehmen ist eine Tat im Sinne des § 81 Abs. 1 StGB, wobei das Gesetz zwei Arten des mit Gewalt oder Drohung mit Gewalt unternommenen (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB) Hochverrats erfasst: zum einen die Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland (§ 92 Abs. 1 StGB) im Sinne der Aufhebung ihrer Freiheit von fremder Botmäßigkeit, der Beseitigung ihrer staatlichen Einheit oder der Abtrennung eines zu ihr gehörenden Gebietes (Bestandshochverrat), zum anderen die - hier relevante - Änderung der auf dem Grundgesetz beruhenden verfassungsmäßigen Ordnung (Verfassungshochverrat). Diese umfasst jedenfalls die vom Grundgesetz vorgegebene staatsrechtliche Organisation, also die Verfassungsorgane und Verfassungseinrichtungen in ihrer vom Grundgesetz geschaffenen Form, sowie die auf dem Grundgesetz beruhenden Regeln der politischen Willensbildung und Staatsführung (vgl. u.a., BGHSt 7, 222, 226 f.; vom - StE 207/52, BGHSt 6, 336, 338 f.; MüKoStGB/Hegmann/Stuppi, 4. Aufl., § 81 Rn. 17 ff.). Ihre Änderung beinhaltet sowohl normative als auch faktische Eingriffe, durch welche Verfassungsnormen oder auf ihnen basierende Verfassungseinrichtungen und staatliche Organisationsstrukturen beseitigt oder auf Dauer funktionsunfähig gemacht werden (vgl. , BGHSt 6, 352, 353; vom - StE 207/52, BGHSt 6, 336, 338 f.; Matt/Renzikowski/Becker, StGB, 2. Aufl., § 81 Rn. 3 f.). Der Gewaltbegriff des § 81 Abs. 1 StGB erstreckt sich nicht nur auf gegen Personen gerichtete körperliche Gewalt, sondern gegebenenfalls auch auf Beschädigungen oder Zerstörungen von Sachen, etwa Anschläge auf und Sabotageakte gegen Infrastruktureinrichtungen (vgl. insofern (S), BGHSt 32, 165, 172; vom - StE 1/52, BGHSt 8, 102, 103 ff.; vom - StE 207/52, BGHSt 6, 336, 340; Matt/Renzikowski/Becker, StGB, 2. Aufl., § 81 Rn. 6 ff.; MüKoStGB/Hegmann/Stuppi, 4. Aufl., § 81 Rn. 7; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 81 Rn. 4, 10).

38Die Aktivitäten des Beschuldigten, der Mitbeschuldigten und der gesondert Verfolgten zielten hochwahrscheinlich darauf ab, unter Einsatz von Waffengewalt gegen staatliche Repräsentanten und Amtsträger, sowohl bei der vermeintlichen Unterstützung eines Angriffs durch die „Allianz“ am „Tag X“ als auch bei der Erstürmung des Reichstagsgebäudes, die bestehenden staatlichen Strukturen sowie die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik zu beseitigen und durch eine bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Mithin sollte die grundgesetzliche Ordnung gewaltsam geändert und damit ein Verfassungshochverrat im Sinne des § 81 Abs. 1 Nr. 2 StGB begangen werden.

39(2) Durch § 83 Abs. 1 StGB pönalisierte Vorbereitungshandlungen sind Aktivitäten im Vorfeld einer bereits von § 81 Abs. 1 StGB erfassten Versuchsstrafbarkeit, mit denen ein bestimmter späterer Hochverrat gefördert wird. Die Beschränkung der Strafbarkeit auf ein „bestimmtes“ hochverräterisches Unternehmen erfordert, dass Angriffsgegenstand und Angriffsziel feststehen und die hochverräterische Tat hinsichtlich der Art der Durchführung sowie Ort und Zeitpunkt ihrer Begehung bereits in ihren Grundzügen umrissen, damit konkretisiert ist (vgl. insofern , BGHSt 7, 11, 13 f.; vom - StE 207/52, BGHSt 6, 336, 340 f., 344; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 83 Rn. 2; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl., § 83 Rn. 2; MüKoStGB/Hegmann/Stuppi, 4. Aufl., § 83 Rn. 4; LK/Steinsiek, StGB, 13. Aufl., § 83 Rn. 3 ff.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 83 Rn. 2 ff.; SK-StGB/Zöller, 9. Aufl., § 83 Rn. 5 ff.). In zeitlicher Hinsicht ist erforderlich, dass der beabsichtigte Umsturz unmittelbar an die gegenwärtig gegebenen politischen Verhältnisse anknüpft und alsbald unter diesen durchgeführt werden soll oder eine für den geplanten Hochverrat als erforderlich erachtete vorherige Änderung dieser Verhältnisse nach Tätervorstellung unmittelbar bevorsteht (vgl. , BGHSt 7, 11, 13 f.; Matt/Renzikowski/Becker, StGB, 2. Aufl., § 83 Rn. 2; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 83 Rn. 5; SK-StGB/Zöller, 9. Aufl., § 83 Rn. 8). Vorbereitungshandlungen sind alle das künftige Unternehmen objektiv fördernde Tätigkeiten. Zwar bedarf es zur Tatbestandsverwirklichung angesichts des außerordentlich hohen Ranges der geschützten Rechtsgüter keines Eintritts einer konkreten Gefahr für den Bestand der Bundesrepublik beziehungsweise die grundgesetzliche Verfassungsordnung (vgl. Matt/Renzikowski/Becker, StGB, 2. Aufl., § 83 Rn. 3; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 83 Rn. 3; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl., § 83 Rn. 3; LK/Steinsiek, StGB, 13. Aufl., § 83 Rn. 8 f.; MüKoStGB/Hegmann/Stuppi, 4. Aufl., § 83 Rn. 5; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 83 Rn. 2, 8; SK-StGB/Zöller, 9. Aufl., § 83 Rn. 9 f.). Die Aktivitäten brauchen nicht in diesem Sinne erfolgsgeeignet zu sein; eine große Resilienz des Staates gegenüber Angriffen auf seine Integrität steht der Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen nicht entgegen. Nicht zuletzt im Hinblick auf die hohe Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe und die weite Vorverlagerung der Strafbarkeit reichen indes Aktivitäten ohne jedes Gefährdungspotential für die in Aussicht genommenen Angriffsobjekte zur Tatbestandserfüllung nicht (vgl. insofern , BGHSt 7, 11, 13; Matt/Renzikowski/Becker, StGB, 2. Aufl., § 83 Rn. 3; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 83 Rn. 3; MüKoStGB/Hegmann/Stuppi, 4. Aufl., § 83 Rn. 5; LK/Steinsiek, StGB, 13. Aufl., § 83 Rn. 9; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 83 Rn. 8; SK-StGB/Zöller, 9. Aufl., § 83 Rn. 10). Von § 83 Abs. 1 StGB werden daher Handlungen, die keine Gefährdung des designierten Angriffsgegenstandes bewirken, nicht erfasst. In subjektiver Hinsicht stellt § 83 StGB - anders als § 89a StGB (vgl. hierzu , juris Rn. 34; Urteil vom - 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218 Rn. 44 f.) und § 89c StGB (vgl. insofern MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 89c Rn. 15) - keine besonderen Anforderungen; es genügt bedingter Vorsatz des Vorbereitungstäters dahin, dass er mit seinen Handlungen ein - von ihm oder Dritten - in Aussicht genommenes bestimmtes hochverräterisches Unternehmen fördert (vgl. Matt/Renzikowski/Becker, StGB, 2. Aufl., § 83 Rn. 4; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 83 Rn. 6; LK/Steinsiek, StGB, 13. Aufl., § 83 Rn. 12; MüKoStGB/Hegmann/Stuppi, 4. Aufl., § 83 Rn. 8; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 83 Rn. 9; SK-StGB/Zöller, 9. Aufl., § 83 Rn. 11).

40Hieran gemessen ist der Beschuldigte einer Vorbereitung im Sinne des § 83 Abs. 1 StGB dringend verdächtig. Seine Aktivitäten - namentlich zum Aufbau und zur Führung des Rates und zur bewaffneten Erstürmung des Reichstagsgebäudes - bereiteten den von ihm beabsichtigten Hochverrat vor und wurden von ihm zu diesem Zweck entfaltet. Das hochverräterische Unternehmen war hinreichend konkretisiert, und zwar nicht nur in gegenständlicher und örtlicher, sondern auch in zeitlicher Hinsicht. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand handelte es sich bei den Plänen des Beschuldigten, der Mitbeschuldigten und der gesondert Verfolgten nicht um nur vage Ideen, sondern es ging um konkrete Ziele, die unter den gegebenen politischen Verhältnissen und in Kürze realisiert werden sollten. Der beabsichtigte Umsturz war nicht abhängig gemacht worden von zukünftigen Entwicklungen, die außerhalb des Einflussbereichs des Beschuldigten und seiner Mitstreiter lagen. Auch in diesem Zusammenhang ist maßgebend, dass sie ihren Entschluss, die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland unter Anwendung von Waffengewalt gegen Repräsentanten des Staates zu beseitigen und sie durch eine eigene Staatsstruktur zu ersetzen, bereits gefasst hatten. Wie dargelegt (s. oben 1. c) aa) (1), hatten sie nur noch auf der Grundlage eigener Deutungen und Wertungen darüber zu entscheiden, wann die Umsturzpläne umgesetzt werden.

41Trotz des teilweise fernliegenden gedanklichen Fundaments wiesen die Handlungen, von denen im Sinne eines dringenden Tatverdachts auszugehen ist, entgegen den Ausführungen des Beschuldigten den zur Tatbestandserfüllung erforderlichen spezifischen Gefährlichkeitsgrad auf. Denn zum Zeitpunkt der Zerschlagung der Vereinigung im Dezember 2022 waren bereits nicht unerhebliche Finanzmittel zusammengetragen, Satellitentelefone, Munition und weitere Militärausrüstung beschafft, Schießübungen durchgeführt und mehrere Heimatschutzkompanien aufgebaut worden; zudem verfügten einige Mitglieder bereits über eigene Waffen nebst Munition. Daneben war die bewaffnete Erstürmung des Reichstagsgebäudes nicht nur geplant, sondern einige Mitglieder der Vereinigung waren diesbezüglich schon in konkrete Vorbereitungshandlungen eingetreten.

42cc) Die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 StGB steht in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) mit der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens nach § 83 Abs. 1 StGB (vgl. MüKoStGB/Hegmann/Stuppi, 4. Aufl., § 83 Rn. 12; LK/Steinsiek, StGB, 13. Aufl., § 83 Rn. 19; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 83 Rn. 13; NK-StGB/Paeffgen/Klesczewski, 6. Aufl., § 83 Rn. 25; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 83 Rn. 7). Da sich die mutmaßlichen Betätigungen des Beschuldigten für die Organisation in der als eine Tat im materiellrechtlichen Sinne zu bewertenden Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens erschöpften, liegt nur eine - hiermit idealkonkurrierende - mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vor (vgl. , BGHSt 60, 308 Rn. 24). Die Tätigkeit der Vereinigung diente von Anfang an dem beabsichtigten gewaltsamen Umsturz der staatlichen Ordnung, damit dem hochverräterischen Unternehmen. Weitere Beteiligungsakte, die nicht zugleich nach § 83 Abs. 1 StGB strafbar sind und damit - als verbleibende, kein anderes Strafgesetz verletzende tatbestandliche Handlungseinheit - geeignet wären, eine zusätzliche isolierte Strafbarkeit nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 StGB zu begründen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 537/14, aaO, Rn. 38 f.; vom - 3 StR 355/16, BGHR StGB § 129a Konkurrenzen 6 Rn. 5), sind nicht ersichtlich (vgl. , juris Rn. 29; ferner , juris Rn. 3).

432. Es bestehen der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO sowie - auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung des § 112 Abs. 3 StPO (s. , juris Rn. 30 ff.) - derjenige der Schwerkriminalität.

44a) Nach Würdigung der Umstände des Einzelfalls ist es wahrscheinlicher, dass sich der Beschuldigte - sollte er auf freien Fuß gelangen - dem Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm zur Verfügung halten werde (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Er hat im Falle seiner Verurteilung angesichts der Schwere des Tatvorwurfs und des Gewichts seiner mutmaßlichen Tatbeiträge - selbst unter Berücksichtigung seines fortgeschrittenen Alters - mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Dem hieraus resultierenden großen Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthindernden Umstände entgegen. Dies gilt auch eingedenk seiner betreuungsbedürftigen Tochter und unternehmerischen Tätigkeiten. Überdies lehnt er die gegenwärtige Staats- und Verfassungsordnung der Bundesrepublik ab und verneint die Legitimität ihrer Staatsorgane zu hoheitlichem Handeln. Die Ermittlungen haben gezeigt, dass der Beschuldigte wie zahlreiche Mitbeschuldigte und gesondert Verfolgte in der Szene derer, die - als sogenannte Reichsbürger, Querdenker, Verschwörungstheoretiker oder Anhänger nationalsozialistischen Gedankengutes - die staatliche Verfasstheit der Bundesrepublik und deren freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen und ihre Überwindung erstreben, eng eingebunden und vernetzt ist. Er kann mithin mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Netzwerk von Sympathisanten und Gleichgesinnten zurückgreifen, die ihn im Falle einer Flucht beziehungsweise eines Untertauchens logistisch und finanziell unterstützen würden.

45b) Daneben besteht der Haftgrund der Schwerkriminalität. Der Beschuldigte ist der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, mithin einer Katalogtat des § 112 Abs. 3 StPO, dringend verdächtig. Nach den vorgenannten Umständen des Einzelfalls ist eine Fluchtgefahr jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. , BVerfGE 19, 342, 349 ff.; s. auch BGH, Beschlüsse vom - AK 57/18, juris Rn. 30 ff.; vom - AK 12/20, juris Rn. 37; vom - StB 15/22, juris Rn. 11 f.).

46c) Dieser Fluchtgefahr kann durch andere fluchthemmende Anordnungen, insbesondere auch durch die angebotene Kautionszahlung, nicht genügend begegnet werden, weshalb der Zweck der Untersuchungshaft nicht auf der Grundlage weniger einschneidender Maßnahmen im Sinne von § 116 StPO erreicht werden kann.

473. Die Strafgerichtsbarkeit des Bundes und damit die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs für den Erlass des Haftbefehls ergibt sich aus § 169 Abs. 1 StPO, § 120 Abs. 1 Nr. 2 und 6, § 142 Abs. 1 Nr. 1, § 142a Abs. 1 Satz 1 GVG.

484. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Haftfortdauer. Das Ermittlungsverfahren ist nach der Festnahme des Beschuldigten am mit der in Haftsachen gebotenen besonderen Beschleunigung geführt worden. Die Ermittlungen in dem vorliegenden Komplex, zwei gegen 63 Beschuldigte und gesondert Verfolgte betriebenen Verfahren, waren und sind sehr umfangreich; dies spiegelt sich unter anderem im Aktenbestand wider, der derzeit mehr als 200.000 Blatt Papier umfasst. Im Kontext der Verhaftungen des Beschuldigten sowie von mehr als 20 Mitbeschuldigten und gesondert Verfolgten ist es zu zahlreichen Durchsuchungen in mehreren Bundesländern gekommen. Dabei sind über 5.000 Asservate, darunter gut 1.800 Speichermedien, sichergestellt worden. Die diesbezügliche Datenmenge beträgt mindestens 265 Terabyte. Deren Durchsicht, Auslesung und Auswertung gestalten sich besonders zeit- und arbeitsintensiv. Daneben sind etwa 1.300 Waffen oder Waffenteile aufgefunden worden, die zum Zweck der waffenrechtlichen Beurteilung kategorisiert worden sind und von denen 239 ergänzend begutachtet werden. Zudem wird eine Vielzahl weiterer sichergestellter Dokumente und Fotos kriminaltechnisch untersucht.

49Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Zuschrift des Generalbundesanwalts vom Bezug genommen.

505. Schließlich steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit andererseits - auch unter Berücksichtigung seines Alters - derzeit nicht zu der Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der in der Stellungnahme des Wahlverteidigers vom geltend gemachte angegriffene Gesundheitszustand des Beschuldigten und die dort geäußerten Zweifel an dessen Verhandlungsfähigkeit geben zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.

III.

51Die Haftbeschwerde des Beschuldigten ist gegenstandslos. Ist eine solche eingelegt und steht gleichzeitig das Haftprüfungsverfahren der §§ 121, 122 StPO an, so kommt diesem grundsätzlich der Vorrang zu; denn es führt zu einer umfassenden Überprüfung der Frage der Haftfortdauer. Durch die Entscheidung im Haftprüfungsverfahren nach §§ 121, 122 StPO erledigt sich eine Haftbeschwerde deshalb grundsätzlich von selbst; sie wird gegenstandslos. Ein Ausnahmefall, in dem anderes zu gelten hätte, liegt hier nicht vor (vgl. BGH, Beschlüsse vom - AK 4/18 u.a., juris Rn. 10; vom - AK 18/12, NStZ-RR 2012, 285 f., jeweils mwN; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 122 Rn. 18; KK-Gericke, StPO, 9. Aufl., § 122 Rn. 11).

Schäfer                    Berg                    Voigt

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:110723BAK35.23.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-44580