Online-Nachricht - Montag, 08.05.2023

Umsatzsteuer | Vermietung und Verpachtung eines Gebäudes samt Betriebsvorrichtungen (EuGH)

Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass er auf die Vermietung auf Dauer eingebauter Vorrichtungen und Maschinen keine Anwendung findet, wenn diese Vermietung eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l dieser Richtlinie steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden ( "Finanzamt X").

Hintergrund: Nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG sind u.a. die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind, nicht steuerfrei.

Die Regelung in Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL bestimmt ebenfalls, dass die Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung von der Steuer befreien. Gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL ist die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen davon ausgeschlossen.

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger Y vermietete in den Jahren 2010 bis 2014 im Rahmen eines Pachtvertrags ein Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Zu diesen Vorrichtungen und Maschinen gehörten u.a. eine Industrieförderspirale zur Fütterung der Puten sowie ein Heizungs‑, Lüftungs- und Beleuchtungssystem zur Sicherung einer dem Entwicklungsstadium der Tiere entsprechenden Temperatur und Ausleuchtung, die gewährleisteten, dass die Puten in der vorgegebenen Zeit unter den bis zur Erreichung ihrer Schlachtreife erforderlichen Bedingungen aufgezogen wurden. Diese Vorrichtungen und Maschinen waren speziell auf die Nutzung des Gebäudes als Putenaufzuchtstall abgestimmt.

Nach den Bestimmungen des Pachtvertrags erhielt Y ein einheitliches Entgelt für die Überlassung des Zuchtstalls sowie der Vorrichtungen und Maschinen. Y ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung insgesamt umsatzsteuerfrei sei.

Das Finanzamt vertrat hingegen die Ansicht, dass die Pacht der fraglichen Vorrichtungen und Maschinen nicht von der Umsatzsteuer befreit sei und dass das vereinbarte einheitliche Entgelt, das zu 20 % auf die Maschinen und Vorrichtungen entfalle, insoweit umsatzsteuerpflichtig sei. Es erließ für die streitigen Jahre Steueränderungsbescheide.

Das FG der ersten Instanz vertrat unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH und des EuGH die Auffassung, dass die in Rede stehende Leistung bei der Verpachtung vollständig steuerfrei sein müsse. Die Überlassung von Vorrichtungen und Maschinen war nach Ansicht dieses Gerichts eine Nebenleistung zur Überlassung des Zuchtstalls und müsse ebenso wie diese steuerfrei sein (s. hierzu Gehm, ).

Auf die Revision des FA legte der BFH dem EuGH mit die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vor (s. hierzu Rapp/Engelhardt, sowie unsere Online-Nachricht v. 9.8.2021):

Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL

  • nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch

  • die Vermietung (Verpachtung) derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfrei ist?

Hierauf hat der EuGH nun wie folgt geantwortet:

  • Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass er auf die Vermietung auf Dauer eingebauter Vorrichtungen und Maschinen keine Anwendung findet, wenn diese Vermietung eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l dieser Richtlinie steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden.

  • Im Streitfall geht es um die Verpachtung eines Zuchtstalls und der in diesem Gebäude auf Dauer eingebauten Anlagen, die speziell an diese Zucht angepasst sind, wobei der Pachtvertrag zwischen denselben Parteien geschlossen ist und ein einheitliches Entgelt vorliegt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Leistungen, wie es nahe zu liegen scheint, eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellen.

  • Sollte dies der Fall sein, ergibt sich aus der Rechtsprechung des EuGH, dass im Fall einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung, die zusammengesetzt ist aus einer nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL von der Mehrwertsteuer befreiten Hauptleistung in Form der Verpachtung oder Vermietung eines Grundstücks und einer mit der Hauptleistung untrennbar verbundenen Nebenleistung, die nach Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL grundsätzlich von dieser Befreiung ausgeschlossen ist, die Nebenleistung steuerlich ebenso zu behandeln ist wie die Hauptleistung. Es ist ebenfalls Sache des nationalen Gerichts, zu bestimmen, ob es sich bei den Leistungen, die eine solche wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden, um eine Hauptleistung oder eine Nebenleistung handelt.

Hinweis:

In einer der nächsten Ausgaben der NWB erfolgt eine ausführliche Besprechung der Entscheidung.

Quelle: "Finanzamt X", veröffentlicht auf der Homepage des EuGH (il)

Fundstelle(n):
SAAAJ-39286