Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat - 36 - S 4505-1/11

Grunderwerbsteuer; Anwendung des § 3 Nummer 2 GrEStG bei Grundstückskaufrechtsvermächtnissen

Bezug: BStBl 2019 II S. 617

Bezug: BStBl 2002 II S. 775

Der , BStBl 2019 II S. 617, seine Rechtsprechung zur Frage der Grunderwerbsteuerpflicht für ein Kaufrechtsvermächtnis teilweise geändert. Er hält nicht mehr an der Auffassung fest, dass jeglicher Erwerb eines Grundstücks aufgrund eines so bezeichneten Kaufrechtsvermächtnisses nach § 3 Nummer 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit ist.

Zu unterscheiden ist vielmehr,

  1. ob durch das Vermächtnis (§ 2174 BGB) der Bedachte das Recht erhält, unmittelbare die Übertragung eines bestimmten Grundstücks – ggf. gegen Zahlung eines Kaufpreises – aus dem Nachlass zu fordern (Grundstücksvermächtnis), oder

  2. ob durch das Vermächtnis nur ein Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages über ein zum Nachlass gehörendes Grundstück eingeräumt wird (Kaufrechtsvermächtnis).

In Zweifelsfällen ist durch Auslegung des Vermächtnisses (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, welche Vermächtnisart vorliegt. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auf den Rechtsgrund des Erwerbs und nicht auf die Höhe des gezahlten Kaufpreises an. Als Indizien für ein Kaufrechtsvermächtnis können dabei sprechen,

  • wenn in dem Vermächtnis noch kein fester Kaufpreis angeführt wird oder ein solcher nur bestimmbar ist, sodass sich Beschwerter und Bedachter noch über den Kaufpreis einigen müssen;

  • ein zeitlicher Rahmen für die Ausübung des Kaufrechts festgelegt ist.

Grunderwerbsteuerlich ergeben sich folgende unterschiedliche Konsequenzen:

a) Grundstücksvermächtnis

In Fällen von Grundstücksvermächtnissen kommt eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 3 Nummer 2 Satz 1 GrEStG in Betracht, denn Rechtsgrund des Übereignungsanspruchs ist das Vermächtnis, das nach § 1 Absatz 1 Nummer 2 GrEStG der Besteuerung unterliegt. Der verwirklichte Grundstückserwerb erfolgt demnach aufgrund des Vermächtnisses und damit von Todes wegen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG.

b) Kaufrechtsvermächtnis

In Fällen eines Kaufrechtsvermächtnisses ist der vermachte Gegenstand der schuldrechtliche Anspruch auf Abschluss des Kaufvertrags. Dieser bildet den der Grunderwerbsteuer zugrundeliegende Rechtsvorgang nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 GrEStG. Es handelt sich hierbei nicht um einen Erwerb von Todes wegen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG, sondern um einen Erwerb unter Lebenden. Demnach ist der Grundstückserwerb nicht nach § 3 Nummer 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Ungeachtet dessen sind allerdings einzelfallbezogen andere Befreiungsvorschriften zu prüfen.

Unberührt bleibt die Rechtsprechung zum Pflichtteilsanspruch (, BStBl 2002 II S. 775). Der Erlass tritt an die Stelle des Erlasses vom , 36 – S 4505 – 016 28587/03. Er ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.

Ich bitte, die Finanzämter entsprechend zu unterrichten.

Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat v. - 36 - S 4505-1/11

Fundstelle(n):
NAAAJ-26205