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NWB Nr. 17 vom Seite 1232

Fallen Photovoltaikanlagen ab 2022 unter § 35c EStG?

Abzugsmöglichkeit der Aufwendungen

Prof. Dr. Alois Nacke

[i]Fietz/Mayer, NWB 10/2023 S. 706Einnahmen aus dem Betrieb von bestimmten Photovoltaikanlagen sind rückwirkend seit dem nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei. Damit im Zusammenhang stehende Aufwendungen sind im Umkehrschluss nach § 3c Abs. 1 EStG nicht abzugsfähig. Der Steuerpflichtige kann somit die Anschaffungskosten einer Photovoltaikanlage nicht im Wege der Abschreibung als Betriebsausgaben abziehen. Dies führt zu der Frage, ob nun die Aufwendungen unter § 35c EStG fallen.

I. Hintergrund

[i]Hechtner in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, Einkommensteuergesetz Kommentar, 8. Aufl. 2023, § 35c EStG, NWB YAAAJ-28498 Da die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden gem. § 35c Abs. 3 Satz 1 EStG subsidiären Charakter hat (Reddig in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl., § 35c Rz. 22), kann sie nur in Anspruch genommen werden, wenn die Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind. Damit soll die Gefahr der Doppelförderung vermieden werden (BT-Drucks. 19/14338 S. 22). Es geht daher nicht darum, ob es sich begrifflich um Betriebsausgaben handelt (so aber Dorn/Becker, AStW 2023 S. 157), sondern allein darum, ob die Aufwendungen sich als Betriebsausgaben/Werbungskosten tatsächlich ausgewirkt haben (Levedag in Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 35c Rz. 11; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 35c Rz. 33; Schulz in Herrmann/Heuer/Raupach (HHR), EStG/KStG, § 35c EStG Rz. 44). Da wegen § 3 Nr. 72 EStG eine Doppelförderung nunmehr ausfällt, dürfte m. E. somit die Berücksichtigung der Aufwendungen für eine Photovoltaikanlage, die unter § 3 Nr. 72 EStG fällt, im Rahmen des § 35c EStG nicht an dieser Voraussetzung scheitern. Soweit hier Arbeitskosten in den Handwerkeraufwendungen i. S. des § 35a EStG enthalten sind, käme somit grundsätzlich auch ein Abzug nach § 35a Abs. 5 Satz 1 EStG in Betracht (Wahlrecht; zum Konkurrenzverhältnis zu § 35c EStG s. Schulz in HHR, EStG/KStG, § 35c EStG Rz. 45, m. w. N.).

[i]Auflistung von acht Fallgruppen der förderfähigen energetischen MaßnahmenDie Berücksichtigung der Aufwendungen nach § 35c EStG erfordert aber, dass die dort genannten weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Ein Abzug nach § 35c EStG setzt dabei u. a. voraus, dass es sich um energetische Maßnahmen (§ 35c Abs. 1 Satz 1 EStG) handelt. Energetische Maßnahmen sind (§ 35c Abs. 1 Satz 3 EStG): 1. Wärmedämmung von Wänden, 2. Wärmedämmung von Dachflächen, 3. Wärmedämmung von Geschossdecken, 4. Erneuerung der Fenster oder Außentüren, 5. Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage, 6. Erneuerung der Heizungsanlage, 7. Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung und 8. Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind. S. 1233

Dem Berater/Steuerpflichtigen stellt sich nunmehr die Frage, ob eine Photovoltaikanlage unter insbesondere die Nr. 6, Nr. 7 oder Nr. 8 fallen kann. Zur Beantwortung dieser Frage sollte m. E. zwischen der eigentlichen Photovoltaikanlage und dem Batteriespeicher unterschieden werden. Zunächst wird im Folgenden die Photovoltaikanlage selbst beurteilt.

II. Photovoltaikanlage (insbesondere Solarpanelen, Wechselrichter etc.)

1. Keine Mehrerkenntnis aus der Literatur

[i]Martz, Fotovoltaik-Anlage, Grundlagen, NWB ZAAAE-28828 Wirft man einen Blick in die Literatur, stellt man fest, dass es − soweit ersichtlich − nur eine Ansicht zu dieser Problematik gibt. Danach sollen Photovoltaikanlagen nicht unter § 35c EStG fallen (s. Heine, SSP 2020 S. 022 ff.). In den einschlägigen Kommentaren zu § 35c EStG wird auf diese Fragestellung überhaupt nicht eingegangen. Nur Solarthermieanlagen als Ergänzung der Heizungsanlage würden (so Heine) darunter fallen (unter Nr. 6 „Erneuerung der Heizungsanlage“). Dem entspricht auch die Auffassung der Verwaltung (s. Anlage zum BStBl 2021 I S. 103, zu Nr. 6 „Solarkollektor-Anlagen“).

Es bedarf m. E. somit einer genaueren Analyse. Es bietet sich daher an, die einzelnen abschließend aufgelisteten Fallgruppen (Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/14338 S. 21), die in Betracht kommen könnten, näher zu untersuchen.

2. Erneuerung der Heizungsanlage (§ 35c Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG)

Über § 35c Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG („Erneuerung der Heizungsanlage“) kann m. E. eine Förderung erreicht werden. Die Verwaltung hat jedenfalls bereits im einen bestimmten Fall von Aufwendungen für eine Photovoltaikanlage für förderungswürdig angesehen. In der Anlage zum (BStBl 2021 I S. 103) ist unter Nr. 6 unter dem Listenpunkt „Erschließung und Anschaffung der Wärmequelle einer Wärmepumpenanlage“ als förderwürdige Maßnahme „PVT-Anlagen (vollständig [also auch die integrierte Photovoltaikanlage!]), sofern der erzeugte Strom zur überwiegenden Eigenversorgung genutzt und keine Vergütung nach dem EEG in Anspruch genommen wird“ vermerkt.

[i]Erneuerung der Heizungsanlage über die StromzufuhrZum Zeitpunkt des Erlasses des BMF-Schreibens ging man in der Regel von gewerblichen steuerpflichtigen Einkünften aus dem Betrieb der Photovoltaikanlagen aus. Da die Aufwendungen sich aber ab nicht mehr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten auswirken, könnte eine Photovoltaikanlage, die eine Wärmepumpe mit Strom versorgt, m. E. auch unter § 35c EStG fallen, wenn eine Wärmepumpe und gleichzeitig eine Photovoltaikanlage, die die Wärmepumpe mit Strom versorgt, installiert werden. Die Photovoltaikanlage dient dann der Erneuerung der Heizungsanlage über die Stromzufuhr und sie entspricht auch dem Zweck des § 35c EStG, der dem Ziel dient, energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutzten Wohngebäuden steuerlich zu fördern, damit das Ziel der Bundesregierung unterstützt wird, bis 2030 die Treibhausgase um mindestens 40 % gegenüber 1990 zu verringern (Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/14338 S. 21).

[i]WärmepumpeWill man nicht so weit gehen, dürfte aber m. E. in jedem Fall dann eine Berücksichtigung erfolgen, wenn die Photovoltaikanlage der „Erneuerung der Heizungsanlage“ im engeren Sinne dient. Dies ist dann der Fall, wenn mit der Installation der Photovoltaikanlage auch erreicht werden kann, dass der Strom die Wärmepumpe in einen erhöhten Betrieb versetzt und Heizungswärme auf Vorrat erzeugt wird. Diese würde dann in einem Wärmespeicher effizient gelagert, bis sie benötigt wird. So kann das Maximum aus dem Photovoltaik-Strom geholt werden, bevor eventuell weitere Überschüsse ins öffentliche Netz eingespeist werden. Die Photovoltaikanlage ist damit m. E. Teil der neuen Heizungsanlage. S. 1234

[i]Aufnahme in Energetische Sanierungsmaßnahmen-VerordnungDies wird bestätigt durch die Aufnahme von Wärmepumpen, die eine sonstige Wärmequelle nutzen, wie „zum Beispiel [...] Solarwärme“, in die Anlage 6.3 zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung (ESanMV) v.  (BGBl 2022 I S. 2414). Ein qualitativer Unterschied zu mit Solarstrom erzeugter Wärme ist m. E. damit schon hier nicht zu erkennen. Besonders aber kommt dies im anschließenden Auffangtatbestand zum Ausdruck. Unter Nr. 6.6 „Innovative Heiztechnik auf Basis erneuerbarer Energien“ der Anlage 6 zur ESanMV heißt es: [i]Auffangregelung

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