BFH Urteil v. - V R 60/17 BStBl 2019 II S. 301

Politische Betätigung und Gemeinnützigkeit

Leitsatz

1. Wer politische Zwecke durch Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung verfolgt, erfüllt keinen gemeinnützigen Zweck i.S. von § 52 AO. Eine gemeinnützige Körperschaft darf sich in dieser Weise nur betätigen, wenn dies der Verfolgung eines der in § 52 Abs. 2 AO ausdrücklich genannten Zwecke dient.

2. Bei der Förderung der Volksbildung i.S. von § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO hat sich die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung auf bildungspolitische Fragestellungen zu beschränken.

3. Politische Bildung vollzieht sich in geistiger Offenheit. Sie ist nicht förderbar, wenn sie eingesetzt wird, um die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen.

4. Bei der Prüfung der Ausschließlichkeit der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweckverfolgung und der tatsächlichen Geschäftsführung nach §§ 56, 63 AO kann zwischen der Körperschaft als „Träger“ eines „Netzwerks“ und den Tätigkeiten des unter dem gleichen Namen auftretenden „Netzwerks“ zu unterscheiden sein. Dabei sind alle Umstände einschließlich des Internetauftritts der Körperschaft zu berücksichtigen.

5. Der Verzicht auf mündliche Verhandlung ist nicht frei widerrufbar. Auf einen Verzicht des beigetretenen BMF kommt es nicht an.

Gesetze: AO § 52 Abs. 2 Nr. 7, Nr. 8 und Nr. 24; AO § 56; AO § 63 Abs. 1;

Instanzenzug: , , ,

Tatbestand

I.

1 Der seit 2003 im Vereinsregister eingetragene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) verfolgte nach seiner im November 2010 geänderten Satzung folgende Ziele: „Förderung von Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Förderung des Schutzes der Umwelt und des Gemeinwesens, der Demokratie und der Solidarität unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung. Der Verein fördert die Völkerverständigung und den Frieden.“ Der Kläger ist nach seiner Satzung zudem „in Trägerschaft des Netzwerks“ A tätig.

2 Er befasste sich in den Streitjahren 2010 bis 2012 öffentlichkeitswirksam mit zahlreichen Themen. Hierzu gehörten die Finanz- und Wirtschaftskrise, die Besteuerung von Finanzmärkten, die Umverteilung von Reichtum, eine Finanztransaktionssteuer, Steuern gegen Armut, Spekulation mit Lebensmitteln, Blockupy, Regulierung der Finanzmärkte, Finanzmarkttagung Geld, Bankentribunal, Geschäftspraktiken von Banken, Wechsel der Hausbank („Krötenwanderung“), Arabischer Frühling, Aktionstag Banken, Krise des Euro und der Finanzmärkte, europaweiter Sozialabbau, Wege aus der Krisenfalle, Umverteilung (finanzieller Mittel), Regulierung der Finanzmärkte, feministische Ökonomie, Public Private Partnerships, Anti-Atom-Bewegung, Atomwirtschaft, unbedingtes Grundeinkommen, Klimaschutz, globale Klimagerechtigkeit sowie alternative Formen des Lebens und Wirtschaften.

3 Im Bereich von Steuerpolitik und öffentlichen Finanzen wandte sich der Kläger insbesondere mit seiner Kampagne „Sparpaket/ Finanztransaktionenssteuer/Umverteilen“ gegen Gesetzesvorschläge, die später zum Haushaltsbegleit- und Haushaltsgesetz 2011 führten. Die dort zur Haushaltskonsolidierung vorgesehenen Ausgabenkürzungen führten nach seiner Auffassung zu einer sozialen Schieflage. Hierzu entwickelte er in seinem Programm „Verteilen statt kürzen“ Gegenvorstellungen. Dabei verlangte er die Einführung einer Vermögensteuer, eine Reform der Erbschaftsteuer und das Austrocknen von Steueroasen. Armutsrisiken sollten minimiert und gesellschaftliche Polarisierung sollte verhindert werden. Der Kläger veranstaltete hierzu Konferenzen, Tagungen, Seminare, Workshops, Vorträge und stellte dabei Bildungsmaterialien zur Verfügung. Er wirkte bei der Organisation von Demonstrationen und symbolischen Bankenbesetzungen mit und wandte sich mit einem Online-Appell an die Bundeskanzlerin und einen Bundesminister. Im Rahmen der Themen „Steuerflucht bekämpfen“ und „Kein Freibrief für Steuerbürger“ befasste sich der Kläger mit der Steuerflucht in Steueroasen und den sich hieraus ergebenden Schäden für die öffentlichen Finanzen. Er setzte sich in der öffentlichen Diskussion gegen ein mit der Schweiz abzuschließendes Steuerabkommen ein und wandte sich zudem gegen eine Steueramnestie im Inland. Der Kläger befürwortete die Durchsetzung von nicht festgesetzten und dementsprechend auch nicht bezahlten Steueransprüchen.

4 Mit der Kampagne „H stoppen“ verfolgte der Kläger das Ziel, ökologische Nachhaltigkeit durch umweltfreundliche Textilproduktion mit wirtschaftlicher Nachhaltigkeit zu verbinden. Dabei ging es um das finanziell bedrohte Unternehmen U, das nach besonderen Umweltstandards hergestellte Kleidung vertrieb und von einem Finanzinvestor übernommen werden sollte. Der Kläger entwickelte hier ein alternatives Übernahmemodell in Form einer Genossenschaft. Er klärte über die generelle Funktionsweise von Investmentfonds und deren konkrete Auswirkungen auf die Ökologie auf. Er führte dabei auch eine Unterschriftensammlung durch und forderte von der Politik, Beteiligungsgesellschaften wie Investmentfonds nicht mehr steuerlich zu begünstigen.

5 Der Kläger nahm das Verkehrsprojekt „Stuttgart 21“ zum Anlass für einen Demokratie-Kongress, in dem er am Beispiel der Privatisierung der Deutschen Bahn zu den Umwelt- und Verkehrsfolgen eines geplanten Bahnhofs- und Innenstadtumbaus und die fehlende Verfahrenstransparenz bei der Vergabe öffentlicher Erschließungs- und Bauaufträge hinwies. Der Kläger informierte dabei über die Privatisierung öffentlichen Grundvermögens, über nicht veröffentlichte Erschließungs- und Bauverträge sowie Umwelt- und städtebauliche Auswirkungen. Er wählte dabei drastische Ausdrucksmittel.

6 Beim Thema „30-Stunden-Woche“ plädierte der Kläger für eine entsprechende Arbeitszeitbegrenzung für alle bei vollem Lohnausgleich für untere und mittlere Einkommen. Er stellte dieses Arbeitszeitmodell als Alternative zur bisherigen Normalarbeitszeit dar. Mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen als Teil der Daseinsvorsorge bezweckte der Kläger eine soziale Problemlösung gegen gesellschaftliche Verarmung, Langzeitarbeitslosigkeit, Kinderarmut und soziale Ausgrenzung wie auch eine Neubewertung unbezahlter häuslicher Arbeit. Im Bereich der feministischen Ökonomie befasste sich der Kläger mit Lohnungleichheiten und unbezahlter Arbeit.

7 Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) versagte dem Kläger in den Bescheiden vom über Körperschaftsteuer 2010, 2011 und 2012, über Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2010, 2011 und 2012, über gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum bis zum , über Gewerbesteuermessbeträge 2010, 2011 und 2012 sowie über gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum bis zum die Gemeinnützigkeit. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

8 Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt und bejahte die Gemeinnützigkeit im Hinblick auf die mit der Volksbildung verbundene politische Bildung und die Förderung des demokratischen Staatswesens. Bildungszwecke brauchten sich nicht auf theoretische Unterweisungen zu beschränken, sondern könnten durch Aufrufe zu konkreten Handlungen ergänzt und mit Forderungen verknüpft werden. Dabei seien alle Aktionsformate wie etwa Demonstrationen, Petitionen, Seminare oder öffentliche Veranstaltungen zulässig, sofern derartige Aktionen in einem Gesamtzusammenhang zu dem gemeinnützigen Zweck stünden. Die Einflussnahme auf die Tagespolitik könne der Vermittlung der Ziele der Körperschaft dienen. Die Maßnahmen und Aktionen müssten von einem inhaltlichen Anliegen getragen, in ein umfassendes Informationsangebot eingebettet sein und dazu dienen, sich Gehör zu verschaffen. Lediglich eine parteipolitisch motivierte Einflussnahme sei unzulässig. Im Streitfall habe der Kläger mit der Kampagne „Sparpaket/Finanztransaktionensteuer/Umverteilen“ neben dem Bildungszweck auch an das Sozialstaatsprinzip als Teil des demokratischen Staatswesens angeknüpft. Der Kläger habe mit konkreten steuerpolitischen Forderungen zur Einnahmeverbesserung des Gesamtstaats für die Allgemeinheit alternative Lösungsansätze zur Entlastung des Staatshaushalts vermittelt. Die Kritik an dem Gesetzesvorschlag der Bundesregierung sei in eine Analyse der Verteilungswirkung eingebettet und wissenschaftlich aufgearbeitet gewesen. Die Verbesserung der sozialen Balance durch Aufklärung zu wirtschafts- und finanzpolitischen Themen fördere die Allgemeinheit. Hierfür müsse kein Konsens über die Ausgestaltung des sozialen Gemeinwesens bestehen. Durch Äußerungen zur aktuellen Tagespolitik und Herausgreifen aktueller tagespolitischer Ereignisse habe der Kläger diese Themenbereiche nachvollziehbar und für die Allgemeinheit greifbar gemacht. Es sei ein sachlicher Bezug zu den Satzungszwecken der politischen Bildung und der allgemeinen Förderung des demokratischen Staatswesens gegeben. Aktionsformate wie Veranstaltungen mit Politikern, Demonstrationen und aktives Lobbying seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht zu beanstanden. Dies gelte ebenso für Online-Unterschriftenaktionen. Indem der Kläger bei der Kampagne „H stoppen“ mit einer modellhaften Konzeptentwicklung zur Weiterführung des Unternehmens in einer anderen Gesellschaftsform (Beteiligung der Beschäftigten in einer Genossenschaft) sowohl eine rechtliche als auch eine wirtschaftlich tragbare Alternative zu der gesellschaftlich umstrittenen Beteiligung ausländischer Investmentgesellschaften entwickelt und diese im Zusammenwirken mit anderen Akteuren in der Öffentlichkeit dargestellt habe, trage er zur Verwirklichung des Satzungszwecks der ökonomischen Bildung bei. Dem Kläger sei es weiter um das Aufzeigen unfairer Verteilungswirkungen sowie um die Information über negative Folgen von Schattenfinanzplätzen und schlechter Steuermoral für die Staatshaushalte und für die Stabilität der Finanzmärkte und damit um staatsbürgerlich-politische Ökonomiebildung gegangen. Zudem habe der Kläger den förderungswürdigen Zweck verfolgt, Geheimverträge im Zusammenhang mit „Stuttgart 21“ offenzulegen und damit die Baumaßnahme der demokratischen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterwerfen. Beim Thema „30-Stunden-Woche“ sei es dem Kläger darum gegangen, im Rahmen des Bildungsauftrags dieses Arbeitszeitmodell als Alternative zur bisherigen Normalarbeitszeit vorzustellen. Die Themen „bedingungsloses Grundeinkommen“ und „feministische Ökonomie“ seien vom Bildungszweck des Klägers umfasst. Neben Broschüren, Filmen und Vorträgen, Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen habe er auch kirchliche Organisationen und Kritiker einbezogen und zur ökonomischen Bildung beigetragen.

9 Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Es fehle bereits an der formellen Satzungsmäßigkeit. Erforderlich sei eine wörtliche Übernahme der Mustersatzung. Die in der Satzung des Klägers genannte Förderung der Demokratie genüge nicht. Die in der Satzung weiter genannte Förderung des Gemeinwesens sei im Katalog des § 52 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) ebenso wenig enthalten wie die Förderung der Solidarität. Dies gelte auch für die Förderung des Friedens. Das FG habe weiter zu Unrecht entschieden, dass der Klägerin in Bezug auf die Förderung der Volksbildung und des demokratischen Staatswesens die sich aus § 63 Abs. 1 AO ergebenden Anforderungen erfüllt habe. Die Abgrenzung zu den politischen Parteien und die Parteienfinanzierung müsse beachtet werden. Da sich die politische Bildung thematisch nicht beschränken lasse, könne der Kläger nach dem Urteil des FG an jeder politischen Debatte teilnehmen. Damit hebe es die Unterscheidung zwischen gemeinnütziger und politischer Betätigung auf. Die Kampagnenform spreche für eine politische Ausrichtung der tatsächlichen Geschäftsführung des Klägers. Die Vermittlung und Verbreitung eigener politischer Sichtweisen sei nicht geeignet, den Bildungsbegriff des Gemeinnützigkeitsrechts zu erfüllen. Eine nur einseitige, auf die Ansichten der Körperschaft beschränkte Darstellung und Vermittlung politischer Bildungsinhalte laufe Gefahr, die politische Wahrnehmungsfähigkeit des Einzelnen zu beeinträchtigen. Zu berücksichtigen sei auch der Internet-Auftritt des Klägers. Das Engagement für die Einführung einer Transaktionssteuer sei nicht gemeinnützig. Das FG habe auch den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt.

10 Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

11 Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12 Eine wörtliche Übernahme der Mustersatzung sei nicht erforderlich. Er habe mit seinen politischen Aktionen nur satzungsmäßige gemeinnützige Ziele verfolgt. Die Abgabenordnung verbiete es nicht, gemeinnützige Ziele mit politischen Mitteln und Aktionen zu verfolgen. Zahlreiche gemeinnützige Zwecke, wie z.B. die Förderung von Natur- und Umweltschutz, seien ausdrücklich politische Ziele. Das Gesetz kenne auch keine Abgrenzung zwischen der Verfolgung gemeinnütziger und politischer Zwecke, sondern lediglich eine Unterscheidung zwischen der Förderung gemeinnütziger Körperschaften und politischer Parteien. Die Förderung der politischen Bildung sei für den Kläger Tätigkeitsschwerpunkt. Ein Verfahrensmangel sei nicht gegeben.

13 Das dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) trägt vor, dass die in § 60 Abs. 1 AO vorgesehene Festschreibung der Satzungszwecke die Funktion eines Buchnachweises habe. Die in der Satzung vorgesehene Förderung des Gemeinwesens, der Demokratie und der Solidarität erfüllten nicht die Voraussetzungen der formellen Satzungsmäßigkeit. Die Förderung des demokratischen Staatswesens umfasse nicht die Förderung des Gemeinwesens. Allgemeinpolitische Tätigkeiten entsprächen nicht den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts. Das Verbot politischer Betätigung solle verhindern, dass die Begrenzungen, die für die Finanzierung von Parteien i.S. von § 2 des Gesetzes über die politischen Parteien (PartG) nach § 10b Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bestehen, unterwandert werden. Der Kläger habe bestimmte politische Ziele vor Augen gehabt. Auch die Offenlegung von Geheimverträgen sei ein politisches Ziel, kein Bildungsziel. Die Forderung nach einer 30-Stunden-Woche sei ebenso wie bei Gewerkschaften keine Tätigkeit im Rahmen eines Bildungsauftrags. Aus der Offenlegung der Argumentation sei entgegen dem FG-Urteil nicht auf das Fehlen einseitiger oder unkritischer Agitation zu schließen. Das FG-Urteil verstoße auch gegen § 56 AO. Eine parteipolitische Neutralität habe das FG nicht geprüft. Ungeprüft geblieben sei auch § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 AO. Tatsächlich habe der Kläger die Partei X gefördert. Zu prüfen gewesen wäre auch § 63 Abs. 1 AO.

14 Das BMF hat keinen Antrag gestellt.

Gründe

II.

15 Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat die Begriffe der Volksbildung in § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO und des demokratischen Staatswesens in § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO verkannt. Dem erkennenden Senat ist eine eigene abschließende Entscheidung verwehrt.

16 1. Wer politische Zwecke durch Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung verfolgt, erfüllt keinen gemeinnützigen Zweck i.S. von § 52 AO. Eine gemeinnützige Körperschaft darf sich in dieser Weise nur betätigen, wenn dies der Verfolgung eines der in § 52 Abs. 2 AO ausdrücklich genannten Zwecke dient.

17 a) Eine Körperschaft verfolgt gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. § 52 Abs. 2 AO legt fest, welche Zwecke unter den Voraussetzungen des Abs. 1 als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen sind. Hierzu gehört gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO auch die „allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens“, nicht aber auch die dort ausdrücklich ausgeschlossene Verfolgung von „Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art“.

18 b) Nach ständiger BFH-Rechtsprechung erfasst —unter Beachtung der sich aus § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO ergebenden Wertungen— die Förderung der Allgemeinheit nicht die Verfolgung politischer Zwecke. Daher darf weder ein „politischer Zweck als alleiniger und ausschließlicher oder als überwiegender Zweck in der Satzung einer Körperschaft festgelegt“ sein noch „die Vereinigung mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich oder überwiegend einen politischen Zweck verfolgen“ (, BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844, unter 3.b (2)). Die Tätigkeit der Körperschaft darf „weder unmittelbar noch allein auf das politische Geschehen und die staatliche Willensbildung gerichtet“ sein (, BFHE 155, 461, BStBl II 1989, 391, unter II.4.c). Unter Berücksichtigung der Definitionen des PartG gehören somit weder die Einflussnahme auf die „politische Willensbildung“ (§ 2 Abs. 1 PartG) noch die Einflussnahme auf die „Gestaltung der öffentlichen Meinung“ (§ 1 Abs. 2 PartG) zur Förderung der Allgemeinheit i.S. von § 52 AO. Ob eine derartige Einflussnahme unter den weiteren Voraussetzungen der Parteiendefinition in § 2 Abs. 1 PartG wie etwa der Beteiligung an Wahlen erfolgt, ist dabei unerheblich.

19 So ist selbst eine nur geringfügige allgemein-politische Betätigung eines Studentenverbandes nicht gemeinnützig (, Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1998, 1665). Ebenso sind der „Anspruch, umfassend zu allgemeinpolitischen Themen und Fragen Stellung zu nehmen“ und Forderungen wie „Weg mit Agenda 2010 und Hartz IV, Kein Abbau von Sozialleistungen, Gegen Arbeitszwang, Für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, Keine EU-Verfassung und Abschaffung der WTO“ mit der Steuerbegünstigung nach § 52 AO nicht zu vereinbaren (, EFG 2010, 1287; bestätigt durch , BFH/NV 2011, 1113).

20 c) Hiervon zu unterscheiden ist die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung zur Verfolgung der in § 52 Abs. 2 AO ausdrücklich genannten Zwecke. Der BFH hat in seiner ständigen Rechtsprechung anerkannt, dass es der Steuerbegünstigung nicht entgegensteht, wenn eine nach § 52 Abs. 2 AO begünstigte Tätigkeit „im Einzelfall zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist“ (BFH-Urteil in BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844, unter 3.b(2)).

21 Daher fördert eine Bürgerinitiative mit ihrer satzungsmäßigen Tätigkeit den Umweltschutz, wenn sie „der objektiven Meinungsbildung als Grundlage zur Lösung der mit einem Entsorgungsvorhaben zusammenhängenden Umweltprobleme und der daraus entstehenden Ziel- und Interessenkonflikte“ dient, wobei mögliche „politische Auswirkungen“ nicht entgegenstehen (BFH-Urteil in BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844, Leitsätze 3 und 4). Zur Förderung der Allgemeinheit gehört auch die kritische öffentliche Information und Diskussion, um ein nach § 52 Abs. 2 AO begünstigtes Anliegen der Öffentlichkeit und auch Politikern nahezubringen, wenn die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des steuerbegünstigten Zwecks in den Hintergrund tritt (BFH-Urteil in BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844, unter 6.). Eine Körperschaft fördert auch dann ausschließlich den Frieden, wenn sie gelegentlich zu tagespolitischen Themen im Rahmen ihres (steuerbegünstigten) Satzungszweckes Stellung nimmt; allerdings darf die Tagespolitik nicht im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit stehen, sondern muss der Vermittlung ihrer Ziele dienen (BFH-Urteil in BFHE 155, 461, BStBl II 1989, 391, Leitsatz 2). Der BFH hat auch in der Folgezeit daran festgehalten, dass die Grenzen der allgemeinpolitischen Betätigung einer steuerbegünstigten Körperschaft noch gewahrt sind, wenn die Beschäftigung mit politischen Vorgängen im Rahmen dessen liegt, was das Eintreten für die (steuerbegünstigten) satzungsmäßigen Ziele und deren Verwirklichung erfordert (, BFHE 257, 486, BStBl II 2017, 1110, Leitsatz 3 zur Unterstützung einer Volksinitiative zur „Rekommunalisierung“ von Energienetzen im Rahmen der Förderung des Umweltschutzes).

22 d) Soweit eine Körperschaft danach politische Zwecke gemeinnützig verfolgen kann, muss sie sich zudem „parteipolitisch neutral“ verhalten (BFH-Urteil in BFHE 257, 486, BStBl II 2017, 1110, Leitsatz 3). Dies ergibt sich bereits aus der Unterscheidung zwischen der Förderung gemeinnütziger Zwecke einerseits (z.B. § 10b Abs. 1, § 1a EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG) und der Förderung politischer Parteien andererseits (§ 10b Abs. 2 EStG). Parteien ist es verboten, Spenden von gemeinnützigen Körperschaften anzunehmen (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 PartG). Dementsprechend dürfen gemeinnützige Körperschaften ihre Mittel weder für die unmittelbare noch für die mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 AO).

23 2. Bei der Förderung der Volksbildung i.S. von § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO hat sich die Einflussnahme auf die politische Willlensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung auf bildungspolitische Fragestellungen zu beschränken. Politische Bildung vollzieht sich in geistiger Offenheit. Sie ist nicht förderbar, wenn sie eingesetzt wird, um die politische Willlensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen.

24 a) Zu den steuerbegünstigten Zwecken gehört gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO auch die Förderung von Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe. Die Volksbildung umfasst im Zusammenhang mit der Förderung des demokratischen Staatswesens in § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO auch die sog. politische Bildung. Voraussetzung ist hierfür, dass es der Körperschaft auf der Grundlage der Normen und Vorstellungen einer rechtsstaatlichen Demokratie um die Schaffung und Förderung politischer Wahrnehmungsfähigkeit und politischen Verantwortungsbewusstseins dem Grunde nach geht. Befasst sich eine Körperschaft umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien und würdigt sie diese objektiv und neutral, kann sie daher auch insoweit an tagespolitische Ereignisse anknüpfen (, BFHE 190, 338, BStBl II 2000, 200, Rz 23 f.).

25 b) Förderung politischer Bildung geschieht in Abgrenzung zur politischen Zweckverfolgung durch Einflussnahme auf politische Willensbildung und öffentliche Meinung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gehen politische Bildungsarbeit und allgemeine Werbetätigkeit der Parteien in der politischen Praxis ineinander über, so dass es verfassungsrechtlich nicht zulässig ist, Parteien Haushaltsmittel für politische Bildungsarbeit zur Verfügung zu stellen (, BVerfGE 20, 56, Rz 146). Weitergehend setzt die Vergabe öffentlicher Mittel zur Förderung politischer Bildungsarbeit unabhängige Institutionen voraus, die sich selbständig, eigenverantwortlich und in geistiger Offenheit dieser Aufgabe annehmen (, BVerfGE 73, 1, Rz 107). Es ist hier zwischen der offenen Diskussion politischer Fragen einerseits und der Beeinflussung des Staatswillens durch die Einflussnahme auf die Beschlüsse von Parlament und Regierung andererseits zu unterscheiden (BVerfG-Urteil in BVerfGE 73, 1, Rz 112 f.).

26 Dies ist nicht nur bei der unmittelbaren Zuweisung von Haushaltsmitteln zu beachten, sondern auch bei der steuerrechtlichen Förderung gemeinnütziger Körperschaften durch Steuerbegünstigung und im Rahmen der steuerrechtlichen Berücksichtigung von Spenden (s. oben II.1.d).

27 c) Danach zielt die politische Bildung i.S. von § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO auf die Schaffung und Förderung politischer Wahrnehmungsfähigkeit und politischen Verantwortungsbewusstseins sowie auf die Diskussion politischer Fragen „in geistiger Offenheit“. Es beeinträchtigt die Gemeinnützigkeit nicht, wenn auch Lösungsvorschläge für Problemfelder der Tagespolitik erarbeitet werden, wie es z.B. auf die politischen (parteinahen) Stiftungen zutreffen kann, deren Finanzierung Gegenstand des BVerfG-Urteils in BVerfGE 73, 1 war. Der Bereich der nach § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO steuerbegünstigten politischen Bildung wird aber überschritten, wenn so entwickelte Ergebnisse durch Einflussnahme auf politische Willensbildung und öffentliche Meinung mittels weiterer Maßnahmen durchgesetzt werden sollen.

28 Der Begriff der politischen Bildung umfasst auf der Grundlage von § 52 Abs. 2 Nr. 7 und Nr. 24 AO keinen eigenständigen steuerbegünstigten Zweck der Einflussnahme auf die politische Willensbildung und auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung in beliebigen Politikbereichen im Sinne eines „allgemeinpolitischen Mandats“. Betätigungen politischer Art wären dann nicht mehr beschränkt auf die Förderung spezifischer steuerbegünstigter Zwecke (s. oben II.1.c). Damit würde gegen die gesetzgeberische Grundentscheidung verstoßen, nach der eine eigenständige Verfolgung politischer Zwecke nicht zur Förderung der Allgemeinheit i.S. von § 52 AO gehört (s. oben II.1.b). Hierfür fehlt es unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung (vgl. § 3 Abs. 1 AO) an einer Grundlage im geltenden Recht.

29 Somit kann auch eine Körperschaft, die eine Anzeigenkampagne durchführt, mit der an das allgemeine Erfordernis der Einhaltung von Wahlversprechen erinnert wird, die politische Bildung dem Grunde nach noch fördern (BFH-Urteil in BFHE 190, 338, BStBl II 2000, 200). Nicht vereinbar mit § 52 Abs. 2 Nr. 7 und Nr. 24 AO ist es demgegenüber, im Rahmen von Volksbildung und politischer Bildung konkrete politische Forderungen zur Durchsetzung von Wahlversprechen (z.B. „keine Steuererhöhung“) zu erheben. Geht es vorrangig um die Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung zur Durchsetzung der eigenen Auffassung, nicht aber um die Vermittlung von Kenntnissen oder Fähigkeiten bei —im weitesten Sinne— auszubildenden Personen, fehlt der erforderliche Bildungscharakter.

30 3. Danach ist die Vorentscheidung aufzuheben.

31 a) Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Förderung der von der Volksbildung mitumfassten politischen Bildung dazu berechtigt, zu konkreten Handlungen aufzurufen und Forderungen zu tagespolitischen Fragen zu erheben. Damit verstößt das Urteil des FG gegen § 52 Abs. 2 Nr. 7 und Nr. 24 AO. Es hat die Entscheidung des Gesetzgebers, die Einflussnahme „auf die politische Willensbildung“ durch „Gestaltung der öffentlichen Meinung“ nicht als eigenständige Förderung die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet i.S. von § 52 AO anzusehen (s. oben II.1.b), völlig außer Betracht gelassen und stattdessen die Begriffe „Volksbildung“ und „demokratisches Staatswesen“ zu weit ausgelegt. Es hat damit die Maßstäbe verkannt, die im Hinblick auf die erforderliche Abgrenzung zu politischen Betätigungen einzuhalten sind. Gestattet es die Förderung der politischen Bildung nicht, Einfluss auf die politische Willensbildung und auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung zu nehmen, ist es nicht möglich, der eigenen —im Rahmen der steuerbegünstigten politischen Bildung entwickelten— Auffassung in beliebig anmutenden Politikbereichen zusätzlich auch noch „Gehör zu verschaffen“, um diese im Rahmen der Gemeinnützigkeit nach § 52 AO durchzusetzen. Zudem ist es rechtsfehlerhaft, aus dem Verbot einer parteipolitischen Bestätigung (s. oben II.1.d) auf die Zulässigkeit anderer politischer Betätigungen zu schließen.

32 b) Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) ging es dem Kläger insbesondere bei der Kampagne „Sparpaket/Finanztransaktionensteuer/Umverteilen“, dem Programm „Verteilen statt kürzen“, bei der Entwicklung und Werbung für ein alternatives Übernahmemodell zugunsten eines finanziell bedrohten Unternehmens der Textilbranche in Form einer Genossenschaft, bei den Themenschwerpunkten „Steuerflucht bekämpfen“, „kein Freibrief für Steuerbürger“ und bei dem Thema Steuerflucht während der „kritischen Phase“ eines geplanten Steuerabkommens mit der Schweiz ebenso wie bei der Kampagne „Demokratie statt Stuttgart 21“, bei dem Plädoyer nach einer 30-Stunden-Woche für alle bei vollem Lohnausgleich für untere und mittlere Einkommen und bei den Themen „bedingungsloses Grundeinkommen“ oder „feministische Ökonomie“ im Schwerpunkt nicht um die Vermittlung von Bildungsinhalten zu diesen Themen, sondern um eine öffentlichkeitswirksame Darstellung und Durchsetzung eigener Vorstellungen zu tagespolitischen Themen und damit um die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und auf die öffentliche Meinung.

33 Denn der Kläger entwickelte hier Gegenvorstellungen, erhob konkrete steuerpolitische Forderungen zur Einnahmeverbesserung des Gesamtstaats, übte Kritik an dem Gesetzesvorschlag der Bundesregierung, wandte sich mit einem Online-Appell an die Bundeskanzlerin und einen Bundesminister, erhob politische Forderungen zum Thema Steuerflucht während der „kritischen Phase“ eines geplanten Steuerabkommens mit der Schweiz, veranstaltete Unterschriftensammlungen und forderte „die Politik“ auf, Beteiligungsgesellschaften wie Investmentfonds nicht mehr steuerlich zu begünstigen und wollte „Maßnahmen“ der demokratischen Kontrolle der Öffentlichkeit unterwerfen. Mit dieser Einflussnahme auf die politische Willensbildung und auf die öffentliche Meinung liegt ein Handeln außerhalb steuerbegünstigter Satzungszwecke vor, da diese Tätigkeiten keinerlei Bezug zur Bildungspolitik i.S. von § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO aufwiesen.

34 c) Eine Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke ergibt sich auch nicht aus einem Zusammenhang mit der Förderung des demokratischen Staatswesens in § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO und einer sich hieraus abgeleiteten erweiterten Zweckverfolgung im Bereich der politischen Bildung. Denn zur Förderung der politischen Bildung kommt eine Einflussnahme auf die politische Willensbildung in frei gewählten Politikbereichen bereits dem Grunde nach nicht in Betracht (s. oben II.2.c). Zudem schließt § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO die Verfolgung von „Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art“ ausdrücklich von der Steuerbegünstigung aus. Schließlich kommt bei Maßnahmen zur demokratischen Kontrolle von Bahnprojekten auch nicht die Förderung des Umweltschutzes nach § 52 Abs. 2 Nr. 8 AO in Betracht.

35 4. Die Sache ist nicht spruchreif und daher an das FG zurückzuverweisen.

36 Ausgehend von seiner rechtsfehlerhaften Auslegung des § 52 AO hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger i.S. von § 56 AO nur seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt hat und ob seine tatsächliche Geschäftsführung gemäß § 63 Abs. 1 AO auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung seiner steuerbegünstigten Zwecke gerichtet war. Obwohl beides zweifelhaft sein dürfte, ist dem erkennenden Senat hierzu eine eigene Entscheidung verwehrt. Dabei wird das FG insbesondere zu berücksichtigen haben, dass zwischen dem Kläger als „Träger“ eines „Netzwerks“ und den Tätigkeiten des unter dem gleichen Namen auftretenden „Netzwerks“, die ihm u.U. nicht zuzurechnen sind, zu unterscheiden sein könnte (vgl. hierzu allgemein Leisner-Egensperger, Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 63 AO Rz 9 f. und Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 63 AO Rz 5). Insoweit ist vorrangig auf das Handeln und die Kenntnisse der Vereinsorgane und der von ihnen beauftragten Personen abzustellen. Dabei wird das FG bei seiner Entscheidung aber auch die Selbstdarstellung des Klägers auf seiner Internetseite (vgl. hierzu allgemein BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 1113) und damit z.B. die vom Kläger in den Streitjahren (dort) veröffentlichten Pressemitteilungen, mit denen der Kläger politische Forderungen erhoben oder sich zu eigen gemacht haben könnte, zu berücksichtigen haben.

37 Auf die Verfahrensrüge kommt es somit nicht mehr an.

38 5. Der erkennende Senat entscheidet durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 i.V.m. § 121 FGO). Der Kläger hat auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Diesen Verzicht hat auch das FA erklärt. Dass das FA im Nachgang zu seinem Verzicht diesen widerrufen hat, da der Verzicht „versehentlich“ erklärt worden sei, ist ohne Bedeutung, da der Verzicht als Prozesshandlung weder wegen Irrtums anfechtbar noch frei widerrufbar ist (vgl. , BFHE 90, 82, BStBl III 1967, 794; vom IV R 131/69, BFHE 101, 61, BStBl II 1971, 241; vom V R 161/72, BFHE 112, 316, BStBl II 1974, 532; BFH-Beschlüsse vom III R 101/87, BFH/NV 1991, 402, und vom VI B 115/15, BFH/NV 2016, 1482). Zudem können aufgrund der prozessgestaltenden Wirkung wie auch im Interesse einer eindeutigen und klaren prozessrechtlichen Lage offenbare, insbesondere auf einem Verschreiben oder sonstigem Versehen beruhende Irrtümer nur richtiggestellt werden, wenn sie —woran es vorliegend fehlt— dem Empfänger der Erklärung bekannt oder zumindest erkennbar waren (, BFHE 246, 7, BStBl II 2014, 982). Unbeachtlich ist, dass das beigeladene BMF keinen Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt hat, da ihm keine weitergehenden Rechte als den Verfahrensbeteiligten zustehen (, BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969).

39 6. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2019:U.100119.VR60.17.0

Fundstelle(n):
BStBl 2019 II Seite 301
AO-StB 2019 S. 109 Nr. 4
BB 2019 S. 2661 Nr. 45
BB 2019 S. 533 Nr. 10
BB 2019 S. 738 Nr. 13
BFH/NV 2019 S. 309 Nr. 4
BFH/PR 2019 S. 111 Nr. 5
BStBl II 2019 S. 301 Nr. 9
DB 2019 S. 15 Nr. 9
DB 2019 S. 645 Nr. 12
DB 2019 S. 7 Nr. 9
DStR 2019 S. 439 Nr. 9
DStRE 2019 S. 399 Nr. 6
DStZ 2019 S. 216 Nr. 7
ErbStB 2019 S. 133 Nr. 5
GStB 2019 S. 17 Nr. 5
HFR 2019 S. 250 Nr. 4
KÖSDI 2019 S. 21176 Nr. 4
NJW 2019 S. 877 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 10/2019 S. 620
StuB-Bilanzreport Nr. 6/2019 S. 252
RAAAH-08485