BFH Beschluss v. - VIII R 41/09

Aufforderung des BMF zum Beitritt in dem Revisionsverfahren in dem der Zeitpunkt der Besteuerung von zurückbehaltenen Forderungen bei Einbringung streitig ist

Leitsatz

Aufforderung des BMF zum Beitritt im Revisionsverfahren, in dem streitig ist, ob die bei der Einbringung einer freiberuflichen Praxis in eine Sozietät zurückbehaltenen Honorarforderungen erfolgswirksam im Rahmen der Übergangsbesteuerung oder als (fingierte) Privatentnahme oder erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses zu erfassen sind.

Gesetze: EStG § 4 Abs. 3, FGO § 122 Abs. 2 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Streitig ist, ob die bei der Einbringung einer freiberuflichen Praxis in eine Sozietät zurückbehaltenen Honorarforderungen erfolgswirksam im Rahmen der Übergangsbesteuerung oder als (fingierte) Privatentnahme oder erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses zu erfassen sind.

2 Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Steuerberater. Er führte zunächst eine Einzelpraxis. Im Rahmen dieser Tätigkeit ermittelte er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

3 Im Jahr 1996 vereinbarte er mit weiteren Steuerberatern die Gründung einer Sozietät in Form einer GbR. Der Kläger verpflichtete sich, zum seine bisherige Praxis unter Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven in die Sozietät einzubringen. Forderungen und Verbindlichkeiten, die bis zum entstanden waren, waren von der Einbringungsverpflichtung ausgenommen.

4 Im Rahmen einer Außenprüfung beim Kläger kam der Außenprüfer zu dem Ergebnis, dass die Zahlungseingänge der Jahre 1997 bis 1999 auf die Altforderungen des Klägers ebenso gewinnerhöhend zu berücksichtigen seien wie die am noch ausstehenden Forderungsbeträge. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) änderte den Feststellungsbescheid des Klägers für 1997 entsprechend.

5 Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage war teilweise erfolgreich (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1915). Das Finanzgericht war der Auffassung, dass der Kläger seine am offenen Honorarforderungen nicht in die Sozietät eingebracht habe. Diese seien vielmehr Bestandteil seines Restbetriebsvermögens geworden. Den Gewinn dieses Restbetriebsvermögens könne der Kläger nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Folglich seien die Forderungen erst bei tatsächlichem Zahlungseingang gewinnwirksam zu erfassen.

6 Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

7 Nach Auffassung des FA kommt es für die Ermittlung des Überleitungsgewinns nicht darauf an, ob der Einbringende seine Forderungen mit einbringt, im Restbetriebsvermögen belassen oder sie ins Privatvermögen übernehmen will. Der Gewinn aus diesen Forderungen realisiere sich in allen Fallgestaltungen spätestens im Zeitpunkt der Einbringung.

8 II. Der Senat hält es für sachdienlich, das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zum Beitritt aufzufordern (§ 122 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung).

9 Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat bereits entschieden, dass Forderungen, die im Rahmen einer Praxiseinbringung zurückbehalten werden, nicht zwangsläufig in das Privatvermögen des Einbringenden übergehen (, BFH/NV 2008, 385). Erklärt der Steuerpflichtige nicht ausdrücklich eine Entnahme der zurückbehaltenen betrieblich begründeten Forderungen ins Privatvermögen, kann er diese auch ohne Betrieb als Restbetriebsvermögen behandeln und schrittweise einziehen (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 385). Der erkennende Senat hat zu entscheiden, ob er sich dieser Rechtsprechung anschließt und ob der Einbringende seine Forderungen ggf. in einem bestimmten Abwicklungszeitraum einziehen muss (offengelassen im BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 385).

10 Da das in BFH/NV 2008, 385 abgedruckte BFH-Urteil nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht ist und deshalb von der Finanzverwaltung nicht angewendet wird und zudem möglicherweise der Auffassung des BMF entgegensteht (Schreiben zur Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom IV C 2-S 1978-b/08/10001/2011/ 0903665, BStBl I 2011, 1314, Rz 20.08, 24.03), besteht für die Steuerrechtspraxis eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Vor diesem Hintergrund hält der Senat es für sachdienlich, das BMF an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 1648 Nr. 10
DStR 2012 S. 1745 Nr. 35
DStRE 2012 S. 1229 Nr. 19
EStB 2012 S. 371 Nr. 10
KÖSDI 2012 S. 18081 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 37/2012 S. 2984
StBW 2012 S. 871 Nr. 19
StuB-Bilanzreport Nr. 18/2012 S. 721
Ubg 2012 S. 636 Nr. 9
AAAAE-16030