OFD Frankfurt am Main - InvZ 1475 A

Rückforderung von Investitionszulagen

1. Verzinsung des Rückforderungsantrags nach § 8 InvZulG 1996 bzw. § 7 InvZulG 1999

Ist der Investitionszulagenbescheid aufgehoben oder zuungunsten des Anspruchsberechtigten geändert worden, ist der Rückzahlungsbetrag nach § 8 InvZulG 1996 bzw. § 7 InvZulG 1999 i.V.m. § 238 AO zu verzinsen (vgl. Tz. 97 des BStBl. 1991 I S. 768 - ESt-Kartei InvZulG Karte 1, Tz. 186 des BStBl. 2001 I S. 379 - ESt-Kartei InvZulG Karte 52). Der Grund für die Aufhebung oder Änderung des Bescheids über Investitionszulage ist für das Entstehen des Zinsanspruchs nicht von Bedeutung. Eine Zinsfestsetzung hat daher auch dann zu erfolgen, wenn die ungerechtfertigte Auszahlung der Investitionszulage auf einem Fehler des Finanzamts beruhte.

Die Zinsen betragen gemäß § 238 AO für jeden vollen Monat 0,5 v. H. des auf volle fünfzig Euro abgerundeten Rückzahlungsbetrags. Die Zinsen sind auf volle Euro-Beträge abzurunden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KBV). Zinsbeträge unter 10 Euro werden nicht festgesetzt (§ 239 Abs. 2 AO). Für die Ermittlung des Zinslaufs werden nur volle Monate (einschließlich Samstag, Sonntag und gesetzliche Feiertage) einbezogen.

Der Beginn des Zinslaufs ist vom Rechtsgrund für die Aufhebung oder Änderung des Investitionszulagenbescheids abhängig.

Hat der Investitionszulagenanspruch von Beginn an nicht oder nicht in der festgesetzten Höhe bestanden, beginnt der Zinslauf am Tag der Auszahlung der Investitionszulage (§ 8 Satz 1 Halbsatz 1 InvZulG 1996 bzw. § 7 Satz 1 Halbsatz 1 InvZulG 1999; vgl. Bespiel 1).

Hat der Anspruch zunächst zu Recht in der festgesetzten Höhe bestanden und fällt er infolge des Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO weg (z. B. Verletzung der Zugehörigkeits-, Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzung), beginnt der Zinslauf mit dem Tag des Eintritts der Ereignisses (§ 8 Satz 1 Halbsatz 2 InvZulg 1996 bzw. § 7 Satz 1 Halbsatz 2 InvZulG 1999; vgl. Beispiel 2). Da dieser Zeitpunkt nicht in allen Fällen tagegenau bestimmt werden kann (z. B. Übersteigen der 10 v.H.-Grenze bei der Privatnutzung), ist gegebenenfalls eine Schätzung erforderlich.

Der Zinslauf endet grundsätzlich mit Ablauf des Fälligkeitstages des Rückfoderungsanspruchs, der im Aufhebungs- bzw. Änderungsbescheid bezeichnet ist. In aller Regel ist für die Rückzahlung der Investitionszulage eine Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Aufhebungs- oder Änderungsbescheids zu bestimmen, die in die Berechnung der Zinsen einzubeziehen ist (vgl. Tz. 97 Satz 1 des ; a.a.O.; Tz. 186 Satz 1 des a.a.O.). Entrichtet der Steuerpflichtige den Rückforderungsbetrag bereits vor Ablauf des Fälligkeitstages, endet der Zinslauf mit dem Tag der Zahlung. Wird der Rückforderungsbetrag nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages beglichen, entstehen insoweit keine Zinsen, sondern sind Säumniszuschläge i.S. des § 240 AO bewirkt (Tz. 98 Satz 1 des a.a.O., Tz. 187 Satz 1 des a.a.O.).

Die Festsetzungsfrist für die Zinsfestsetzung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Bescheid aufgehoben oder geändert worden ist (§ 8 Satz 2 InvZulG 1996 bzw. § 7 Satz 2 InvZulG 1999).

Bei einer Änderung des Investitionszulagenbescheids zugunsten des Anspruchsberechtigten sind keine Erstattungszinsen festzusetzen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Änderung auf einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung beruht. In diesem Fall ist die auszuzahlende Investitionszulage nach § 236 AO zu verzinsen (Prozesszinsen; vgl. Tz. 98 Satz 4 des a.a.O.; Tz. 187 Satz 4 des a.a.O.).

Für die Zinsfestsetzung nach § 8 InvZulG 1996 steht derzeit der Vordruck ,,Bescheid über die Aufhebung/Geänderte Festsetzung der Investitionszulage'' IZ 3 (Vordruck-Lg.Nr. 333i) - zur Verfügung. Für die Festsetzung von Zinsen nach § 7 InvZulG 1999 sind die Vordrucke ,,Bescheid über die Aufhebung bzw. Änderung des Bescheids über eine Investitionszulage nach


Tabelle in neuem Fenster öffnen

 -   § 2 InvZulG 1999''            - IZ 3 B (Vordruck-Lg.Nr. 333m),
 -   § 3 InvZulG 1999''            - IZ 3 M (Vordruck-Lg.Nr. 333n) und
 -   § 4 InvZulG 1999''            - IZ 3 W (Vordruck-Lg.Nr. 333o)
 

zu verwenden.

Beispiel 1:

Das Finanzamt zahlt am (Mittwoch) an den Anspruchsberechtigten eine Investitionszulage i.H. von 40.000 DM für die Anschaffung eines Fahrzeugs aus. Später wird festgestellt, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Personenkraftwagen handelt, der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 nicht begünstigt ist. Der Aufhebungsbescheid wird am (Montag) zur Post gegeben, in dem für die Rückzahlung der Investitionszulage eine Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Aufhebungsbescheids bestimmt ist.

Der Zinslauf beginnt am Tag der Auszahlung der Investitionszulage, da die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Investitionszulage mangels eines begünstigten Wirtschaftsgut i.S. des § 2 InvZulG 1999 von Anfang an nicht vorlagen. Er endet mit Ablauf des Fälligkeitstages des Rückforderungsanspruchs.


Tabelle in neuem Fenster öffnen

 Beginn des Zinslaufs:                                         
 Ende des Zinslaufs:             Bekanntgabe des Aufhebungs-
                                 bescheids:
                                 Aufgabe zur Post              
                                 3 Tage Bekanntgabefiktion
                                 § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO         
 
                                 + 1 Monat Zahlungsfrist
                                 (= Fälligkeitstag)            
 
                                 Da der Fälligkeitstag auf
                                 einen Sonntag fällt, tritt
                                 die Fälligkeit erst am
                                 nächsten Werktag ein (§ 108
                                 Abs. 3 AO).                   
                                                                (Montag)
 
 Zinslauf:                        -  =
                                 4 volle Monate
 Berechnung der Zinsen:          4 Monate x 0,5 v.H. = 2 v.H.
                                 2 v.H. x 20.450 Euro = 409 Euro
 

Erfolgt die Zahlung des Rückforderungsbetrags vor Ablauf des Fälligkeitstages, muss der Zinsbescheid ggf. entsprechend geändert werden.

Beispiel 2:

Das Finanzamt zahlt am (Montag) an den Anspruchsberechtigten eine Investitionszulage i.H. von 20.000 DM für die Anschaffung einer nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 InvZulG 1999 begünstigten Maschine aus. Die Maschine wird am (Mittwoch) an einen Unternehmer aus Schweden veräußert. Der Aufhebungsbescheid wird am (Donnerstag) zur Post gegeben, in dem für die Rückzahlung der Investitionszulage eine Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Aufhebungsbescheids bestimmt ist.

Die Veräußerung der Maschine an den Unternehmer aus Schweden führt zu einer Veräußerung der Zugehörigkeits- und der Verbleibensvoraussetzung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 InvZulG 1999 und stellt somit für die Investitionszulagenfestsetzung 1999 ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 175 Abs. 2 AO dar. Der Zinslauf beginnt somit nicht am Tag der Auszahlung der Investitionszulage, sondern erst mit dem Tag des Eintritts des rückwirkenden Ereignisses am . Er endet mit Ablauf des Fälligkeitstages des Rückforderungsanspruchs.


Tabelle in neuem Fenster öffnen

 Beginn des Zinslaufs:                                
 
 Ende des Zinslaufs:    Bekanntgabe des Aufhebungs-
                                 bescheids:
                                 Aufgabe zur Post              
                                 3 Tage Bekanntgabefiktion
                                 § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO         
                                                                (Sonntag)
 
                                 Obwohl der Bekanntgabezeit-
                                 punkt auf einen Sonntag fällt,
                                 wird dieser nicht zeitlich
                                 auf den nächsten Werktag
                                 verlegt. § 108 Abs. 3 AO gilt
                                 insoweit nicht.
 
                                 + 1 Monat Zahlungsfrist
                                 (= Fälligkeitstag)            
 Zinslauf:               -  =
                                 2 volle Monate
 
 Berechnung der Zinsen: 2 Monate x 0,5 v.H. = 1 v.H.
                                 1 v.H. x 10.200 Euro = 102 Euro
 

Erfolgt die Zahlung des Rückforderungsbetrags vor Ablauf des Fälligkeitstages, muss der Zinsbescheid ggf. entsprechend geändert werden.

2. Rückforderung von Investitionszulagen aufgrund einer Rückforderungsentscheidung der Europäischen Kommission

Nach bisher vorliegenden Einzelfallentscheidungen der Europäischen Kommission ist die Investitionszulage nach dem InvZulG eine Beihilfe i.S. des Art. 88 Abs. 2 des Gesetzes zum Vertrag von Amsterdam (EG-Gesetz - BGBl. 1998 II S. 386 - auszugsweise als Anlage beigefügt).

Gemäß Art. 88 Abs. 2 des EG-Gesetzes kann die Europäische Kommission von einem Mitgliedstaat verlangen, dass aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen im Falle der Unvereinbarkeit oder des Missbrauchs des europäischen Wettbewerbsrechts zurückgefordert werden. Näheres dazu ist in Art. 89 des EG-Gesetzes i.V.m. Art. 14 und 15 der EG-Verordnung Nr. 659/1999 (EG-VO - Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, 42. Jahrgang, - als Anlage beigefügt) geregelt.

Aufgrund eines derartigen Beschlusses der Europäischen Kommission vom musste beispielsweise die Investitionszulage von 8 v.H. i.S. des § 3 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1996 für vor dem begonnene und nach dem abgeschlossene Investitionen zurückgefordert werden (vgl. BStBl. 1997 I S. 1028 - Tz. II der ESt-Kartei InvZulG Karte 9).

Das Rückforderungsverfahren für die Investitionszulage regelt sich gemäß Art. 14 Abs. 3 EG-VO grundsätzlich nach den nationalen Vorschriften, d.h. nach § 7 InvZulG 1996 und § 6 InvZulG 1999. Nicht anwendbar sind jedoch die Vorschriften zur Festsetzungsverjährung und zur Zinsfestsetzung. Hier gelten die in Art. 15 Abs. 1 EG-VO und Art. 14 Abs. 2 EG-VO dargestellten Grundsätze.

Nach Art. 15 Abs. 1 EG-VO erstreckt sich die Befugnis der Kommission zur Rückforderung über einen Zeitraum von zehn Jahren. Hat die europäische Kommission über die Rückforderung - rechtzeitig - entschieden (Negativentscheidung), ist die Investitionszulage gemäß Art. 87 und 88 des EG-Gesetzes i.V.m. Art. 14 und Art. 15 EG-VO durch das Finanzamt zurückzufordern. Die Rückforderungsfrist beginnt dabei mit dem Tag, an dem die Beihilfe gewährt wurde, d.h. mit dem Tag der Bekanntgabe des Investitionszulagenbescheids (§ 187 Abs. 2 BGB). Sie endet mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht (§ 188 Abs. 2 Alternative 2 BGB). Jede Maßnahme, die die Kommission oder ein Mitgliedstaat auf Antrag der Kommission bezüglich der (rechtswidrigen) Beihilfe ergreift, erfüllt einen Fristunterbrechungstatbestand. Nach jeder Unterbrechung läuft gemäß Art. 15 Abs. 2 EG-VO die zehnjährige Frist von neuem an. Die Frist wird ausgesetzt, solange die Rückforderungsentscheidung der Kommission vor dem Gerichtshof der EU verhandelt wird (Art. 15 Abs. 2 EG-VO). Die Aussetzung stellt dabei keinen Fristunterbrechungstatbestand dar.

Die zurückgeforderte Beihilfe ist nach Art. 14 Abs. 2 EG-VO zu verzinsen. Der Zinssatz wird von der Kommission bestimmt. Der Zinslauf beginnt, sobald dem Empfänger die Investitionszulage zur Verfügung stand, und endet bei tatsächlicher Rückzahlung der Investitionszulage. Somit werden die Zinsen tagegenau berechnet.

Der Steuerpflichtige kann - angesichts der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - grundsätzlich eine Rückforderung der Investitionszulage aufgrund einer Rückforderungsentscheidung der Europäischen Kommission nicht mit den Argumenten des Vertrauensschutzes (wie Fristablauf, Grundsatz von Treu und Glauben, Wegfall der Bereicherung) anfechten.

OFD Frankfurt am Main v. - InvZ 1475 A

Fundstelle(n):
NWB EN 768/2002
QAAAA-88171