Online-Nachricht - Donnerstag, 03.03.2022

Einkommensteuer | Berücksichtigung von Zahlungen zur Wiederauffüllung einer Rentenanwartschaft (BFH)

Leistet der Steuerpflichtige nach der Scheidung eine Zahlung, mit der er seine infolge des Versorgungsausgleichs geminderte Rentenanwartschaft wiederauffüllt, um den Zufluss seiner Alterseinkünfte in ungeschmälerter Höhe zu sichern, so handelt es sich ihrer Rechtsnatur nach um vorweggenommene Werbungskosten. Die Wiederauffüllungszahlung kann jedoch nur als Sonderausgabe abgezogen werden, wenn sie als Beitrag i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anzusehen ist (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Zahlungen zur "Wiederauffüllung" einer Rentenanwartschaft.

Hierzu führten die Richter das BFH weiter aus:

  • Leistet der Steuerpflichtige nach der Scheidung eine Zahlung, mit der er seine infolge des Versorgungsausgleichs geminderte Rentenanwartschaft wiederauffüllt, um den Zufluss seiner Alterseinkünfte in ungeschmälerter Höhe zu sichern, so handelt es sich ihrer Rechtsnatur nach um vorweggenommene Werbungskosten.

  • Die Wiederauffüllungszahlung kann jedoch nur als Sonderausgabe abgezogen werden, wenn sie als Beitrag i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anzusehen ist.

  • Unabhängig von der Verwendung des Beitragsbegriffs im Recht des jeweiligen Versorgungssystems ist bei der Frage, ob eine Zahlung in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG fällt, stets die einkommensteuerrechtliche Qualifizierung entscheidend.

  • Im Hinblick auf (spätere) Leibrenten und andere Leistungen, die von einer Einrichtung der Basisversorgung erbracht werden, unterscheidet das EStG ausschließlich zwischen der Ebene der Beiträge (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) und der Ebene der Leistungen (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). Daher stellt jede im jeweiligen Versorgungssystem vorgesehene Geldleistung des Steuerpflichtigen, die an eine in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG genannte Einrichtung für Zwecke der Basisversorgung erbracht wird, einen Beitrag im Sinne dieser Vorschrift dar.

Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter im X. Senat des BFH:

Zwar haben Zahlungen zur Vermeidung von Kürzungen der Altersrente, soweit sie die sog. Basisversorgung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG betreffen, zur Folge, dass die sonstigen Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG in der Zukunft höher ausfallen. Folglich scheint es offensichtlich, dass solche Ausgaben als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften zu qualifizieren sind.

Allerdings hat der Gesetzgeber im sog. Alterseinkünftegesetz mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2005 diese Aufwendungen den Sonderausgaben in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zugeordnet (vgl. bestätigend nur , BStBl II 2017, 773, Rz 33, m.w.N.). Folglich sind die nach § 10 Abs. 3 EStG für den jeweiligen Veranlagungszeitraum relevanten Höchstbeträge zu beachten. In den meisten Fällen ist deshalb eine Streckung dieser Beiträge über mehrere Veranlagungszeiträume ratsam.

Um Beiträge handelt es sich dabei regelmäßig, wenn die Zahlungen an die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a. EStG genannten Rentenversicherungsträger, also auch an eine berufsständische Versorgungseinrichtung, erfolgen. Entscheidend ist allein die einkommensteuerrechtliche Qualifikation, die ausschließlich zwischen der Ebene der Beiträge und der Ebene der Leistungen unterscheidet. Werden vorliegend die später zu zahlenden Leistungen ausgeglichen, handelt es sich deshalb, unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung, um Beiträge. Davon zu unterscheiden sind Abfindungszahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs an den jeweiligen Ausgleichsberechtigten. Seit dem VZ 2015 ist insoweit § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG zu beachten.

Kommt es aufgrund der Zahlungen zu einer doppelten Besteuerung der Alterseinkünfte, kann diese erst in den Veranlagungszeiträumen gerügt werden, in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden (so schon , BStBl II 2010, 348, Rz 97; vgl. auch , HFR 2016, 829, Rz 61 und Rz 82).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB DAAAI-05497