BFH Beschluss v. - II B 108/17

Zur Verfassungswidrigkeitsrüge des ErbStG, der uneingeschränkten verfassungsprozessualen Bindungswirkung des § 31 BVerfGG und zu diversen Verfahrensmängeln im NZB-Verfahren

Leitsatz

1. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG 2009 (hier: wegen Ungleichbehandlung von Mieteigentum und Betriebsvermögen gem. §§ 13a, 13b ErbStG) ist wegen der Unvereinbarkeitserklärung und Fortgeltungsanordnung des nicht mehr klärungsbedürftig.

2. Behörden und Gerichte sind gem. § 31 BVerfGG an die Entscheidungen des BVerfG gebunden; für eine schlüssige Darlegung der Verfassungswidrigkeit der Regelung ist eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rspr. des BVerfG orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich.

3. Die Zulässigkeit einer Anordnung zur Fortgeltung verfassungswidrigen Rechts ist durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt (u.a. ); für eine Überprüfung durch die Fachgerichte besteht keine verfahrensrechtliche Handhabe.

4. Fragen der Verfassungsmäßigkeit des ab dem rückwirkend anwendbaren ErbStG 2016 sind in einem Verfahren über die Erbschaftsteuer für Erwerbe im Jahre 2013 nicht klärungsfähig.

5. Die Vereidigung ehrenamtlicher Richter unmittelbar nach der Eröffnung der mündlichen Verhandlung begründet keine Besetzungsrüge gem. § 119 Nr. 1 FGO.

6. Auch ein unvollständiger Sachbericht begründet keine Rüge mangelnden Sachvortrags gem. § 92 Abs. 2 FGO oder fehlender Öffentlichkeit des Verfahrens gem. § 52 Abs. 1 FGO, wenn die noch unvereidigten ehrenamtlichen Richter vor der mündlichen Verhandlung mündlich oder schriftlich über den wesentlichen Inhalt der Akten unterrichtet wurden.

7. Die Pflicht zur Erörterung der Streitsache gem. § 93 Abs. 1 FGO verlangt nicht, den Beteiligten die einzelnen erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen.

8. Die Rüge fehlender Begründung des Urteils gem. § 119 Nr. 6 FGO ist auch bei lückenhafter und rechtsfehlerhafter Begründung nicht gegeben, wenn noch zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren.

Gesetze: ErbStG § 37, GG Art 3, BVerfGG § 13 Nr 11, BVerfGG § 31, BVerfGG § 35, BVerfGG § 78, BVerfGG § 80

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit ihre Begründung den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht, liegen die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO nicht vor.

1. Die vorgetragenen Verfahrensmängel führen nicht zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

a) Die Rüge der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), das Finanzgericht (FG) sei in der mündlichen Verhandlung am im Verfahren 3 K 293/16 nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen (§ 119 Nr. 1 FGO), greift nicht.

aa) Gemäß § 16 FGO i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 FGO wirken bei den FG ehrenamtliche Richter als Mitglieder des fünfköpfigen Senats bei der mündlichen Verhandlung und der Urteilsfindung mit. Die Vereidigung der ehrenamtlichen Richter erfolgt nach § 45 Abs. 2 bis 8 des Deutschen Richtergesetzes. Danach sind die ehrenamtlichen Richter vor ihrer ersten Dienstleistung in öffentlicher Sitzung des Gerichts durch den Vorsitzenden zu vereidigen. Die Vereidigung ist konstitutives Element bei der Bestellung. Vor der Vereidigung ist der ehrenamtliche Richter Nichtrichter. Wirkt er dennoch an einer Verhandlung und Entscheidung mit, ist das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt i.S. von § 119 Nr. 1 FGO (vgl. Schmid in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 28 FGO Rz 8, m.w.N.). Die mündliche Verhandlung beginnt gemäß § 92 Abs. 1 FGO mit deren Eröffnung durch den Vorsitzenden.

bb) Vor dem Hintergrund dieser Regelungen liegt keine “Mitwirkung” eines unvereidigten (Nicht-) Richters vor. Gemäß dem Sitzungsprotokoll vom wurde die Sache 3 K 293/16 zunächst aufgerufen und das Erscheinen der Beteiligten bzw. deren Vertreter festgestellt. Danach hat der Vorsitzende die mündliche Verhandlung eröffnet, da in der Sitzungsniederschrift aufgenommen wurde “Zu Beginn der heutigen öffentlichen Sitzung . . . ”. Unmittelbar nach der Eröffnung sind die neu gewählten ehrenamtlichen Richterinnen vereidigt worden.

b) Soweit die Klägerin das Einschränken bzw. Unterbleiben des Vortrags des wesentlichen Inhalts der Akten (§ 92 Abs. 2 FGO, Sachvortrag) rügt, begründet dies ebenfalls keinen relevanten Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

aa) In der mündlichen Verhandlung wurde der Sachvortrag möglicherweise abgekürzt, aber nicht gänzlich weggelassen. In der Sitzungsniederschrift heißt es hierzu, “Der Vorsitzende und Berichterstatter weist darauf hin, dass die ehrenamtlichen Richterinnen über den Sachverhalt des vorliegenden Klageverfahrens bereits informiert worden sind.” Anschließend habe der Berichterstatter zum einen zur Verfassungsrechtslage, zum anderen zu den vorausgegangenen Grundbesitzwert-Feststellungsverfahren und dem vorliegenden Erbschaftsteuer-Besteuerungsverfahren berichtet. Sodann ist im Sitzungsprotokoll vermerkt: “Die Beteiligten verzichten auf weiteren Sachbericht ... . ”

Die Klägerin sieht dieses Vorgehen als verfahrensfehlerhaft an, da für sie nicht erkennbar gewesen sei, ob die ehrenamtlichen Richterinnen bzw. die Öffentlichkeit umfassend über den wesentlichen Inhalt der Akten informiert worden seien.

bb) Ein die Revisionszulassung eröffnender Verfahrensverstoß liegt hier nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn man den Sachbericht des Berichterstatters als unvollständig ansehen sollte.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens (§ 52 Abs. 1 FGO i.V.m. § 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes) lässt sich nicht damit begründen, dass der wesentliche Inhalt der Akten in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen worden sei. Der Sachvortrag dient der Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter und der Beteiligten. Ein Gebot dahingehend, dass das Gericht evtl. anwesende Zuhörer lückenlos über den Sach- und Streitstand zu unterrichten habe, besteht nicht (, BFH/NV 1990, 653, unter II.2.).

Ein Vortrag des wesentlichen Inhalts der Akten in der mündlichen Verhandlung ist im Übrigen entbehrlich, wenn die Verfahrensbeteiligten auf ihn verzichtet und die ehrenamtlichen Richter schon vor der mündlichen Verhandlung eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts der Akten erhalten haben. Dies gilt auch dann, wenn die ehrenamtlichen Richter erst zu Beginn der Sitzung vereidigt wurden, denn dies macht die vorherige Unterrichtung nicht ungeschehen (vgl. , BFH/NV 2001, 470, unter II.2.c; die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. , nicht veröffentlicht --n.v.--). Unerheblich ist, ob der Vorsitzende die noch nicht vereidigten ehrenamtlichen Richter vor Beginn der mündlichen Verhandlung schriftlich oder mündlich über den wesentlichen Inhalt der Akten informiert hat.

Ausweislich der Sitzungsniederschrift haben die anwesenden Beteiligten auf “weiteren Sachbericht” --d.h. über den vom Berichterstatter geleisteten Sachvortrag hinaus-- verzichtet.

Im Übrigen gehört § 92 Abs. 2 FGO zu den Vorschriften, auf deren Befolgung gemäß § 295 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 Satz 1 FGO verzichtet werden kann (vgl. BFH-Beschluss. vom IV B 126/10, BFH/NV 2012, 774, Rz 13). Die Klägerin hat nicht dargelegt, warum der Verzicht unwirksam gewesen sein sollte. Die beanstandete zeitliche Abfolge zwischen der Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter und der Vereidigung war ihr und ihrem Prozessbevollmächtigten zu jenem Zeitpunkt bekannt.

c) Ein Verfahrensverstoß gegen die Erörterungspflicht nach § 93 Abs. 1 FGO liegt nicht vor.

aa) Die Klägerin meint, das Gericht habe den Sach- und Streitstand nur unzureichend erörtert. Es bestehe zwar keine Verpflichtung zur erschöpfenden Erörterung aller tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte. Der Vorsitzende habe aber zumindest einen Hinweis auf die wahrscheinlich entscheidungserheblichen Gesichtspunkte geben müssen.

bb) Auch unter diesem Aspekt liegt kein Verfahrensfehler vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) umfasst die Erörterung der Streitsache in rechtlicher Hinsicht (§ 93 Abs. 1 FGO). Eine umfassende Erörterung ist allerdings nicht erforderlich. Insbesondere verlangt der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht, dass das Gericht den Beteiligten die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen hat (vgl. , BFH/NV 2012, 1818, Rz 9).

Zudem ist auch die Erörterung der Streitsache nach § 93 Abs. 1 FGO verzichtbar i.S. von § 295 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 Satz 1 FGO (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 774, Rz 13).

d) Des Weiteren hat die Vorinstanz die Regeln eines “fairen Verfahrens” beachtet.

aa) Die Klägerin sieht die Grundsätze eines “fairen Verfahrens” als verletzt an. Der Vorsitzende habe bereits von vornherein beabsichtigt, auf den Vortrag des wesentlichen Inhalts der Akten zu verzichten, da andernfalls die äußerst knappe Terminierung von einer Stunde für einen Fall mit vielen recht liehen Problemen aus dem Verfassungsrecht nicht abzuarbeiten gewesen wäre. Eine Verhandlungsleitung habe gefehlt, so dass die Beteiligten nicht hätten erkennen können, welche Argumente das Gericht für überzeugend gehalten habe.

bb) Es liegt kein Verstoß gegen das Gebot eines “fairen Verfahrens” vor.

Das BVerfG leitet in ständiger Rechtsprechung (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvR 21.94/97, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1998, 2044, und vom 1 BvR 1623/11, NJW 2014, 205) aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip und dem Gebot effektiven Rechtsschutzes den Anspruch auf ein faires Verfahren als “allgemeines Prozessgrundrecht” ab. Die Gewährleistung eines fairen Verfahrens verlangt, dass das Gericht gehalten ist, durch Hinweise den Weg zu zeigen, wie das erstrebte Prozessziel am wirksamsten und einfachsten erreicht werden kann (, BFH/NV 2011, 2079, Rz 7).

Die Klägerin trägt selbst vor, es sei ihr freigestellt geblieben, Ausführungen zu machen; über die Frage, wie und welche Anträge zu stellen seien, sei diskutiert worden. Das FG hat im Streitfall, wie dem Protokoll der mündlichen Verhandlung zu entnehmen ist, auch verfassungsrechtliche Probleme angesprochen. Eine weitergehende Fürsorgepflicht des Gerichts hat nicht bestanden.

e) Auch die sinngemäße Rüge der Klägerin, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr. 6 FGO), soweit das FG keine rechtliche Auseinandersetzung mit den aufgeworfenen Rechtsfragen vorgenommen habe, bringt keinen Erfolg für die Nichtzulassungsbeschwerde.

aa) Der Verfahrensmangel nach § 119 Nr. 6 FGO liegt nur vor, wenn die Urteilsgründe ganz oder zum Teil fehlen und sie den Prozessbeteiligten keine Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Dies erfordert nicht, dass jedes Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen erörtert werden müsste; vielmehr liegt dieser Verfahrensmangel erst dann vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Dagegen ist ein dahingehender Verfahrensmangel nicht gegeben, wenn noch zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren (, BFHE. 255, 58, BStBl II 2017, 730, Rz 12, m.w.N., und , BFH/NV 2018, 637, Rz 47 ff.).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FG sein Urteil ausreichend begründet. Selbst nach den Angaben der Klägerin hat das FG in der Urteilsbegründung zur Frage der Weitergeltungsanordnung, zur Bindung nach § 31 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) und zu einer Vorlage der von der Klägerin als verfassungswidrig beanstandeten Vorschriften an das BVerfG Stellung genommen. Die Klägerin vermisst demgemäß auch nur eine “echte” Begründung und verweist auf ihren eigenen dezidierten Vortrag. Es kann in diesem Zusammenhang letztlich dahinstehen, ob die Begründung im Urteil des FG erschöpfend ist. Einem Urteil fehlt es nicht bereits deshalb an Gründen, weil die Begründung nicht den Erwartungen eines Beteiligten entspricht, sie lückenhaft und rechtsfehlerhaft ist (vgl. , BFH/NV 2010, 1083, Rz 15). Eine Zulassung der Revision wegen fehlerhafter Rechtsanwendung oder fehlerhafter Sachverhaltswürdigung durch das FG kommt nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Fehlern des FG i.S. einer objektiv willkürlichen und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbaren Entscheidung in Betracht (vgl. hierzu z.B. , BFH/NV 2014, 1064, m.w.N.). Solche Fehler sind hier nicht erkennbar und im Übrigen auch von der Klägerin nicht geltend gemacht worden.

f) Das FG hat die Frist zur Abfassung des Urteils (§ 105 Abs. 4 FGO) entgegen der Auffassung der Klägerin nicht überschritten.

aa) Die Klägerin macht geltend, das Urteil sei ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung am 28. April 2017 verkündet, jedoch erst am zugestellt worden, weshalb ein Verstoß gegen § 105 Abs. 4 FGO vorliege. Eine Entscheidung auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung sei nicht gegeben.

bb) Die Frist des § 105 Abs. 4 Satz 3 FGO ist im Streitfall gewahrt worden. Die Frist ist nur dann nicht eingehalten, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach der Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom GmS-OGB 1/92, NJW 1993, 2603). In diesem Fall gilt die Entscheidung i.S. des § 119 Nr. 6 FGO als “nicht mit Gründen versehen” (vgl. u.a. , BFH/NV 2006, 337). Einen solchen Verfahrensmangel hat die Klägerin nicht dargelegt. Wie auch der FG-Akte (Bl. 70) zu entnehmen ist, ist --nach der Verkündung am -- das Urteil am rechtzeitig auf der Geschäftsstelle eingegangen.

2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn hinsichtlich ihrer Beantwortung Unsicherheit besteht (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. , BFH/NV 2019, 44, Rz 10). Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist. Vor allem sind, sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist oder weshalb sie einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (z.B. , BFH/NV 2016, 1575, Rz 8, m.w.N.).

Macht ein Beschwerdeführer mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine gesetzliche Regelung geltend, so gelten Besonderheiten (vgl. , BFH/NV 2018, 1273). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt die bloße Behauptung, eine Norm und deren Auslegung seien verfassungswidrig, nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, sofern diese nicht offenkundig ist. Vielmehr ist für die schlüssige Darlegung der Verfassungswidrigkeit eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich (BFH-Beschlüsse vom VIII B 122/12, BFH/NV 2013, 952, m.w.N., und vom I B 130/13, BFH/NV 2014, 1085).

b) Nach diesen Voraussetzungen ist vorliegend keine grundsätzliche Bedeutung gegeben.

aa) Zu der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 31 BVerfGG fehlt es an einer substantiierten rechtlichen Auseinandersetzung.

Gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG binden die Entscheidungen des BVerfG die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Die Klägerin hat Gründe für die behauptete Verfassungswidrigkeit des § 31 Abs. 1 BVerfGG nicht in hinreichender Weise dargelegt. Insoweit genügt es nicht vorzutragen, dass eine Vielzahl von Entscheidungen des BVerfG über diese Vorschrift Gesetzescharakter erlangten und nicht mehr überprüfbar seien, so dass das BVerfG zum “Supergesetzgeber” werde und ein effektiver Rechtsschutz nicht mehr gegeben sei.

Auch der Einwand der Klägerin, dass durch die Fortgeltung verfassungswidriger Gesetze Verfassungsgrundsätze wie Rechtsstaatlichkeit, effektiver Rechtsschutz und Gewaltenteilung verletzt würden, ist unsubstantiiert. Insoweit wäre es zumindest erforderlich gewesen, dass sich die Klägerin mit den Entscheidungen des BVerfG, in denen eine Fortgeltung an sich verfassungswidriger Normen angeordnet wurde (vgl. z.B. , BStBl II 2015, 50, BVerfGE 138, 136, Rz 288 ff.) auseinandersetzt. Diese Fortgeltungsanordnungen sind für die Gerichte und Behörden nach § 31 BVerfGG verbindlich. Für die Überprüfung einer solchen Entscheidung durch die Fachgerichte gibt es keine verfahrensrechtliche Handhabe (vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 9/10, BFH/NV 2011, 441; vom II B 109/11, BFH/NV 2012, 977; vom II B 13/12, BFH/NV 2013, 42; die Verfassungsbeschwerden wurden nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15. Februar 2011 1 BvR 195/11; vom 1 BvR 933/12; vom 1 BvR 2906/13, jeweils n.v.).

bb) Das Problem der vom BVerfG ausgesprochenen Fortgeltung verfassungswidriger Normen ist nicht geeignet, dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zu verleihen. Denn die Frage nach der Zulässigkeit dieser Entscheidungsart ist durch die Rechtsprechung des BVerfG. (vgl. z.B. Urteil, vom 2 BvR 2433/04, BVerfGE 119, 331, unter C.III.3.a, m.w.N.) geklärt. Die bloße Unvereinbarkeitserklärung, verbunden mit der Anordnung befristeter Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung, kommt danach statt der gesetzlich vorgesehenen Nichtigkeit als Rechtsfolge dann in Betracht, wenn es aus verfassungsrechtlichen Gründen unabdingbar ist, eine verfassungswidrige Vorschrift, für eine Übergangszeit fortbestehen zu lassen, damit in dieser Zeit nicht ein Zustand besteht, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als der bisherige. In der Literatur (vgl. Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz Kommentar, § 31 Rz 206 f.) wird diese Auffassung geteilt.

cc) Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen das Erbschaftsteuerrecht rechtfertigen ebenfalls keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

(1) Die Frage, ob das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) nach “altem” Recht wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes verfassungswidrig ist, weil es die Erben von Mieteigentum gegenüber den Erben von Betriebsvermögen unangemessen benachteiligt, ist nicht mehr klärungsbedürftig.

Unter “altem” Recht versteht die Klägerin offenbar das ErbStG i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz --ErbStRG-- vom , BGBl I 2008, 3018). Hierzu hat das (BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50) entschieden, dass die §§ 13a und 13b ErbStG jeweils i.V.m. § 19 ErbStG seit dem Inkrafttreten des ErbStRG zum auch in den seither, geltenden Fassungen, mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind, das bisherige Recht aber bis zu einer Neuregelung, die der Gesetzgeber spätestens bis zum zu treffen hat, weiter anwendbar ist. An diese Entscheidung sind der Senat und die Gerichte nach § 31 BVerfGG gebunden. Die Fortgeltungsanordnung ermöglicht es, für Erwerbe, für die die Steuer in der Zeit bis einschließlich entstanden ist, Erbschaftsteuer nach der bis dahin geltenden Rechtslage festzusetzen, wobei die Festsetzung auch nach diesem Zeitpunkt noch erfolgen kann. Der in der Fortgeltungsanordnung genannte Zeitpunkt betrifft den Steuerentstehungszeitpunkt für den zu besteuernden Erwerb und nicht den Zeitpunkt der Steuerfestsetzung. Sonst wäre es von reinen Zufälligkeiten abhängig, welches Recht für einen zu besteuernden Erwerb gelten würde. Auch § 37 ErbStG stellt im Regelfall für die Frage, welche Vorschriften nach einer Änderung anzuwenden sind, auf Erwerbe ab, für die die Steuer bis zu oder ab einem bestimmten Zeitpunkt entstanden ist.

(2) Die weiteren von der Klägerin im Zusammenhang mit der Anwendung des “neuen” ErbStG aufgeworfenen Rechtsfragen sind im vorliegenden Verfahren nicht klärungsfähig.

Die Regelungen im ErbStG i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Anpassung des ErbStG an die Rechtsprechung des (BGBl I 2016, 2464), die erst Monate nach Ablauf der dem Gesetzgeber vom BVerfG für eine verfassungsgemäße Neuregelung bis gesetzten, äußersten Frist rückwirkend zum eingefügt wurden, sind auf den im Streitfall maßgebenden Erwerb vom (Versterben der Erblasserin) nicht anwendbar. Denn die Neuregelungen finden auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem entsteht (§ 37 Abs. 12 Satz 1 ErbStG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

4. Die Entscheidung ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe, insbesondere ohne Darstellung des Tatbestands.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
AAAAH-93740