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NWB Nr. 31 vom Seite 2297

Berufsausübungsgemeinschaften: Gestaltungsmöglichkeiten bei Tod eines Gesellschafters

Praktische Konsequenzen der aktuellen BFH-Rechtsprechung zu freiberuflichen Mitunternehmerschaften

Thomas Ketteler-Eising

[i]Michels/Möller/Ketteler-Eising, Ärztliche Kooperationen, NWB Verlag, Herne, 5. Auflage 2021, erscheint voraussichtlich im Oktober 2021Der Gesellschaftsvertrag freiberuflicher Mitunternehmerschaften, insbesondere ärztlicher Berufsausübungsgemeinschaften, sieht im Fall des Todes eines Gesellschafters aus guten (berufsrechtlichen) Gründen vor, dass der Gesellschafter mit seinem Tod aus der Gesellschaft ausscheidet, den Erben nur ein Abfindungsanspruch zusteht und die Gesellschaft im Übrigen von den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt wird (Fortsetzungsklausel). Der BFH hat mit seinem Beschluss v.  - VIII R 12/16 (BStBl 2020 II S. 378) im Anschluss an das (NWB HAAAG-64228) allerdings seine langjährige Rechtsauffassung bekräftigt, [i]Haack, Ausscheiden von Gesellschaftern aus der Gesellschaft, infoCenter, NWB RAAAE-31556 dass sich beim Hinzuerwerb von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft der hinzuerworbene Anteil in der Regel mit dem bisherigen Mitunternehmeranteil des Erwerbers zu einem einheitlichen Mitunternehmeranteil vereinigt. Selbst wenn der Hinzuerwerb ungeplant durch die Anwachsung infolge des Todes eines Mitgesellschafters erfolgt und bereits im Anwachsungszeitpunkt die Absicht besteht, diesen wieder zu veräußern, kann dieser hinzuerworbene Anteil nicht als nämlicher Anteil an einen neu beitretenden oder anderen Mitgesellschafter weiterveräußert werden. Diesem steuerlichen Problem kann durch eine Gestaltung mit Zuzahlung in das Betriebsvermögen unter Anwendung von § 24 UmwStG unter Beachtung dezidierter Regelungen an die Zahlungsflüsse entgegengewirkt werden.

S. 2298

I.

1. Sachverhalt

[i]Anwachsung der Beteiligung des ausgeschiedenen bei den verbleibenden GesellschafternIn dem Verfahren war streitig, ob und in welcher Höhe die Gesellschafter M und S einer als Rechtsanwaltsgesellschaft tätigen Partnerschaftsgesellschaft (PartG) im Streitjahr 2005 jeweils einen Veräußerungsgewinn gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielt hatten. Im Jahr 2004 waren an der PartG als Gesellschafter M zu 42 %, X zu 25 %, S zu 25 % und F zu 8 % beteiligt. X verstarb unfallbedingt noch im Jahr 2004 und schied aufgrund einer Fortsetzungsklausel im damaligen Partnerschaftsvertrag mit seinem Tod gegen Anspruch auf Abfindung aus der PartG aus. Mit dem Ausscheiden des X wuchs dessen vermögensmäßige Beteiligung an der Gesellschaft den verbleibenden Gesellschaftern in deren Innenverhältnis an. Zum Ende des Jahres 2004 waren damit an der PartG M zu 56 % (42 % + 14 %), S zu 33,33 % (25 % + 8,33 %) und F zu 10,67 % (8 % + 2,67 %) beteiligt.

Die Abfindungszahlung an die Erbin des X wurde von der PartG beglichen; zudem wurde die Erbin von der Verpflichtung freigestellt, das zum Zeitpunkt des Ausscheidens bestehende negative Kapitalkonto des X ausgleichen zu müssen. Je nach Umfang der Anwachsung wurde die von der PartG geleistete Abfindungszahlung als Verbindlichkeit des M, des S und des F gegenüber der Gesellschaft behandelt.

[i]Abfindung an Erbin als Anschaffungskosten für abschreibungsfähigen Praxiswert in ErgänzungsbilanzenDie Gesellschaft ermittelte ihren Gewinn im Jahr 2004 und 2005 im Wege der Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG. In der Gewinnermittlung für das Jahr 2004 wurden für M, S und F jeweils positive Ergänzungsrechnungen gebildet. In diesen Ergänzungsrechnungen wurden die dem M, S und F zugeordneten Teilbeträge der Abfindung an die Erbin des X als Anschaffungskosten für den Praxiswert im Gesamthandsvermögen der PartG erfasst und fortan abgeschrieben. Noch im selben Jahr wurde eine neue Gesellschafterin (A) mit 10 % als neue Partnerin zulasten des Anteils von M aufgenommen. Einen weiteren Anteil von 4 % veräußerte M in diesem Zusammenhang an F. Zudem verkaufte S 3,33 % seines Anteils an F.

[i](Weiter-)Veräußerung eines Teils eines gesamten MitunternehmeranteilsDie PartG ging davon aus, dass zum Beispiel M nunmehr seinen im Rahmen der Anwachsung von X hinzuerworbenen nämlichen Anteil von 14 % insgesamt veräußert habe. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns i. S. des § 18 Abs. 3 EStG i. V. mit § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wurden die in der Ergänzungsrechnung eingestellten Anschaffungskosten des Praxiswertes in voller Höhe gewinnmindernd aufgelöst. Das Finanzamt sah jedoch in den beiden Veräußerungen an A und F lediglich den Verkauf eines Teils eines gesamten Mitunternehmeranteils von absolut 14 % bezogen auf den gesamten Anteil von absolut 56 %, d. h. relativ 25 % des gesamten Mitunternehmeranteils. Entsprechend berücksichtigt das Finanzamt bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns auch nur 25 % des Buchwerts einschließlich 25 % der (fortgeführten) Anschaffungskosten der Ergänzungsrechnung.

2. Entscheidungsgründe

[i]Einheit eines MitunternehmeranteilsDer BFH folgt in seinem Beschluss v.  - VIII R 12/16 (BStBl 2020 II S. 378) der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der Einheit eines Mitunternehmeranteils.

[i](Nicht-)Anwendung von § 24 UmwStG bei Zuzahlung in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen der AltgesellschafterM hat als Altgesellschafter anlässlich der Aufnahme der A seinen ganzen Mitunternehmeranteil in eine um die A erweiterte Personengesellschaft gegen Empfang einer sog. Zuzahlung eingebracht. Die Einbringung des Mitunternehmeranteils geschah für Rechnung der A, soweit A die Verbindlichkeiten des M gegenüber der PartG getilgt und hierdurch anlässlich ihrer Aufnahme eine Zuzahlung in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen des M geleistet hat. Die Einbringung des Mitunternehmeranteils durch M erfolgte zudem für Rechnung des F, soweit M gleichzeitig Teile seiner Beteiligung an F entgeltlich übertragen hat. Da es sich bei der Vereinbarung v. XX.XX.2005 um eine S. 2299Vereinbarung zwischen sämtlichen Gesellschaftern und A handelt, die zeitgleich vollzogen wird, liegt ein einheitlich zu würdigender Vorgang vor. Soweit die Einbringung des Mitunternehmeranteils durch M für fremde Rechnung der A und des F geschieht, veräußert M Teile seines Mitunternehmeranteils gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i. V. mit § 18 Abs. 3 EStG. Er kann das Entstehen eines Veräußerungsgewinns nicht durch die Anwendung des Bewertungswahlrechts gem. § 24 UmwStG vermeiden (, BStBl 2020 II S. 378, Rz. 34, m. w. N.). Der BFH verweist in seinem Beschluss (VIII R 12/16) in den Nachweisen auch auf das (BStBl 2015 II S. 717), wonach bei Aufnahme eines neuen Gesellschafters gegen Zuzahlung an die Altgesellschafter in eine Personengesellschaft, dieser Vorgang auch dann nicht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 UmwStG erfüllt, wenn die Zuzahlung in ein der deutschen Besteuerung unterliegendes (anderes) Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen der Altgesellschafter bei der erweiterten Personengesellschaft gelangt. Nur bei einer Zuzahlung (Geldeinlage) in das gesamthänderische Betriebsvermögen der Personengesellschaft kann nach dieser (zutreffenden) Auffassung § 24 Abs. 1 UmwStG zur Anwendung gelangen (vgl. auch BStBl 2011 I S. 1314, Rz. 01.47; 24.08 ff.).

II. Vorüberlegungen betreffend den entstehenden Abfindungsanspruch

1. Schuldner des Abfindungsanspruchs

[i]Gesellschaft als SchuldnerinScheidet ein Gesellschafter mit seinem Tod aus der Gesellschaft aus, so wächst im Falle der Fortsetzung der Gesellschaft sein Anteil am Gesellschaftsvermögen nach § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB den übrigen Gesellschaftern zu und die Erben erlangen im Gegenzug einen Anspruch auf Abfindung (Geck in Ebeling/Geck, Handbuch der Erbengemeinschaft, Rz. 331). Seit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR steht fest, dass Schuldnerin des Abfindungsanspruchs die Gesellschaft selbst ist. Der Abfindungsanspruch des aus einer GbR Ausgeschiedenen richtet sich somit umfassend und primär gegen die Gesellschaft. Für einen von dem Abfindungsanspruch zu trennenden Ausgleichsanspruch gegen die in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter ist kein Raum. Die Gesellschafter haften allerdings analog § 128 HGB gesamtschuldnerisch für die Erfüllung des Abfindungsanspruchs (vgl. , NWB MAAAF-80396; , NWB NAAAD-86984; Möller/Ruppel in Ratzel/Luxenburger, 4. Aufl. Kap. 17, Rz. 248). Dem ist nach der hier vertretenen Auffassung auch steuerrechtlich zu folgen. Entsprechend entsteht mit dem Tod eines ausscheidenden Gesellschafters primär auf der Ebene des Gesamthandsvermögens der fortbestehenden Mitunternehmerschaft auch steuerrechtlich eine Verbindlichkeit gegenüber den Erben.

[i]Abfindungsanspruch ist primär betriebliche Verbindlichkeit im GesamthandsvermögenDa die Abfindung Gegenleistung für die Anwachsung des Gesellschaftsvermögens bei den übrigen Gesellschaftern ist und somit zu Anschaffungskosten der anteiligen Wirtschaftsgüter führt, ist die Verbindlichkeit durch diesen Finanzierungszusammenhang auch vollständig betrieblich veranlasst (Geck in Ebeling/Geck, Handbuch der Erbengemeinschaft, Rz. 340).

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