BMF - IV A 3 - S 0261/20/10001 :014 BStBl 2021 I S. 984

Anwendungsfragen zur Verlängerung der Steuererklärungsfristen und der zinsfreien Karenzzeiten durch das Gesetz vom (BGBl 2021 I S. 2035)

Bezug: BStBl 2021 I S. 615

Angesichts der weiterhin andauernden, durch die Corona-Pandemie verursachten Ausnahmesituation hat der Gesetzgeber mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz vom (BGBl 2021 I S. 2035) [1] die Erklärungsfristen in beratenen wie in nicht beratenen Fällen (§ 149 Absatz 2 und 3 AO) sowie die zinsfreien Karenzzeiten (§ 233a Absatz 2 Satz 1 und 2 AO) für den Besteuerungszeitraum 2020 um drei Monate verlängert (Artikel 97 § 36 Absatz 3 EGAO).

Die Erklärungsfristen in beratenen Fällen und die zinsfreien Karenzzeiten waren für den Besteuerungszeitraum 2019 bereits mit Gesetz vom (BGBl 2021 I S. 237) [2] um sechs bzw. fünf Monate verlängert worden (siehe hierzu das BStBl 2021 I S. 615).

Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

I. Verlängerung der Erklärungsfristen für den Besteuerungszeitraum 2020

1. Nicht beratene Fälle (§ 149 Absatz 2 AO)

1Steuer- und Feststellungserklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen und nicht von einer Person, einer Gesellschaft, einem Verband, einer Vereinigung, einer Behörde oder einer Körperschaft im Sinne der §§ 3 und 4 StBerG erstellt werden (nicht beratene Fälle), sind - vorbehaltlich anderweitiger abweichender gesetzlicher Bestimmungen - grundsätzlich spätestens sieben Monate nach Ablauf des Kalenderjahres oder sieben Monate nach dem gesetzlich bestimmten Zeitpunkt abzugeben (§ 149 Absatz 2 Satz 1 AO).

2Bei nicht beratenen Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Erklärungsfrist für Steuer- und Feststellungserklärungen, in denen der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft selbst ermittelt wird, grundsätzlich nicht vor Ablauf des siebten Monats, der auf den Schluss des in dem Kalenderjahr begonnenen Wirtschaftsjahres folgt (§ 149 Absatz 2 Satz 2 AO).

3Nach Artikel 97 § 36 Absatz 3 Nummer 3 und 4 EGAO tritt in den vorgenannten Fällen für den Besteuerungszeitraum 2020

4Diese gesetzlichen Fristverlängerungen sind von Amts wegen zu beachten, ein Antrag des Steuerpflichtigen ist dazu nicht erforderlich.

5Die Möglichkeit, Fristverlängerung zu beantragen bzw. zu gewähren (vgl. § 109 Absatz 1 AO) bleibt hiervon unberührt.

2. Beratene Fälle (§ 149 Absatz 3 AO)

6Sofern Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften i. S. d. §§ 3 und 4 StBerG mit der Erstellung der in § 149 Absatz 3 AO genannten Erklärungen beauftragt sind (beratene Fälle), sind diese Steuer- und Feststellungserklärungen - vorbehaltlich einer Vorabanforderung nach § 149 Absatz 4 AO; vgl. Rn. 9 - grundsätzlich spätestens bis zum letzten Tag des Monats Februar, in den Fällen des § 149 Absatz 2 Satz 2 AO (vgl. Rn. 2) grundsätzlich bis zum 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben.

7Nach Artikel 97 § 36 Absatz 3 Nummer 5 EGAO tritt in den vorgenannten Fällen für den Besteuerungszeitraum 2020

  • an die Stelle des letzten Tages des Monats Februar 2022 der und

  • an die Stelle des der (soweit dies in dem Land, zu dem das Finanzamt gehört, ein gesetzlicher Feiertag ist: der ).

8Diese gesetzlichen Fristverlängerungen sind von Amts wegen zu beachten, ein Antrag des Steuerpflichtigen oder des mit der Erstellung der Erklärung Beauftragten i. S. d. §§ 3 und 4 StBerG ist dazu nicht erforderlich.

9Vorzeitige Anforderungen von Steuer- und Feststellungserklärungen nach § 149 Absatz 4 AO bleiben von dieser Fristverlängerung unberührt (vgl. hierzu auch Abschnitt II).

10Eine Verlängerung der (gesetzlich verlängerten) Erklärungsfristen für den Besteuerungszeitraum 2020 durch das Finanzamt über den bzw. [3] hinaus ist nur unter den Voraussetzungen des § 109 Absatz 2 AO i. V. m. Artikel 97 § 36 Absatz 3 Nummer 1 und 2 EGAO möglich.

11Die Fristen zur Einreichung von Steuer- und Feststellungserklärungen in beratenen Fällen können daher nur dann über den bzw. [4] hinaus verlängert werden, wenn der Steuerpflichtige und sein Vertreter oder Erfüllungsgehilfe nachweislich ohne Verschulden verhindert sind oder waren, die Erklärungsfrist einzuhalten. Bei der Entscheidung über einen diesbezüglichen Antrag auf Fristverlängerung sind die von der Rechtsprechung zum Vorliegen einer „unverschuldeten Verhinderung“ entwickelten Grundsätze zu beachten. Die Arbeitsüberlastung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe kann daher für sich allein nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen eine Fristverlängerung durch das Finanzamt über den bzw. [5] hinaus rechtfertigen.

II. Vorzeitige Anforderung von Erklärungen (§ 149 Absatz 4 AO)

12Das Finanzamt kann in Fällen, in denen Steuer- und Feststellungserklärungen i. S. d. § 149 Absatz 3 AO durch Angehörige der steuerberatenden Berufe erstellt werden, unter den Voraussetzungen des § 149 Absatz 4 AO eine vorzeitige Abgabe der Steuer- und Feststellungserklärung vor dem letzten Tag des Monats Februar, in den Fällen des § 149 Absatz 2 Satz 2 AO (Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr) vor dem zum 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres anordnen (sog. Vorabanforderung).

13Steuer- und Feststellungserklärungen i. S. d. § 149 Absatz 3 AO für den Besteuerungszeitraum 2020 können nach Artikel 97 § 36 Absatz 3 Nummer 6 und 7 EGAO abweichend hiervon auch für nach dem und vor dem bzw. in den Fällen des § 149 Absatz 2 Satz 2 AO für nach dem und vor dem [6] liegende Zeitpunkte vorzeitig angefordert werden.

III. Festsetzung von Verspätungszuschlägen (§ 152 AO)

14Gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuer- oder Feststellungserklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (§ 152 Absatz 1 AO). Unter den Voraussetzungen des § 152 Absatz 2 AO steht die Festsetzung des Verspätungszuschlags nicht mehr im Ermessen des Finanzamts, sondern ist gesetzlich vorgeschrieben. Dies gilt gleichermaßen für beratene wie für nicht beratene Fälle.

15Wurde die Steuer- oder Feststellungserklärung für den Besteuerungszeitraum 2020 zwar nach Ablauf der (gesetzlich und ggf. auch durch das Finanzamt nach § 109 AO verlängerten) Erklärungsfrist und damit verspätet, aber vor Ablauf von 17 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres oder vor Ablauf von 17 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt (bzw. in den Fällen des § 149 Absatz 2 Satz 2 AO vor Ablauf von 22 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres oder vor Ablauf von 22 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt) abgegeben, kann das Finanzamt nach § 152 Absatz 1 AO einen Verspätungszuschlag festsetzen (Ermessensentscheidung).

16Das Finanzamt ist hingegen zur Festsetzung eines Verspätungszuschlags gesetzlich verpflichtet, wenn die Steuer- oder Feststellungserklärung für den Besteuerungszeitraum 2020 nicht binnen 17 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres bzw. nicht binnen 17 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt (bzw. in den Fällen des § 149 Absatz 2 Satz 2 AO nicht binnen 22 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres oder nicht binnen 22 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt) abgegeben wurde. Nach § 152 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 AO i. V. m. Artikel 97 § 36 Absatz 3 Nummer 8 und 9 EGAO ist in diesem Fall ein Verspätungszuschlag festzusetzen (gebundene Entscheidung).

17Die Entscheidung über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags steht in den in Rn. 16 genannten Fällen gemäß § 152 Absatz 3 AO nur in folgenden Fällen im Ermessen des Finanzamts:

  • die Finanzbehörde hat die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 AO (ggf. rückwirkend) verlängert, die Erklärung wurde aber nach Ablauf der hiernach verlängerten Frist abgegeben,

  • die Steuer wurde auf null Euro oder auf einen negativen Betrag festgesetzt oder

  • die festgesetzte Steuer übersteigt nicht die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge.

IV. Verlängerung der zinsfreien Karenzzeiten für den Besteuerungszeitraum 2020 (§ 233a Absatz 2 Satz 1 und 2 AO)

18Der Zinslauf der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen nach § 233a AO („Vollverzinsung“) beginnt nach § 233a Absatz 2 Satz 1 AO allgemein 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (allgemeiner Zinslauf).

19Für die Einkommen- und Körperschaftsteuer beginnt der Zinslauf nach § 233a Absatz 2 Satz 2 AO regulär erst 23 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen (besonderer Zinslauf).

20Für den Besteuerungszeitraum 2020 beginnt nach Artikel 97 § 36 Absatz 3 Nummer 10 und 11 EGAO

  • der allgemeine Zinslauf (vgl. Rn. 18) erst am und

  • der besondere Zinslauf (vgl. Rn. 19) erst am .

21Die gesetzliche Verlängerung der Karenzzeiten (vgl. Rn. 20) gilt gleichermaßen für Nachzahlungswie für Erstattungszinsen. Sie gilt auch unabhängig davon, ob eine Steuererklärungspflicht besteht und ob es sich um einen beratenen oder nicht beratenen Fall handelt.

BMF v. - IV A 3 - S 0261/20/10001 :014

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:



Fundstelle(n):
BStBl 2021 I Seite 984
DB 2021 S. 1712 Nr. 31
DStR 2021 S. 10 Nr. 29
DStZ 2021 S. 688 Nr. 17
EStB 2021 S. 349 Nr. 8
GStB 2021 S. 326 Nr. 9
GmbH-StB 2021 S. 280 Nr. 9
TAAAH-84089

1BStBl 2021 I S. 874

2BStBl 2021 I S. 263

3Soweit dies in dem Land, zu dem das Finanzamt gehört, ein gesetzlicher Feiertag ist: .

4Soweit dies in dem Land, zu dem das Finanzamt gehört, ein gesetzlicher Feiertag ist: .

5Soweit dies in dem Land, zu dem das Finanzamt gehört, ein gesetzlicher Feiertag ist: .

6Soweit dies in dem Land, zu dem das Finanzamt gehört, ein gesetzlicher Feiertag ist: .