Online-Nachricht - Donnerstag, 15.04.2021

Schenkungsteuer | Stundung bei Grundstücksübertragung unter Zurückbehaltung eines Nießbrauchsrechts (FG)

Die aus der Übertragung eines Grundstücks unter Zurückbehaltung eines Nießbrauchsrechts resultierende Schenkungsteuer ist für zehn Jahre zu stunden, wenn die Beschenkte keine Möglichkeit hat, die Steuer aus eigenen Mitteln zu begleichen (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Gehört zum Erwerb begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13d Absatz 3 ErbStG, ist dem Erwerber die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahren zu stunden, soweit er die Steuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann, § 28 Abs. 3 ErbStG.

Sachverhalt: Die Klägerin erhielt im Januar 2019 ein Mietwohngrundstück von ihrer Tante geschenkt, die sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht hieran zurückbehielt. Im Eigentum der Klägerin stehen daneben ein Grundstück mit Gebäude, in dem sie lebt und ein Blumengeschäft betreibt sowie der hälftige Miteigentumsanteil an einer Ferienwohnung. Beide Grundstücke sind mit Grundschulden belastet.

Das Finanzamt setzte für den Erwerbsvorgang gegenüber der Klägerin zunächst Schenkungsteuer in Höhe von ca. 7.000 € fest. Die Klägerin beantragte die Stundung dieser Steuer gemäß § 28 Abs. 3 ErbStG. Zur Begründung führte sie aus, dass sie wegen des Nießbrauchsvorbehalts keine Einnahmen aus dem erworbenen Grundstück erziele. Ferner verwies sie auf die geringe Höhe ihrer Einkünfte (ca. 20.500 € im Jahr 2017 bei Krankenversicherungsbeiträgen von 4.700 €) sowie die hohe Darlehensbelastung der beiden übrigen Grundstücke und legte eine Bescheinigung ihrer Hausbank vor, wonach sie keinen weiteren Kredit erhalte.

Das Finanzamt lehnte die Stundung ab und wies den hiergegen eingelegten Einspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, dass eine Stundung bereits deshalb ausgeschlossen sei, weil auch die Tante zur Zahlung der Schenkungsteuer herangezogen werden könne. Dies setze aber eine erfolglose Vollstreckung bei der Klägerin voraus.

Im Klageverfahren verwies die Klägerin ergänzend auf die coronabedingte zeitweise Schließung ihres Blumengeschäfts und reichte eine Liquiditätsrechnung ein, wonach ihr im Jahr 2019 finanzielle Mittel in Höhe von knapp 5.000 € zur Verfügung gestanden hätten. Die im Klageverfahren auf ca. 10.500 € heraufgesetzte Schenkungsteuer erbrachte die Klägerin durch eine Drittschuldnerzahlung aufgrund einer Kontopfändung und durch ein Darlehen ihrer Mutter.

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg:

  • Die Klägerin hat einen Anspruch auf Stundung der Schenkungsteuer für einen Zeitraum von zehn Jahren. Der durch Schenkung erworbene Gegenstand stellt als Mietwohngrundstück begünstigtes Vermögen im Sinne von § 28 Abs. 3 ErbStG dar.

  • Auch die weitere Voraussetzung, dass der Erwerber die Schenkungsteuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann, ist im Streitfall erfüllt. Hierdurch wird der Rechtsanspruch auf Stundung nur in den Fällen ausgeschlossen, in denen der Erwerber die Steuer entweder aus weiterem erworbenem Vermögen oder aus seinem vorhandenen eigenen Vermögen aufbringen kann.

  • Aus der Schenkung hat die Klägerin die Steuer nicht aufbringen können, weil sie das Grundstück nur unter Nießbrauchsvorbehalt und daneben kein weiteres Vermögen erhalten hat.

  • Auch das eigene Vermögen der Klägerin hat nicht für die Begleichung der Schenkungsteuer ausgereicht. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den von ihr eingereichten Unterlagen, insbesondere der Liquiditätsrechnung.

  • Auch eine Veräußerung der weiteren vorhandenen Immobilien hätte wegen der hohen hierauf lastenden Grundschulden nicht zu einer Steigerung der Liquidität geführt.

  • Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Steuer durch Kreditaufnahme im familiären Umfeld hätte begleichen können. Die Stundungsbedürftigkeit folgt bereits daraus, dass die Klägerin bei ihrer Bank keinen Kredit zu marktüblichen Bedingungen erhalten konnte. Die Anforderungen an eine Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG würden überspannt, wenn ein Erwerber gehalten wäre, sich jenseits des üblichen Kapitalmarkts zu refinanzieren.

  • Schließlich kann der Klägerin nicht entgegengehalten werden, dass die Tante für die Zahlung der Schenkungsteuer in Anspruch genommen werden kann. Dies hätte im praktischen Ergebnis zur Folge, dass eine Stundung bei einem Erwerb unter Lebenden fast immer ausgeschlossen wäre. Die wirtschaftliche Situation des Schenkers ist für eine Stundung beim Beschenkten irrelevant.

Hinweis:

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Münster, Newsletter April 2021 (il)

Fundstelle(n):
NWB SAAAH-76254