BBK Nr. 8 vom Seite 353

Fatales Symbol: Das zur Nutzungsdauer von IT

Christoph Linkemann | verantw. Redakteur | bbk-redaktion@nwb.de

Vor gut einem Jahr und entgegen dem Rat der Fachleute, nicht nur aus der Verwaltung, sondern auch aus der Beratung, sollte deutlich werden, in welchem Ausmaß „die Politik“ bereit war, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu bekämpfen: Die Umsatzsteuer wurde für ein halbes Jahr befristet abgesenkt, kam im Schweinsgalopp ins Gesetzblatt, untermalt mit einem hübschen, Social-Media-fähigen Wumms, und die Fachwelt rieb sich verwundert die Augen. Es war Symbolpolitik, natürlich, Politik besteht zu einem erheblichen Teil aus Symbolen und Ritualen, hier allerdings der schlechteren Art: Denn einem gigantischen Aufwand für Unternehmen, Berater und auch die Finanzverwaltung stand ein allenfalls mäßiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen gegenüber, zudem erkauft mit einem hohen Risiko für das Steueraufkommen, weil die Chose kaum kontrollierbar war und ist. Dass es ein gutes Jahr später zu einem ähnlichen Fall von Symbolpolitik kommt, bei dem dann allerdings auch noch der Weg ins Gesetzblatt bewusst vermieden wurde („unbürokratisch“), ist schon ein mehr als bemerkenswerter Vorgang. Die Rede ist von der mit dem typisierten Nutzungsdauer für IT-Ausstattung von einem Jahr. Es bleibt ein politisches Geheimnis, warum gut neun Monate des Jahres 2021 nicht ausreichen sollten, eine solche Maßnahme im Umfang von mehr als 10 Mrd. € Steueraufkommen in eines der zahlreichen steuerlichen Gesetzgebungsvorhaben aufzunehmen. Es hätten sich nicht nur viele fachliche Zweifel vermeiden lassen, die es jetzt den Unternehmen schwer machen einzuschätzen, ob die neue Regelung letztlich nicht doch auch ein Risiko bedeutet. Sondern es wäre auch der rechtsstaatlich gebotene Weg gewesen, eine Regelung solcher Tragweite mit einer sauberen und über jeden Zweifel erhabenen Rechtsgrundlage zu versehen. Das ist immerhin das Fundament, auf dem dieses Staatswesen letztlich beruht; die Verwaltungsverfahren gegen einzelne Corona-Maßnahmen im letzten Jahr haben das gezeigt, auch wenn man das Ergebnis kritisieren möchte. Und natürlich müssen politische Entscheidungsträger rasch handeln, gerade in einer Krise. Aber die Senkung der Nutzungsdauer ist nun auch nicht unbedingt mit „Gefahr im Verzug“ argumentativ zu untermauern. Sie ist ein Symbol, verletzt aber die Regeln. Und: Ist es nicht eine Spur zu einfach, diese faktische Sofortabschreibung als Unternehmer oder Berater erfreut zur Kenntnis zu nehmen, weil sie Steuern spart, vermeintlich oder tatsächlich? Ist es nicht eher die Wiederholung eines politischen Fehlers, der zudem noch als schlechtes Vorbild zeigt, dass Regeln manchmal dann halt eben nicht gelten sollen? StB Dr. Volker Endert hatte in die ersten praktischen Folgen aus der „Sofortabschreibung“ abgeleitet. Die BBK-Herausgeber VRiFG Bernd Rätke und Prof. Dr. Carsten Theile werfen ab in dieser Ausgabe einen systematischen Blick darauf und zeigen, warum das schlichtweg gegen das Gesetz verstößt.

Beste Grüße

Christoph Linkemann

Fundstelle(n):
BBK 2021 Seite 353
NWB QAAAH-75381