Online-Nachricht - Donnerstag, 17.12.2020

Einkommensteuer | Lohnzufluss bei Teilnahme an einem Firmenfitness-Programm (BFH)

Sachbezüge aufgrund der Teilnahme an einem Firmenfitness-Programm sind laufender Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber sein vertragliches Versprechen, den teilnehmenden Arbeitnehmern die Nutzung bestimmter Fitnesseinrichtungen zu ermöglichen, fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit erfüllt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Arbeitgeber ermöglichte seinen Arbeitnehmern im Rahmen eines Firmenfitnessprogramms, in verschiedenen Fitnessstudios zu trainieren. Hierzu erwarb er jeweils einjährige Trainingslizenzen, für die monatlich jeweils 42,25 € zzgl. Umsatzsteuer zu zahlen waren. Die teilnehmenden Arbeitnehmer leisteten einen Eigenanteil von 16 € bzw. 20 €. Der Arbeitgeber ließ die Sachbezüge bei der Lohnbesteuerung außer Ansatz, da diese ausgehend von einem monatlichen Zufluss unter die 44 €-Freigrenze für Sachbezüge fielen. Das FA vertrat demgegenüber die Auffassung, den Arbeitnehmern sei die Möglichkeit, für ein Jahr an dem Firmenfitnessprogramm teilzunehmen, „quasi in einer Summe“ zugeflossen, weshalb die 44 €-Freigrenze überschritten sei. Es unterwarf die Aufwendungen für die Jahreslizenzen abzüglich der Eigenanteile der Arbeitnehmer dem Pauschsteuersatz von 30%.

Der BFH teilte die Auffassung des FA nicht:

  • Der geldwerte Vorteil ist den teilnehmenden Arbeitnehmern als laufender Arbeitslohn monatlich zugeflossen.

  • Der Arbeitgeber hat sein vertragliches Versprechen, den Arbeitnehmern die Nutzung der Fitnessstudios zu ermöglichen, unabhängig von seiner eigenen Vertragsbindung monatlich fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Trainingsmöglichkeit erfüllt.

  • Unter Berücksichtigung der von den Arbeitnehmern geleisteten Eigenanteile ist daher die 44 €-Freigrenze eingehalten worden, so dass der geldwerte Vorteil aus der Teilnahme an dem Firmenfitnessprogramm nicht zu versteuern ist.

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

Mit Wirkung ab hat der Gesetzgeber den insbesondere für die monatliche 44-€-Freigrenze sowie die 30 %ige Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG bedeutsamen Begriff der Sachbezüge im EStG selbst definiert und den bislang durch die Rechtsprechung des BFH geprägten Sachlohnbegriff (zuletzt und ) überschrieben. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 EStG gehören nunmehr auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, zu den Einnahmen in Geld. Zu mehr Rechtssicherheit führt die Neuregelung --entgegen der Vorstellung des Gesetzgebers (BT-Drucks. 19/14909, 44)-- wohl eher nicht. Insbesondere die sachgerechte Abgrenzung von Sachzuwendung und Barlohn im Wege der nachträglichen Kostenerstattung, ein durchaus übliches lohnsteuerliches Geschehen, weil der Arbeitnehmer in Vorkasse getreten ist, erscheint problematisch. Gleiches gilt für die in § 8 Abs. 1 Satz 3 EStG geregelte Rückausnahme betreffend Gutscheine (einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen u.ä.) sowie entsprechende Geldkarten (einschließlich Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten), die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Sachbezüge sind danach:

  • Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, falls diese dazu berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins aus dessen eigenen Produktpalette zu beziehen. Der Sitz des Ausstellers sowie dessen Produktpalette sind nicht auf das Inland beschränkt.

  • Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die dazu berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent des Gutscheins/der Geldkarte und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen. Ein begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen in diesem Sinne liegt vor

    - bei städtischen Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden im Inland,

    - bei Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden, die sich auf eine bestimmte inländische Region (z. B. mehrere benachbarte Städte und Gemeinden im ländlichen Raum) erstrecken

    - bei von einer bestimmten Ladenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebenen Kundenkarten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Geschäften im Inland oder im Internetshop dieser Ladenkette mit einheitlichem Marktauftritt (z.B. einem Symbol, einer Marke, einem Logo). Die Art des Betriebs (eigene Geschäfte, Genossenschafts- oder Konzernverbund, Agenturen oder Franchisenehmer) ist unerheblich.

  • Gutscheine oder Geldkarten unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen (Beispiel: „Alles, was das Auto bewegt“). Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland kommt es nicht an.

  • Gutscheine oder Geldkarten unabhängig von einer Betragsangabe, die nur dazu berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent des Gutscheins/der Geldkarte und Akzeptanzstellen Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (Beispiele: Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Papier-Essenmarken und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten in Form sog. digitaler Essenmarken). Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen kommt es nicht an.

In keinem Fall als Sachlohn begünstigt sind Gutscheine oder Geldkarten, die über eine Barauszahlungsfunktion oberhalb eines verbleibenden Restguthabens bis zu einem Euro oder eine eigene IBAN verfügen. Entsprechendes gilt bei Gutscheinen oder Geldkarten, die für Überweisungen (z.B. PayPal) oder den Erwerb von Devisen verwendet oder die als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können. Einzelheiten zur Anwendung des neuen Rechts sollen in Form eines BMF-Schreibens allgemein bekannt gemacht werden.

Quelle: ; NWB Datenbank; BFH-Pressemitteilung v. (JT)

Fundstelle(n):
NWB QAAAH-66899