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StuB Nr. 19 vom Seite 749

Beteiligungs- und obligationsrechtliche Genussrechte

Anmerkungen zum

WP/RA/StB Niels Doege und StB Christian Hauptmann

Der BFH entschied im Urteil vom zu zwei unterschiedlichen und zueinander unabhängigen Streitfragen über die Behandlung und Besteuerung von Ausschüttungen aus ausländischen Gesellschaften. Nach Ansicht des BFH ist für die Einordnung als beteiligungsähnliches Genussrecht i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Teilhabe am Gewinn und Liquidationserlös kumulativ erforderlich. Besteht nach den Vereinbarungen über das Genussrecht keine Teilhabe am Liquidationserlös, können die übrigen Ausgestaltungen der Genussrechte noch so beteiligungsähnlich sein, es liegt jedoch in diesem Fall ein obligationsrechtliches Genussrecht vor. Zum anderen hat der BFH zum wirtschaftlichen Eigentum an Aktien entschieden. Dabei hat der BFH den vom FG im konkreten Fall angenommenen Rechtsmissbrauch i. S. des § 42 AO verworfen. Das Urteil weist viele Facetten auf. In der Urteilskommentierung wird sich auf die wesentlichen Punkte beschränkt.

Kernfragen
  • Werden aus einem Genussrecht Einkünfte i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt, wenn keine Beteiligung am Liquidationserlös vorliegt?

  • Wann liegt wirtschaftliches Eigentum i. S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO an Aktien vor?

  • Kann die Zwischenschaltung einer Tochtergesellschaft mit dem Zweck, eine Steuerfreiheit der Einnahmen nach § 8b Abs. 1 KStG zu erreichen, einen Gestaltungsmissbrauch i. S. des § 42 AO begründen?

I. Ausgangsproblematik

[i]Intemann, Abgrenzung von beteiligungs- und obligationsähnlichen Genussrechten, NWB Online-Beitrag NWB PAAAH-51997 Bolik, Vergütungen auf Genussrechtskapital aus Sicht des Zahlungsempfängers, StuB 2/2019 S. 86 NWB AAAAH-05047 v. Wolfersdorff, Eigenkapital, in Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Auf. 2018, Rz. 5174 NWB QAAAG-89822 Bevor die beiden komplexen Sachverhalte im Entscheidungsfall dargestellt werden, erfolgt ein einführender Überblick über Genussrechte im Steuerrecht. Bei Beteiligungs- und Finanzierungsstrukturen ist es nach ausländischem Recht oftmals rechtlich und steuerlich vorzugswürdig, nicht originäre Gesellschaftsanteile, sondern unterschiedliche Finanzierungsinstrumente auszugeben. In Kanada und den USA werden beispielsweise neben Common Shares verschiedenste Finanzinstrumente in Form von unterschiedlichen Klassen von Shares (z. B. Class A Shares, Class B Shares, Preffered Shares) oder Jouissance Rights ausgegeben. Die Ausgestaltung dieser Finanzinstrumente ist für die steuerliche Beurteilung in Deutschland mit Genussrechten und deren steuerliche Einordnung zu vergleichen (sog. Typenvergleich). Die Ausgestaltung von Genussrechten als „hybride“ Finanzinstrumente kann sehr individuell erfolgen. Sie nehmen eine Zwischenstellung zwischen Eigen- und Fremdkapital ein. Der Begriff des Genussrechts wird z. B. in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG verwendet. In § 221 AktG ist die Ausgabe von Genussrechten an deutschen Kapitalgesellschaften geregelt. Eine Konkretisierung oder gesetzliche Definition von Genussrechten besteht hingegen nicht. Unter Genussrechte werden Gläubigerrechte eigener bzw. besonderer Art verstanden. Sie gewähren, anders als Mitgliedschaftsrechte, kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung und keinen Einfluss auf die Geschäftsführung. Genussrechte S. 750begründen auf schuldrechtlicher Basis eine Beteiligung am Gewinn und/oder am Liquidationserlös der ausgebenden Gesellschaft.

Ertragsteuerlich können die Genussrechte in zwei Arten unterschieden werden:

  • Zum einen können Genussrechte wie eine originäre Beteiligung ausgestaltet sein (sog. beteiligungsähnliche Genussrechte),

  • zum anderen wie eine Art der sonstigen Kapitalforderung (sog. obligationsrechtliche Genussrechte).

Beteiligungsähnliche Genussrechte führen zu Bezügen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Obligatorische Genussrechte zu einem Ertrag aus sonstiger Kapitalforderung gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

In Beteiligungsstrukturen führt die Behandlung als Bezug i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu einer vollständigen Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG. Lediglich nicht abziehbare Betriebsausgaben i. H. von 5 % führen gem. § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG zu einer Steuerbelastung.

II. Sachverhalt

1. Vorbemerkungen

Der Urteilsfall hatte zwei voneinander unabhängige und unterschiedliche Problematiken. Zum einen bestand eine Beteiligungs- und Finanzierungstruktur mit kanadischen Gesellschaften (nachfolgend „Kanada“) und zum anderen mit US-amerikanischen Gesellschaften (nachfolgend „USA“). Die Klägerin war der Auffassung, aus beteiligungsähnlichen Genussrechten bzw. der Vorzugsdividende steuerfreie Bezüge zu erzielen. Die Beteiligungsstrukturen und Ausgestaltung der Genussrechte und Aktien werden im Weiteren vereinfachend dargestellt.

2. Jouissance Rights an kanadischer Gesellschaft X-A („Kanada“)

Eine in Deutschland ansässige AG, zugleich die Klägerin, war zu 100 % an der kanadischen X-A beteiligt. Die X-A hielt ihrerseits 100 % der Anteile an der kanadischen X-D (vgl. Übersicht 1). Im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen hat die Klägerin von der X-A Genussrechte (sog. Jouissance Rights) erhalten. Die Vereinbarung über die Jouissance Rights sah u. a. folgende Bedingungen vor:

  • Feste Laufzeit bis zum Jahr 2043 mit vollständiger Kapitalrückzahlung;

  • Ausschüttungen jährlich nach Nettogewinn (Mindestverzinsung und Maximalverzinsung);

  • Recht des Genussrechtsinhabers, am Fälligkeitstag statt der Rückzahlung des Kapitals Aktien der X-A zu erwerben (sog. Wandlungsrecht);

  • Nachrangigkeit der Genussrechte gegenüber Gläubigern im Fall der Insolvenz oder Auflösung;

  • kein Stimmrecht.

Die laufenden Ausschüttungen aus den Jouissance Rights behandelte die Klägerin als steuerfreie Bezüge nach § 8b Abs. 1 KStG i. V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Von kanadischer Seite wurden die Jouissance dagegen als Fremdkapital eingestuft, so dass die geleisteten Ausschüttungen bei der X-A zu steuerlich abzugsfähigen Zinsen führten. Eine Quellensteuer von 10 % wurde in Kanada einbehalten (vgl. Art. 11 Abs. 2 DBA Deutschland-Kanada). Sowohl das FA als auch das FG widersprachen der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG i. V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und nahmen steuerpflichtige Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG an.

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