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StuB Nr. 15 vom Seite 573

Vorab-Auslagerung und Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen bei Veräußerung und Einbringung

Ein praxisorientierter Überblick

StB/vBP Prof. Dr. Hans Ott

Beim Verkauf eines Einzelunternehmens, eines Teilbetriebs oder des gesamten Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft sieht das Steuerrecht bei natürlichen Personen neben der grundsätzlichen Gewerbesteuerfreiheit solcher Vorgänge unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung eines Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG sowie Steuersatzvergünstigungen nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG vor. Daneben ist der Erhalt der Vergünstigungen bei der Betriebsveräußerung bzw. bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen daran geknüpft, dass der Betrieb bzw. der Mitunternehmeranteil mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert wird. Oftmals besteht jedoch in der Praxis der Wunsch, solche wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückzubehalten oder vor einer Veräußerung ohne Auflösung der stillen Reserven auf einen anderen Rechtsträger zu übertragen. Wie sich eine solche Vorab-Auslagerung oder der Zurückbehalt wesentlicher Betriebsgrundlagen auf die steuerlichen Vergünstigungen auswirken, ist Gegenstand der folgenden Überlegungen.

Geißler, Betriebsveräußerung, infoCenter NWB XAAAB-05656

Kernfragen
  • Was gilt bei der Vorab-Auslagerung wesentlicher Betriebsgrundlagen?

  • Was ist bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zu beachten?

  • Welche Auffassung vertritt die Finanzverwaltung zu Vorab-Auslagerungen bei Einbringungen?

I. Betriebsveräußerung

1. Voraussetzungen für Steuervergünstigungen

[i]Hänsch, Veräußerung eines Betriebs, eines Teilbetriebs bzw. eines Mitunternehmeranteils gemäß § 16 EStG, Grundlagen NWB SAAAE-58871 Hänsch, Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG, Grundlagen NWB PAAAE-90361 Voraussetzung für den Erhalt der Steuervergünstigungen nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG ist das Vorliegen einer Betriebsveräußerung oder zumindest einer Betriebsaufgabe nach § 16 EStG. Bei der Betriebsveräußerung muss der Betrieb nach R 16 Abs. 2 EStR 2012 in einem einheitlichen Vorgang mit allen seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen gegen Entgelt in der Weise auf einen Erwerber übertragen werden, dass der Betrieb als geschäftlicher Organismus fortgeführt werden kann. Eine lediglich langfristige Nutzungsüberlassung an den Erwerber reicht für die Annahme einer Betriebsveräußerung i. S. der §§ 16 und 34 EStG nicht aus. Die tatsächliche Fortführung des Betriebs durch den Erwerber ist dagegen nicht erforderlich.

Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage bestimmt sich nach der sog. funktional-quantitativen Betrachtungsweise und schließt damit Wirtschaftsgüter ein, in denen stille Reserven ruhen. Verbindlichkeiten, die der Erwerber nicht übernimmt, bleiben Betriebsvermögen, sofern diese nicht aus dem Veräußerungspreis oder durch Verwertung zurückbehaltener Wirtschaftsgüter hätten abgedeckt werden können. Weitere Voraussetzung ist nach Auffassung der Finanzverwaltung in H 16 Abs. 1 EStH 2018, dass der Veräußerer die mit dem veräußerten Betriebsvermögen verbundene Tätigkeit aufgibt.

Begünstigt ist auch die Veräußerung eines Teilbetriebs i. S. von R 16 Abs. 3 EStR 2012, wobei es naturgemäß nach H 16 Abs. 3 EStH 2018 nicht erforderlich ist, dass der Veräußerer seine gewerbliche Tätigkeit in vollem Umfang beendet. Ausreichend ist vielmehr, die gewerbliche Tätigkeit S. 574aufzugeben, die sich auf die veräußerten wesentlichen Betriebsgrundlagen bezieht.

2. Zurückbehaltene wesentliche Betriebsgrundlagen

Während zurückbehaltene nicht wesentliche Betriebsgrundlagen, die keine stillen Reserven enthalten, einer begünstigten Betriebsveräußerung nicht entgegenstehen, liegt bei einem Zurückbehalt wesentlicher Betriebsgrundlagen keine begünstigte Betriebsveräußerung vor. Da aber im Hinblick auf zurückbehaltene Wirtschaftsgüter zwangsläufig eine Entnahme in das Privatvermögen erfolgt, liegt jedoch immer noch eine nach den §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG begünstige Betriebsaufgabe vor. Denn nach H 16 Abs. 2 EStH 2018 ist eine Betriebsaufgabe im Ganzen anzunehmen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit und damit in einem einheitlichen Vorgang – nicht nach und nach – entweder in das Privatvermögen überführt oder alternativ teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt werden und damit der Betrieb als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört.

3. Vorab-Auslagerung wesentlicher Betriebsgrundlagen

Die Vorab-Auslagerung wesentlicher Betriebsgrundlagen auf einen anderen Rechtsträger im zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung führt indes zur Nichtanwendung der steuerlichen Vergünstigungen. Dies belegt auch die Verwaltungsauffassung im , die – im Anschluss an die Rechtsprechung des BFH – von der weiteren Anwendung der Gesamtplanbetrachtung im Rahmen der Gewährung der Steuervergünstigungen nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG ausgeht. Der Gesamtplangedanke soll der Verwirklichung des Zwecks der vorgenannten Vergünstigungen dienen, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht ungemildert dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen. Bei der Prüfung der Vergünstigungen nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG sind auch funktional nicht wesentliche Wirtschaftsgüter mit stillen Reserven zu berücksichtigen.

Maßgebender Betrachtungszeitprunkt für eine Betriebsveräußerung nach § 16 Abs. 1 EStG ist nicht der Abschluss des Kaufvertrags, sondern der Zeitpunkt, in dem das wirtschaftliche Eigentum übertragen wird. Zu diesem Zeitpunkt ist zu prüfen, ob ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil vorliegt. Nach dieser zeitpunktbezogenen Betrachtung ist es unschädlich, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage vor der Veräußerung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und der verbleibende Betrieb noch eine funktionsfähige betriebliche Einheit darstellt. Eine Vorab-Auslagerung darf somit nicht zu einer Betriebszerschlagung führen. Diese Betrachtung hat allerdings nur Bedeutung für die Frage, ob eine nicht der Gewerbesteuer unterliegende Betriebsveräußerung vorliegt, nicht aber für die Frage, ob der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG bzw. der ermäßigte Steuersatz nach § 34 EStG zur Anwendung kommt.

Denn die Anwendung der Begünstigungen nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG ist ausgeschlossen, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der Sachgesamtheit eine Auslagerung zum Buchwert (z. B. nach § 6 Abs. 5 EStG) erfolgt. Für die Gewährung der Vergünstigungen nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG sind z. B. folgende Vorgänge schädlich, die zwingend mit einer Buchwertfortführung verbunden sind:

  • die Überführung in einen anderen Gewerbebetrieb nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG,

  • die Überführung in das Sonderbetriebsvermögen des Veräußerers bei einer Mitunternehmerschaft (z. B. durch Nutzungsüberlassung an eine Mitunternehmerschaft, an welcher der Veräußerer beteiligt ist) nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG sowie

  • die unentgeltliche oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgende Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft, an welcher der Veräußerer beteiligt ist.

Für Zwecke der Gewerbesteuerfreiheit bei einer natürlichen Person als Veräußerer knüpft der BFH dagegen nicht an die Voraussetzungen der §§ 16 und 34 EStG an, auch wenn diese oftmals vorliegen dürften. Unter Berücksichtigung des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer dient nämlich die Nichtbelastung mit Gewerbesteuer nicht dem Ziel, eine zusammengeballte Realisierung stiller Reserven abzumildern. Vielmehr ist entscheidend, dass die betriebliche Tätigkeit endgültig eingestellt wird. Nach der Rechtsprechung des BFH unterliegen Gewinne aus der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe – unabhängig davon, ob diese von den §§ 16 und 34 EStG erfasst werden – nicht der Gewerbesteuer.

Beispiel 1

X betreibt ein Einzelhandelsgeschäft, zu dessen Betriebsvermögen auch das Grundstück gehört, auf dem sich das Geschäftslokal und die Kundenparkplätze befinden. Zum möchte X seine Tätigkeit einstellen und sein Einzelhandelsgeschäft veräußern, das vorgenannte Grundstück aber zurückbehalten. Es ist mit einem nennenswerten Veräußerungsgewinn zu rechnen. Noch im September 2020 überträgt X das Grundstück zu Buchwerten gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG auf eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist er ist. An der KG ist daneben noch – S. 575ohne Vermögenseinlage – eine Verwaltungs-GmbH beteiligt, deren alleiniger Gesellschafter X ist.

Lösung zu Beispiel 1

Die zeitnahe Übertragung des Grundstücks auf die GmbH & Co. KG steht wegen der Gesamtplanbetrachtung einer Begünstigung des Veräußerungsgewinns unter den Voraussetzungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG entgegen. Der Veräußerungsgewinn unterliegt jedoch nicht der Gewerbesteuer.

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Seiten: 9
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