Online-Nachricht - Freitag, 29.05.2020

Gewerbesteuer | Das Sortenschutzrecht ist ein Recht i. S. des § 8 GewStG (BFH)

Überlässt ein Züchter das Sortenschutzrecht (§ 10 Abs. 1 SortSchG) zeitlich befristet einem Saatguthersteller gegen Lizenzzahlung, liegt eine Rechteüberlassung i. S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG vor. Bei der Rechteüberlassung eines Züchters an einen Saatguthersteller handelt es sich nicht um eine sog. Vertriebslizenz i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Denn der Saatguthersteller nutzt die Lizenz zur Herstellung von Vermehrungsmaterial für den Verkauf. Dieses Recht wird nicht unverändert an die Landwirte weitergegeben, da diese im Gegensatz zum Saatguthersteller nicht befugt sind, Vermehrungsmaterial zu erzeugen (, veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 8 Nr. 1 GewStG wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel aus der Summe der genannten Aufwendungen von Buchstabe a bis f hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe 100.000 € übersteigt. Gem. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG lässt ein Viertel der Aufwendungen für zeitlich befristete Überlassung von Rechten in die Hinzurechnungsberechnung einfließen. Die Vorschrift soll Gewinnverlagerungen entgegenwirken und die gewerbesteuerrechtliche Bemessungsgrundlage verbreitern.

Sachverhalt: Die Klägerin (AG) schloss mit der X-GmbH eine „exklusive Produktions-, Vertriebs- und Lizenzvereinbarung“. Die X-GmbH züchtet Sorten der landwirtschaftlichen Kulturart bis zur Marktreife, sie verfügt über keinen Vertriebsapparat. Die von ihr gezüchteten Sorten werden zur Sortenzulassung angemeldet. Sie ist Inhaberin von Sorten und Sortenrechten. Erklärt die X-GmbH gegenüber der Klägerin die Freigabe einer Sorte für den jeweiligen Vertriebskanal, kann diese für die angebotene Sorte erklären, ob sie diese Sorte in die Vermarktung aufnimmt. In diesem Fall ist die Sorte Bestandteil der Lizenzvereinbarung mit der X-GmbH, und ihr wird das exklusive Recht zur Produktion und zum Vertrieb übertragen. Lehnt die Klägerin die Vermarktung ab oder gibt sie diese später auf, erhält die X-GmbH das Recht zur Vergabe einer Lizenz an Dritte zurück und kann alternative Vertriebswege prüfen.

Für das verkaufte zertifizierte Saatgut erhält die X-GmbH eine Lizenzgebühr. Das FA berücksichtigte die von der Klägerin getätigten Lizenzaufwendungen in der Gewerbesteuer als Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG mit der Begründung, dass es sich nicht bloß um eine Vertriebslizenz handelt.

Die Klage beim FG (,F) blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin rügt mit der Revision, dass das FG das Tatbestandsmerkmal der zeitlich befristeten Überlassung der Lizenz verkannt hat. Es habe eine Übertragung des Wirtschaftsgutes auf die Klägerin stattgefunden und eine zeitliche befristete Überlassung liege nicht vor.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück:

  • Rechte i. S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG sind Immaterialgüterrechte, d. h. subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigem Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition ein Abwehrrecht besteht.

  • Als Rechte, die gegen Lizenzzahlung überlassen werden können, kommen - wie im vorliegenden Fall - auch die geschützten Rechte nach dem SortSchG in Betracht. Denn durch § 10 Abs. 1 SortSchG wird eine geschützte Rechtsposition vermittelt. Hiernach ist allein der Sortenschutzinhaber (§ 8 SortSchG) berechtigt, Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen, für Vermehrungszwecke aufzubereiten, in den Verkehr zu bringen, ein- oder auszuführen oder hierfür aufzubewahren.

  • Das Recht, nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SortSchG Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen und in den Verkehr zu bringen, wurde der Klägerin auch zeitlich befristet gegen Lizenzzahlungen überlassen.

  • Eine zeitlich befristete Überlassung von Rechten liegt bereits vor, wenn bei Abschluss des Vertrags ungewiss ist, ob und wann die Überlassung zur Nutzung endet. Für die Annahme einer zeitlichen Begrenzung genügt bereits das Vorhandensein gesetzlicher Kündigungsmöglichkeiten, die auf bestimmte Fälle beschränkt sind.

  • Die Lizenzvereinbarung sieht verschiedene Konstellationen vor, in denen die eingeräumten exklusiven Nutzungsrechte an die X-GmbH zurückfallen, was im Widerspruch zur endgültigen Übertragung des Vollrechts steht.

  • Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen, liegen bei sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechten vor, bei denen nur das Recht zum Absatz und Vertrieb bestimmter Produkte oder Dienstleistungen an den Lizenznehmer übertragen wird. Eine solche Vertriebslizenz ist nur dann gegeben, wenn der Lizenznehmer die eingeräumten Rechte nicht selbst nutzt. Im vorliegenden Fall wurde die Rückausnahme für Vertriebslizenzen verneint, da die Klägerin nicht als Handelsvertreterin, sondern selbst als Produzentin des Vermehrungsmaterials anzusehen ist.

  • Zudem hat die Klägerin den Landwirten nicht das durch § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SortSchG geschützte Recht vermittelt, das Saatgut anzubauen. Denn so weit reicht der Sortenschutz nicht. Geschützt ist lediglich die Erzeugung von Vermehrungsmaterial. Der reine Anbau von Vermehrungsmaterial zur Erzeugung von Erntegut ist vom Sortenschutzrecht regelmäßig nicht geschützt.

Quelle: , NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB WAAAH-49660