BGH Beschluss v. - 2 StR 517/19

Berücksichtigung der Sicherstellung der zum Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel im Rahmen der Strafzumessung

Gesetze: § 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 29a Abs 2 BtMG, § 46 StGB, § 74 Abs 1 StGB, § 267 Abs 2 S 1 Halbs 2 StPO

Instanzenzug: LG Stralsund Az: 22 KLs 10/19

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, Wertersatzeinziehung in Höhe von 33.300 Euro angeordnet, das zur Tatbegehung genutzte Grundstück und den verwendeten Personenkraftwagen VW    sowie diverse - im Urteilstenor ebenfalls näher bezeichnete - sichergestellte und beschlagnahmte Gegenstände, darunter ein silberfarbenes iPhone eingezogen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

32. Der Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand.

4a) Die in sämtlichen drei abgeurteilten Fällen verhängten Einzelstrafen unterliegen schon deshalb der Aufhebung, weil das Landgericht sowohl bei Ablehnung der Annahme minder schwerer Fälle im Sinne von § 29a Abs. 2 BtMG als auch bei der anschließenden konkreten Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten rechtsfehlerhaft berücksichtigt hat, der Angeklagte, der „selbst kein Drogenkonsument oder gar drogenabhängig“ war, habe auch „nicht unter dem Eindruck einer existenzbedrohenden finanziellen Notlage“ gehandelt; die Taten „erfolgten vielmehr allein aus Gewinnstreben, wobei sie [...] Züge organisierter Kriminalität trugen“. Diese Formulierungen lassen besorgen, dass die Strafkammer entgegen § 46 Abs. 3 StGB mit dem Gewinnstreben einen bereits zum Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gehörenden Umstand verwertet hat (vgl. , NStZ-RR 2018, 286; Senat, Beschlüsse vom - 2 StR 413/16, NStZ-RR 2017, 147 und vom - 2 StR 616/13, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Handeltreiben 7). Jedenfalls hat das Landgericht hiermit rechtsfehlerhaft das Fehlen möglicher Strafmilderungsgründe zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt (vgl. , NStZ-RR 2011, 271).

5b) Hinsichtlich der am begangenen Tat hat die Strafkammer zudem nicht in die Strafzumessung eingestellt, dass die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel sichergestellt wurden und deshalb nicht in den Verkehr gelangten.

6Bei diesem Gesichtspunkt handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wegen des damit verbundenen Wegfalls der von Betäubungsmitteln üblicherweise ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit um einen bestimmenden Strafzumessungsgrund, der sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung zu beachten ist (, StraFo 2017, 117 mwN) und der demzufolge gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO in den Gründen des Strafurteils angeführt werden muss (, NStZ 2013, 662).

7c) Das Landgericht hat die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten PKW des Angeklagten auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt. Es hat dabei zwar grundsätzlich bedacht, dass eine Maßnahme nach dieser Vorschrift den Charakter einer Nebenstrafe hat und damit eine Strafzumessungsentscheidung darstellt (vgl. , StV 2019, 739). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unbeträchtlichem Wert entzogen, ist dies als bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; Senat, Beschluss vom - 2 StR 447/19, juris Rn. 4 mwN siehe auch SSW-StGB/Heine, 4. Aufl., § 74 Rn. 3). Eine solche Gesamtbetrachtung hat das Landgericht indes nicht ausreichend vorgenommen; zu dem Wert des PKW hat es keine Feststellungen getroffen.

8d) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze die Einzelstrafen milder bemessen hätte. Der Wegfall der Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

93. Die Einziehungsentscheidung hat hinsichtlich des Personenkraftwagens VW     und des silberfarbenen iPhones keinen Bestand; im Übrigen ist sie rechtsfehlerfrei.

10a) Bereits der Wegfall des Strafausspruchs führt - unbeschadet fehlender Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 74f StGB - zur Aufhebung der Einziehungsentscheidung des zur Tatbegehung genutzten PKW; denn diese steht mit der Bemessung der Strafe - wie beschrieben - in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 StR 447/19, juris Rn. 6 mwN).

11b) Die offensichtlich auf § 74 Abs. 1 StGB gestützte Einziehungsentscheidung hinsichtlich des silberfarbenen iPhone hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand. Weder kann den Feststellungen und den sie tragenden Beweiserwägungen zweifelsfrei entnommen werden, dass der Angeklagte dieses Mobiltelefon als Tatmittel verwendet hat, noch belegen die Urteilsgründe, dass sich das Landgericht des Umstands bewusst gewesen ist, eine Ermessensentscheidung zu treffen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:050220B2STR517.19.0

Fundstelle(n):
QAAAH-49286