BGH Beschluss v. - XII ZR 29/19

Leitsatz

Eine Hilfsaufrechnung kann auch noch im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgenommen werden.

Gesetze: § 145 Abs 3 ZPO, § 544 ZPO

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 2 U 60/18vorgehend LG Frankfurt Az: 2-28 O 203/17nachgehend Az: XII ZR 29/19 Beschluss

Gründe

11. Das Berufungsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Räumung und Herausgabe von Geschäftsräumen verurteilt sowie - unter Aberkennung ihrer Hilfsaufrechnung - zur Zahlung von Miete beziehungsweise Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt 137.088 €. Die Beklagten haben gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil fristgerecht Beschwerde gemäß § 544 Abs. 1 ZPO eingelegt. Mit der Beschwerdebegründung haben sie ihre Hilfsaufrechnung zurückgenommen.

22. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zurückzuweisen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

33. Bei der Wertbemessung ist die Rücknahme der Hilfsaufrechnung zu berücksichtigen.

4Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Aufrechnende nicht gehindert, eine einmal erklärte Hilfsaufrechnung frei zurückzunehmen. Denn sie wird nur für den Fall erklärt, dass das Gericht die Klagforderung in seiner abschließenden Entscheidung für begründet erachtet (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 1, 5 = FamRZ 2009, 401 Rn. 12 mwN). Eine Prozesserklärung ist - mangels abweichender Regelung wie etwa in § 269 Abs. 1 ZPO - nach der Dispositionsmaxime frei rücknehmbar, wenn sie noch keine unmittelbar prozessgestaltende Wirkung hatte, die angestrebte gerichtliche Entscheidung noch nicht ergangen ist und durch sie auch keine geschützte Position der Gegenseite entstanden ist (vgl. - NJW 2002, 442 - zum Widerruf einer einseitigen Erledigungserklärung in der Revisionsinstanz; - NJW 2015, 2425 Rn. 28 mwN - zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung). Das gilt auch für die Hilfsaufrechnung, wenn - wie hier - die Hauptforderung noch nicht rechtskräftig zuerkannt wurde. Sie hat keine unmittelbar prozessgestaltende Wirkung und kann bis zur Rechtskraft der abschließenden Entscheidung zurückgenommen werden. Dies ist eine Folge des Umstands, dass die im Prozess erklärte Aufrechnung ein Verteidigungsmittel ist, das auch in seiner sachlich-rechtlichen Wirkung davon abhängig ist, dass die prozessuale Geltendmachung der Aufrechnung wirksam wird ( - NJW-RR 1991, 156, 157). Eine Rücknahme der Hilfsaufrechnung ist unter diesen Voraussetzungen auch im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zulässig, weil gemäß § 544 Abs. 7 Satz 1 ZPO die Rechtskraft des Berufungsurteils gehemmt wird. Eine analoge Anwendung des § 269 Abs. 1 ZPO (iVm § 555 ZPO) ist nicht geboten (vgl. BGHZ 57, 242, 243 f. = NJW 1972, 450).

5Die schon mit Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde erklärte Rücknahme der Hilfsaufrechnung führt dazu, dass die Hilfsaufrechnung für den gerichtlichen Streitwert im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu berücksichtigen ist (vgl. - NJW-RR 2018, 700 Rn. 23 und - MDR 2013, 1376).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:250320BXIIZR29.19.0

Fundstelle(n):
NJW 2020 S. 1975 Nr. 27
NJW-RR 2020 S. 761 Nr. 12
GAAAH-48611