Online-Nachricht - Donnerstag, 19.03.2020

Grunderwerbsteuer | Dem Verkäufer vorbehaltene Nutzungen als grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung (BFH)

Verpflichtet sich der Käufer beim Kauf eines Grundstücks, dieses dem Verkäufer ohne angemessenes Entgelt zur Nutzung zu überlassen, liegt darin eine Gegenleistung für das Grundstück (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag ein Grundstück vom Verkäufer. Das als Kulturdenkmal erfasste, parkähnliche Gelände war mit acht Gebäuden bebaut, von denen drei (Nr. 1a, 2 und 5) genutzt wurden; die anderen befanden sich in schlechtem baulichen Zustand und standen leer. In § 2 des Kaufvertrags räumte die Klägerin dem Verkäufer das Recht ein, seine bisherige Nutzung der Gebäude 2 und 5 zunächst für 30 Jahre unentgeltlich fortzusetzen. In § 4 des Kaufvertrags wurde die Zahlung eines Geldbetrages i.H.v. 100.000 € zur Ablösung bestehender Lasten von dem Verkäufer an die Klägerin vereinbart.

Das FA setzte Grunderwerbsteuer fest und zog dabei zuletzt den Kapitalwert der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen als Gegenleistung heran, den es zuletzt mit 491.462,20 € bezifferte. Die hiergegen gerichtet Klage hatte Erfolg und das FG hob den Bescheid auf, da die Steuer auf 0 € festzusetzen sei ().

Der BFH sah die Revision des FA als begründet an und verwies die Sache an das FG zurück:

  • Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis ein¬schließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Nutzungen sind gemäß § 100 BGB u.a. die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Sie gebühren nach § 446 Satz 2 BGB von der Übergabe der Sache an dem Käufer. Wird die Norm vertraglich abbedungen, belässt der Grundstückskäufer also die Nutzungen dem Verkäufer über diesen Zeitpunkt hinaus, liegt darin ein geldwerter Vorteil, den der Käufer für den Erwerb der Sache hingibt. Dies rechtfertigt die Einbeziehung der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen in die Gegenleistung.

  • Für die Bestimmung der Gegenleistung ist nicht maßgebend, was die Vertragschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich tatsächlich verpflichtet haben.

  • Die Klägerin hatte für den Kauf des Grundstücks keinen Kaufpreis zu entrichten; stattdessen hatte der Verkäufer eine Zuzahlung in Höhe von 100.000 € zu leisten.

  • Daneben hat die Klägerin dem Verkäufer das Recht eingeräumt, seine bisherige Nutzung der Gebäude 2 und 5 für 30 Jahre unentgeltlich fortzusetzen. "Unentgeltlich" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin vom Verkäufer kein gesondertes Entgelt für die Überlassung der Gebäude fordert. Der Wert der Nutzungen stellt vielmehr eine - grunderwerbsteuerrechtliche - Gegenleistung der Klägerin für den Erhalt des Grundstücks dar.

  • Bemessungsgrundlage i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist demgemäß der Wert der Nutzungen abzüglich der Zuzahlung des Verkäufers in Höhe von 100.000 €.

  • Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen zum Umfang der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen zu treffen und das Nutzungsrecht zu bewerten haben.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB GAAAH-44833