BSG Beschluss v. - B 11 SF 2/19 R

Instanzenzug: Az: S 50 SO 144/19 Beschluss

Gründe

1I. Die Klägerin, ein Pflegedienst, nimmt den Beklagten aus einem Schuldbeitritt auf Zahlung von 51 051,79 Euro für Pflegedienstleistungen in Anspruch. Auf den Widerspruch des Beklagten gegen einen von der Klägerin erwirkten Mahnbescheid wurde das Verfahren an das LG Berlin abgegeben, welches auf den übereinstimmenden Antrag der Beteiligten den Rechtsstreit an das SG Berlin verwiesen hat (Beschluss vom ). Rechtsmittel hiergegen wurden nicht eingelegt. Das SG hat sich für unzuständig und deklaratorisch die Rückverweisung an das LG erklärt und den Rechtsstreit dem BSG vorgelegt (Beschluss vom ).

2II. Das zuständige Gericht ist in entsprechender Anwendung von § 58 Abs 1 Nr 4 SGG zu bestimmen. Diese Vorschrift ist auch bei einem sogenannten negativen rechtswegübergreifenden Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige anwendbar, sofern sich die beiden beteiligten Gerichte jeweils für unzuständig erklärt haben (vgl nur - juris RdNr 2 mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor. Das BSG ist als der für einen der beiden beteiligten Gerichte zuständige oberste Gerichtshof für die Bestimmung zuständig, weil es vom SG Berlin als erster oberster Gerichtshof um die Entscheidung angegangen worden ist (BSG aaO - juris RdNr 3).

3Zuständiges Gericht ist das SG Berlin. Dies ergibt sich aus der Bindungswirkung des Beschlusses des LG Berlin. Ein nach § 17a GVG ergangener Beschluss, mit dem ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Gericht eines anderen Rechtswegs verwiesen hat, ist einer weiteren Überprüfung entzogen, sobald er unanfechtbar geworden ist. Ist das zulässige Rechtsmittel nicht eingelegt worden oder ist es erfolglos geblieben oder zurückgenommen worden, ist die Verweisung für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs gemäß § 17a Abs 2 Satz 3 GVG bindend ( - RdNr 4; - RdNr 7; - MDR 2013, 1242; - NJW 2014, 2125). Dies gilt im Interesse des verfassungsrechtlich gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) und einer möglichst zügigen sachlichen Entscheidung unabhängig von der Verletzung prozessualer oder materieller Vorschriften, denn es ist nicht die Aufgabe des "gemeinsam" übergeordneten Gerichts im Verfahren nach § 58 Abs 1 Nr 4 SGG, den Streit der beteiligten Gerichte über den Anwendungsbereich von Regelungen über die Zuständigkeit zu entscheiden oder in jedem Einzelfall die Richtigkeit des dem Verweisungsbeschluss vorliegenden Subsumtionsvorgangs zu überprüfen (vgl nur - juris RdNr 6).

4Der Ausnahmefall einer Durchbrechung der Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses liegt nicht vor. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt eine Durchbrechung der gesetzlichen Bindungswirkung wegen der von § 17a GVG selbst eröffneten Überprüfungsmöglichkeiten (vgl - Buchholz 300 § 17a GVG Nr 29) allenfalls bei krassen Rechtsverletzungen in Betracht, etwa wenn der Beschluss dazu führt, dass sich die Verweisung bei Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Normen in einer nicht mehr hinnehmbaren, willkürlichen Weise von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) entfernt (vgl nur - juris RdNr 6 mwN; vgl zB - WM 2011, 1281; - BFH/NV 2006, 329 mwN; - Buchholz 300 § 17a GVG Nr 29). Angesichts des von der Klägerin mit "Leistungen nach SGB XII" bezeichneten Gegenstands und der von den Beteiligten übereinstimmend beantragten Verweisung an das SG geht der Senat vorliegend nicht von Willkür des LG aus. Aufgrund des Vorbringens der Beteiligten ist es nicht schlechthin unvertretbar, dass dieses Gericht davon ausgegangen ist, dass es sich um eine Angelegenheit der Sozialhilfe handele.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2019:201219BB11SF219R0

Fundstelle(n):
CAAAH-41327