Online-Nachricht - Freitag, 13.12.2019

Arbeitsrecht | Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - Einheit des Verhinderungsfalls (BAG)

Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist auch dann auf die Dauer von sechs Wochen beschränkt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue, auf einem anderen Grundleiden beruhende Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls). Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht nur, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits zu dem Zeitpunkt beendet war, zu dem die weitere Erkrankung zur Arbeitsunfähigkeit führte ().

Sachverhalt: Die Klägerin war bei der Beklagten bis zum als Fachkraft in der Altenpflege beschäftigt. Seit dem war sie infolge eines psychischen Leidens arbeitsunfähig. Die Beklagte leistete Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis einschließlich . Im Anschluss bezog die Klägerin auf der Grundlage von Folgebescheinigungen ihrer Hausärzte, die zuletzt am eine bis einschließlich fortbestehende Arbeitsunfähigkeit attestierten, Krankengeld. Am unterzog sich die Klägerin wegen eines gynäkologischen Leidens einer seit längerem geplanten Operation. Ihre niedergelassene Frauenärztin bescheinigte am als „Erstbescheinigung“ eine Arbeitsunfähigkeit vom bis zum und durch Folgebescheinigung eine fortbestehende Arbeitsverhinderung bis einschließlich . Im Juli 2017 erbrachte die Klägerin im Hinblick auf ihr gewährten Urlaub und Überstundenausgleich keine Arbeitsleistungen mehr und begann eine Psychotherapie bei einem Neurologen.

Die Klägerin erhielt in der Zeit vom 19. Mai bis zum weder von der Beklagten Entgeltfortzahlung noch von ihrer Krankenkasse Krankengeld. Mit ihrer Klage hat sie für diesen Zeitraum von der Beklagten die Zahlung von 3.364,90 € brutto nebst Zinsen verlangt. Sie hat geltend gemacht, sie sei ab dem wegen eines neuen Leidens arbeitsunfähig gewesen. Die Arbeitsunfähigkeit wegen ihrer psychischen Erkrankung habe am geendet. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, den Umständen nach sei von einem einheitlichen Verhinderungsfall auszugehen. Die Klägerin habe deshalb nur einmal für die Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beanspruchen können. Diesen Anspruch habe sie erfüllt. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Klage - nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von drei Ärzten – abgewiesen ().

Das BAG weist die Revision ab:

  • Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

  • Ist der Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig und schließt sich daran in engem zeitlichen Zusammenhang eine im Wege der „Erstbescheinigung“ attestierte weitere Arbeitsunfähigkeit an, hat der Arbeitnehmer im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der weiteren Arbeitsverhinderung geendet hatte.

  • Dies ist der Klägerin nicht gelungen. Das LAG hat durch Vernehmung der die Klägerin behandelnden Ärzte umfassend Beweis erhoben. Danach konnte nicht festgestellt werden, dass ein einheitlicher Verhinderungsfall nicht vorlag.

  • Das gilt umso mehr als nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Untersuchung der Klägerin durch den behandelnden Arzt bei der Feststellung der bis einschließlich attestierten Arbeitsunfähigkeit nicht erfolgte.

Quelle: BAG, Pressemitteilung Nr. 45/19 (ImA)

Fundstelle(n):
NWB UAAAH-37709