Online-Nachricht - Donnerstag, 05.12.2019

Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug aus berichtigten Schlussrechnungen (BFH)

Bei einer Schlussrechnung ergibt sich der Vorsteuerabzug aus der ausgewiesenen Umsatzsteuer abzüglich der bereits in den Abschlagsrechnungen enthaltenen Umsatzsteuer. Eine berichtigte Rechnung setzt ein Dokument voraus, das spezifisch und eindeutig auf die berichtigte Rechnung bezogen ist (, veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger ist Eigentümer eines Geschäftsgrundstücks, das er teilweise umsatzsteuerpflichtig vermietete. Aus den Herstellungskosten des Gebäudes machte er den Vorsteuerabzug geltend.

Der Bauunternehmer rechnete in der ursprünglichen Abschlussrechnung aus 2007 nicht alle Leistungen vollständig ab bzw. minderte den Rechnungsbetrag vor Berechnung der Umsatzsteuer um den vereinbarten Sicherheitseinbehalt.

Im Jahr 2012 berichtigte der Bauunternehmer seine Schlussrechnung und erhöhte die Bemessungsgrundlage um ca. 20.000 € und die Umsatzsteuer entsprechend um 3.800 €. Einen ausdrücklichen Hinweis auf die Rechnung aus 2007 war nicht enthalten, allerdings enthielten bei Rechnungen den Vermerk „Komm. 245“. Der Kläger zahlte den Rechnungsbetrag vollständig.

Der Kläger begehrte den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt der Leistungserbringung und erstmaligen Rechnungsausstellung im Jahr 2007. Das FA vertrat hingegen die Auffassung, dass der Vorsteuerabzug erst in 2012 zu gewähren sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte nur teilweise Erfolg (). Weitere Informationen zur Vorinstanz finden Sie bei .

Der BFH hebt das Urteil des FG auf und verweist die Sache zurück:

  • Eine Revision ist auch zulässig, wenn das FG der Klage zwar stattgibt, dem Klagebegehren aber nicht voll entspricht. Dies ist hier der Fall, weil das FG die Umsatzsteuer nicht in der von Kläger beantragten Höhe herabgesetzt hat.

  • Nach der EuGH-Rechtsprechung können Rechnungen, die fehlende oder fehlerhafte Angaben aufweisen, mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung berichtigt werden (EuGH-Urteil Senatex v. - C 518/14; und ).

  • Das setzt nach Art. 219 MwStSystRL voraus, dass die berichtigte Rechnung spezifisch und eindeutig auf diese bezogen ist. Dem entspricht die Regelung in § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG i.V.m. § 31 Abs. 5 S. 2 UStDV (vgl. , Rz 24).

  • An einem spezifischen und eindeutigen Bezug auf die Rechnung vom fehlt es vorliegend. Der einzige Hinweis ist der Vermerk "Komm. 245", der sich auch auf der Rechnung vom befindet. Dies ist weder spezifisch noch eindeutig.

  • Die Rechnung vom entfaltet daher keine Rückwirkung.

  • Bei einer Schlussrechnung ergibt sich der Vorsteuerabzug aus der ausgewiesenen Umsatzsteuer abzüglich der bereits in den Abschlagsrechnungen enthaltenen Umsatzsteuer, wobei ggf. ein nur anteilig anzuerkennender Anteil zu berücksichtigen ist.

  • Das FG ist im Streitfall unzutreffend davon ausgegangen, dass sich der anzuerkennende Vorsteuerbetrag aus dem im Nachforderungsbetrag enthaltenen Steuerbetrag ergibt.

  • Das FG hat ebenfalls unzutreffend entschieden, dass ein Vorsteuerabzug aus Rechnungen mit einem unzutreffend hohen Steuersatz auch hinsichtlich des erhöhten Teiles besteht.

  • Denn § 15 Abs. 1 UStG lässt i.d.F. des StÄndG 2003 nur den Abzug der geschuldeten Steuer zu. Hierzu gehört aber nicht eine unberechtigt ausgewiesene Steuer.

Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter am BFH:

Das der Revision zugrunde liegende FG-Urteil betrifft nicht nur diverse umsatzsteuerrechtliche Probleme, sondern ist ein anschauliches Beispiel für Murphy’s law, wonach alles, was schiefgehen kann, auch schiefgehen wird.

Es begann damit, dass das FG der Klage in den Gründen zwar vollumfänglich stattgegeben, die Umsatzsteuer aber nicht, wie vom Kläger beantragt, um 14.068,04 €, sondern nur um 1.665,40 € herabgesetzt hat. Dann hat das FG verkannt, dass die auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung rückwirkende Berichtigung von Rechnungen voraussetzt, dass die berichtigte Rechnung spezifisch und eindeutig auf die Ursprungsrechnung bezogen ist, was vorliegend nicht der Fall war. Darüber hinaus hat das FG übersehen, dass sich der Vorsteuerabzug bei einer Schlussrechnung aus der ausgewiesenen Umsatzsteuer abzüglich der bereits in den Abschlagsrechnungen enthaltenen Umsatzsteuer ergibt und nicht etwa aus dem Zahlbetrag.

Zu guter Letzt hat sich das FG bei der Frage nach der Höhe des Vorsteuerabzugs zu der Behauptung verstiegen, dass in einer Rechnung überhöht ausgewiesene Umsatzsteuer zu einem Vorsteueranspruch in der (überhöht) ausgewiesenen Höhe führt. Das ist spätestens seit der Änderung von § 15 Abs. 1 UStG durch das StÄndG 2003 schlicht falsch, weil § 15 Abs. 1 UStG seitdem nur den Abzug der geschuldeten Steuer zulässt, was aber keine ungerechtfertigt ausgewiesene Steuer umfasst. Zu demselben Ergebnis kam man aber im Übrigen im Wege richtlinienkonformer Auslegung bereits seit den BFH-Urteilen vom , vom und vom kommen. Der BFH hatte bei den Aufhebungsgründen also die freie Auswahl.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB WAAAH-36933