Online-Nachricht - Donnerstag, 05.12.2019

Umsatzsteuer | Steuerfreie Veräußerung von Kapitallebensversicherungen auf dem Zweitmarkt (BFH)

Die entgeltliche Übertragung von "gebrauchten" Kapitallebensversicherungen auf dem Zweitmarkt ist als Umsatz im Geschäft mit Forderungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG von der Umsatzsteuer befreit (, veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die von Privatpersonen abgeschlossene Kapitallebensversicherungen erwarb. Der Kaufpreis lag über dem sog. Rückkaufswert, aber unter den eingezahlten Versicherungsprämien. Anschließend änderte die Klägerin die Versicherungsverträge, indem sie die für die Ablaufleistung unerheblichen Zusatzversicherungen kündigte und die Beitragszahlung auf jährliche Zahlungsweise umstellte. Danach veräußerte sie ihre Rechte an den so modifizierten Kapitallebensversicherungen an Fondsgesellschaften. Ihre Umsätze aus der entgeltlichen Übertragung von Kapitallebensversicherungen behandelte die Klägerin im Streitjahr (2007) als umsatzsteuerfrei.

Das FA ging hingegen davon aus, dass es sich bei der Veräußerung von Kapitallebensversicherungen auf dem Zweitmarkt um eine einheitliche steuerpflichtige Leistung handele. Diese Leistung sei auf der Grundlage des von den Fondsgesellschaften gezahlten Kaufpreises zu versteuern. Die Klage beim FG hatte keinen Erfolg ().

Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Klage statt:

  • Es handelt sich um steuerfreie Umsätze im Geschäft mit Forderungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG.

  • Die Klägerin erbrachte mit der Veräußerung ihrer Rechte und Pflichten an den vertraglich angepassten Kapitallebensversicherungen eine einheitliche sonstige Leistung. Dabei ist die Übertragung der (künftigen) Forderung (Ablaufleistung) als Hauptleistung anzusehen, weil die Erwerber auf dem Zweitmarkt (Fonds) lediglich Interesse am Sparanteil der Versicherung haben.

  • Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf das Geschäftsmodell des An- und Verkaufs von "gebrauchten" Lebensversicherungen. Diesem wäre bei der vom FA und vom FG vertretenen Umsatzbesteuerung die Geschäftsgrundlage entzogen worden.

Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter am BFH:

Der BFH ist im Gegensatz zum FG-Urteil zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der Veräußerung von Kapitallebensversicherungen auf dem Zweitmarkt um steuerfreie Umsätze im Geschäft mit Forderungen (§ 4 Nr. 8 Buchst. c UStG) handelt.

Das beruht im Wesentlichen darauf, dass er die Würdigung durch das FG durch seine eigene ersetzt hat. Das durfte der BFH vorliegend ausnahmsweise, weil er im Rahmen der revisionsrechtlichen Nachprüfung der Auslegung von Verträgen durch das FG auch nachzuprüfen hat, ob das FG die für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten, erforscht und zutreffend gewürdigt hat. Das war hier nicht der Fall, weil das FG nicht berücksichtigt hatte, dass das Interesse der Käufer allein auf den Erwerb einer Kapitalanlage gerichtet war.

Quelle: Pressemitteilung des BFH Nr. 78 vom 5.12.2019; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB XAAAH-36924