Online-Nachricht - Montag, 25.11.2019

Verfahrensrecht | Festsetzungsverjährung bei Unterbrechung einer Betriebsprüfung; Anerkennung von Verträgen zwischen nahestehenden Personen (FG)

Die mehr als sechsmonatige Unterbrechung einer Betriebsprüfung unmittelbar nach deren Beginn führt auch dann zum rückwirkenden Eintritt der Festsetzungsverjährung, wenn die Prüfung auf Antrag des Steuerpflichtigen verschoben wurde. Die Anforderung der Daten-CD und weiterer Unterlagen ist als qualifizierte Prüfungshandlung und damit als Prüfungsbeginn zu werten. Ein Pachtvertrag mit dem Lebenspartner ist steuerlich nicht anzuerkennen, wenn seine Gestaltung und Durchführung nicht fremdüblich ist und auf einen Gleichklang der wirtschaftlichen Interessen schließen lässt (; NZB eingelegt).

Sachverhalt: Der Kläger ist Arzt. Er wird mit seinem Lebenspartner S zusammen veranlagt. Der Kläger betrieb bis 2008 eine Privatklinik auf einem von seinem Lebenspartner angemieteten Grundstück.

Am erging gegenüber dem Kläger eine Prüfungsanordnung für die Jahre 2006 bis 2008. Damit erging die Prüfungsanordnung vor Ablauf der Festsetzungsfrist (); für den Beginn der Prüfung wurde der mitgeteilt. Der Steuerpflichtige beantragte den Beginn der Prüfung auf Januar des Folgejahres (2013) zu verschieben und die Prüfung an Amtsstelle durchzuführen. Im August 2013 teilte der Prüfer mit, dass die Prüfung an Amtsstelle durchgeführt werde und forderte Unterlagen an (Daten-CD, Verträge, Belege). Der Steuerpflichtige übersendete nur die Daten-CD. Von November 2013 bis April 2014 war der Prüfer arbeitsunfähig erkrankt. Wegen einer Klage ein anderes Jahr betreffend waren die Steuerakten beim FG. Im August 2014 holte der Prüfer die Akten beim FG ab, überspielte die Daten der CD und begann mit der Prüfung dieser Daten. Im September 2014 wurde ein Fragenkatalog an den Steuerpflichtigen gerichtet.

Das FA erkannte das Mietverhältnis nicht an und erließ geänderte Steuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008.

Das FG hält die Klage für teilweise begründet und führt dazu aus:

  1. Festsetzungsverjährung für 2006 und 2007:

    • § 171 Abs. 4 S. 1 AO: Die Ablaufhemmung sieht vor, dass ein Antrag des Steuerpflichtigen auf Verschiebung der Außenprüfung zur Hemmung der Festsetzungsfrist führt.

    • Im Streitfall hatte der Kläger einen entsprechenden Antrag gestellt wodurch die Festsetzungsfrist zunächst gehemmt war.

    • § 171 Abs. 4 S. 2 AO: Wenn eine bereits begonnene Außenprüfung für mehr als 6 Monate aus Gründen die das FA zu vertreten hat unterbrochen wird, soll die Ablaufhemmung in S. 1 nicht gelten.

    • Im Streitfall lag der Grund für die Unterbrechung der Prüfung (Erkrankung des Prüfers) in der Sphäre des FA und waren daher von ihm zu vertreten.

    • § 171 Abs. 4 S. 2 AO wird nicht durch § 171 Abs. 4 S. 1 AO verdrängt, so dass im Streitfall darauf abzustellen ist, dass eine Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für 6 Monate unterbrochen wurde, da der Prüfer mit qualifizierten Prüfungshandlungen begonnen hatte.

    • Als qualifizierte Prüfungshandlung ist auch die Entgegennahme der Daten-CD anzusehen (vgl. ). Dass die Daten-CD nicht vor Ort übergeben, sondern per Post geschickt wurde, spielt dabei keine Rolle.

    • Im Ergebnis ist für die Jahre 2006 und 2007 rückwirkend zum Festsetzungsverjährung eingetreten. Daher durften für diese Jahre keine geänderten Steuerbescheide mehr ergehen.

  2. Mietverträge zwischen nahen Angehörigen:

    • Mietverträge unter nahestehenden Personen sind in der Regel der Besteuerung nicht zu Grunde zu legen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (ständige Rechtsprechung, vgl. ).

    • Im Streitfall ist von einem Gleichklang der wirtschaftlichen Interessen (also keine Fremdüblichkeit) auszugehen. Dafür sprechen bspw. die zeitgleiche Veräußerung der Klinik an einen Erwerber und die anwachsenden Mietrückstände (die Miete wurde nur unregelmäßig in variierender Höhe gezahlt). Beides hätte ein fremder Dritter nicht akzeptiert.

    • Auch eine Abtretungs- und Sicherungsübereignungsvereinbarung vom und ein Schuldanerkenntnis aus dem Jahr 2011 stellen keine Indizien für die Annahme gegenläufiger wirtschaftlicher Interessen dar. Insbesondere, weil sich die Vereinbarungen nicht ausdrücklich auf Pachtverbindlichkeiten beziehen und nicht fremdüblich sind.

    • Im Ergebnis stellen die Pachtzahlungen an den Lebenspartner keine Betriebsausgaben des Klägers dar.

Hinweis:

Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB XAAAH-35832