Online-Nachricht - Donnerstag, 10.10.2019

Einkommensteuer | Abzinsung von unverzinslichen Langfristdarlehen (BFH)

Vertragsbeziehungen zwischen verschwägerten Personen unterliegen als Angehörigenverträge einer Fremdvergleichskontrolle. Eine rückwirkend auf den Vertragsbeginn vereinbarte Verzinsung eines zunächst unverzinslich gewährten Darlehens ist (bilanz-)steuerrechtlich unbeachtlich, sofern diese Vereinbarung erst nach dem Bilanzstichtag getroffen wird. Gegen die Höhe des Abzinsungssatzes für unverzinsliche Verbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG bestehen für das Jahr 2010 keine verfassungsrechtlichen Bedenken (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin erhielt im Jahr 2010 für ihren Gewerbebetrieb von einem Bekannten ein langfristiges und zunächst nicht zu verzinsendes Darlehen über ca. 250.000 €. Während einer Außenprüfung, in der es um eine bilanzielle Gewinnerhöhung aufgrund der fehlenden Verzinsung ging, legten die Vertragspartner eine ab dem beginnende Verzinsung von jährlich 2 % fest. Später hoben sie den ursprünglichen Darlehensvertrag auf und vereinbarten rückwirkend ab 2010 eine Darlehensgewährung zu 1 % Zins. Das FG, das das Darlehen steuerlich dem Grunde nach anerkannte, ließ die nachträglich getroffenen Verzinsungsabreden bilanziell unberücksichtigt, so dass sich für das Streitjahr ein einkommen- und gewerbesteuerpflichtiger Abzinsungsgewinn ergab (s. hierzu Rätke, BBK 18/2017 S. 847).

Der BFH bestätigte insoweit die Entscheidung der Vorinstanz:

  • Durch das Abzinsungsgebot für unverzinsliche Verbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG wird steuerlich berücksichtigt, dass eine erst in Zukunft zu erfüllende Verpflichtung weniger belastet als eine sofortige Leistungspflicht und mangels Gegenleistung für den Zahlungsaufschub nicht mit dem Nenn-, sondern dem geringeren Barwert zu passivieren ist.

  • Zeitlich nach dem jeweiligen Bilanzstichtag getroffene Zinsabreden können - selbst wenn sie zivilrechtlich rückwirkend erfolgten - wegen des bilanzsteuerrechtlichen Stichtagsprinzips sowie des allgemeinen steuerlichen Rückwirkungsverbots erst für künftige Wirtschaftsjahre berücksichtigt werden.

  • Darüber hinaus bestehen gegen die Höhe des Abzinsungssatzes für unverzinsliche Verbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG für das Jahr 2010 keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hat sich das niedrigere Marktzinsniveau noch nicht derart strukturell verfestigt, dass es dem Gesetzgeber nicht noch zuzubilligen gewesen wäre, aus Vereinfachungsgründen an dem statischen Abzinsungssatz von 5,5 % festzuhalten. Der vergleichsweise heranzuziehende Zins am Fremdkapitalmarkt hat Ende des Jahres 2010 noch knapp unter 4 % gelegen.

  • Der BFH konnte in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden und hat daher den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen. Zu einem weiteren, von einem Schwager der Klägerin gewährten Darlehen hat das FG im zweiten Rechtsgang festzustellen, ob dieses im Hinblick auf die Anforderungen an Angehörigenverträge überhaupt dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist.

Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter am BFH:

Wie der (BStBl II 2018, 15) sieht der X. Senat die Abzinsung dieser Darlehen als verfassungsrechtlich unbedenklich an, auch wenn ein die Existenz gefährdender (Buch-)Gewinn die Folge ist. Jede Minimalverzinsung, von Anfang an richtig vereinbart, hätte es verhindert.

Den Angehörigenpersonenkreis fasst der X. Senat klassisch, einschließlich des Schwagers. Aufgrund des besonderen Näheverhältnisses solcher Verträge sprechen andere BFH-Senate auch von der „nahestehenden Person“ (z.B. ), die auch ein guter Freund sein kann (so ).

Der X. Senat des BFH hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe des Abzinsungszinssatz bis zum VZ 2010, da er diesen (schlicht) mit dem Fremdkapitalzinssatz und dem Abzinsungssatz nach der Rückstellungsverordnung vergleicht.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB AAAAH-32299