Online-Nachricht - Montag, 07.10.2019

Dieselgate | OLG Oldenburg urteilt zum sog. Abgasskandal

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat der Klage einer Frau aus Schleswig-Holstein gegen die Volkswagen AG stattgegeben. Es handelt sich um das erste Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg, in dem eine Haftung von VW grundsätzlich bejaht wird (OLG Oldenburg, Urteil v. - 5 U 47/19).

Sachverhalt: Die Frau hatte 2014 - also noch bevor der "Abgasskandal" in der Presse diskutiert wurde - in Oldenburg einen gebrauchten Pkw Golf VI Diesel zum Preis von rund 16.000 € gekauft. In dem Fahrzeug war der von der VW AG hergestellte Dieselmotor EA 189 verbaut. Nachdem das Kraftfahrtbundesamt (KBA) die Programmierung des Motors als unzulässige Abschalteinrichtung gerügt hatte, wurde im Jahr 2017 ein von der VW AG entwickeltes Software-Update aufgespielt. Die Klägerin wollte das Fahrzeug aber nicht behalten und verklagte die VW AG auf Schadensersatz gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Der Senat hat jetzt das Urteil des LG Oldenburg vom bestätigt, das der Klage im Wesentlichen stattgegeben hatte:

  • Der Klägerin steht gegen die VW AG ein Schadensersatzanspruch wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zu, § 826 BGB.

  • Die VW AG hat die Klägerin durch den Einbau und das Inverkehrbringen des fehlerhaften Motors getäuscht. Denn die Klägerin hätte das Auto nicht gekauft, wenn sie von der Abschaltprogrammierung gewusst hätte, die – jedenfalls vor der Konzipierung des Software-Updates - das Risiko mit sich gebracht hat, dass das Auto nicht mehr im Straßenverkehr gefahren werden durfte.

  • Das Verhalten der VW AG ist auch sittenwidrig, weil sie das mangelhafte Fahrzeug vorsätzlich und gerade zur Täuschung der Käufer in Verkehr gebracht hat.

  • Die Klägerin muss sich allerdings die bereits gezogenen Nutzungen anrechnen lassen. Das heißt, sie kann das Fahrzeug zwar zurückgeben, erhält aber vom Kaufpreis nur einen Teil zurück.

  • Für jeden gefahrenen Kilometer wird ein Abzug vorgenommen, weil die Klägerin das Auto tatsächlich genutzt und davon profitiert hat.

  • Die VW AG muss der Klägerin allerdings für die Zeit ab Vertragsschluss Zinsen auf den Kaufpreis zahlen (§ 849 BGB). Denn die Klägerin hat ihr Geld, das sie für das Auto ausgegeben hat, nicht anderweitig nutzen können.

Hinweis:

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil es noch keine einheitliche Rechtsprechung der deutschen Oberlandesgerichte zu diesem Komplex gibt. Das Oberlandesgericht Braunschweig hatte im Februar eine Haftung von VW verneint (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 20.2.2019.

Quelle: OLG Oldenburg, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB NAAAH-32007