Online-Nachricht - Freitag, 04.10.2019

Einkommensteuer | Abfindungsklausel und Eindeutigkeitsgebot bei Pensionszusagen (BFH)

Pensionszusagen sind auch nach Einfügung des sog. Eindeutigkeitsgebots (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG) anhand der allgemein geltenden Auslegungsregeln auszulegen, soweit ihr Inhalt nicht klar und eindeutig ist. Lässt sich eine Abfindungsklausel dahin auslegen, dass die für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendende sog. Sterbetafel trotz fehlender ausdrücklicher Benennung eindeutig bestimmt ist, ist die Pensionsrückstellung steuerrechtlich anzuerkennen (, veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG darf eine Pensionsrückstellung nur gebildet werden, wenn und soweit die Pensionszusage schriftlich erteilt ist; die Pensionszusage muss eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten. Nach dem (BStBl I 2001, 594) sind auch Angaben für die versicherungsmathematische Ermittlung der Höhe der Versorgungsverpflichtung (z.B. anzuwendender Rechnungszinsfuß oder anzuwendende Ausscheidewahrscheinlichkeiten als biometrische Einflussgrößen) schriftlich festzulegen, sofern es zur eindeutigen Ermittlung der in Aussicht gestellten Leistungen erforderlich ist (s.a. H 6a (7) „Schriftformerfordernis“ EStH). Diese Regelungen gelten entsprechend für in Pensionszusagen enthaltene Abfindungsklauseln.

Sachverhalt: Streitig ist, ob die in einer Pensionszusage gegenüber Gesellschafter-Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft enthaltene Abfindungsklausel das sog. Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG in der in den Streitjahren 2009 bis 2011 geltenden Fassung dadurch verletzt, dass die für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendende sog. Sterbetafel nicht ausdrücklich benannt ist.

Hierzu führten die Richter des BFH u.a. aus:

  • Die in der Pensionszusage enthaltene Abfindungsklausel verletzt das Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht dadurch, dass die für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendende sog. Sterbetafel nicht ausdrücklich benannt ist.

  • Die in den Pensionszusagen enthaltene Abfindungsklausel begründet keinen schädlichen Vorbehalt i.S. des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG.

  • Der in § 6a Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG verwendete Begriff „eindeutige Angabe(n)“ lässt offen, ob sich alle Berechnungsparameter für die Höhe der Abfindung wörtlich aus der schriftlichen Pensionszusage ergeben müssen oder ob es ausreicht, dass nach einer Aus-legung des Wortlauts der Zusage keine Zweifel an diesen Maßgaben verbleiben.

Hinweis:

In einem weiteren Verfahren (, veröffentlicht am ) verwies eine Abfindungsklausel lediglich auf die „im Zeitpunkt der Abfindung gültigen Rechnungsgrundlagen“; es wurde kein anzuwendender Rechnungszins vereinbart. Hier kam der BFH zu dem Ergebnis, dass das Schriftformerfordernis nicht erfüllt und die bilanzierte Pensionsrückstellung mithin gewinnwirksam aufzulösen sei.

Anmerkung von Prof. Dr. Alois Th. Nacke, Richter am BFH, München:

In dem Sachverhalt zu diesem Beschluss des XI. Senats sind entgegen der Entscheidung vom (XI R 48/17) die Rechnungsgrundlagen eindeutig bestimmt. Die Ermittlung der Abfindung (einschließlich der dazu anzuwendenden Sterbetafel) konnte eindeutig aus der vertraglichen Grundlage entnommen werden. Das Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG war beachtet worden. Im Wege der Auslegung hat das FG – ohne Auslegungsfehler zu begehen – die Vereinbarung, dass nach den „anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik“ die Berechnung vorzunehmen sei, als Festlegung auf die Heubeck-Richttafeln verstanden. Diese Methode sei als Grundlage zu nehmen, da sie aufgrund langjährig anerkannter Verwaltungspraxis entsprechend einer „Verkehrssitte“ Anwendung finde. Der Berater kann sich somit in vergleichbaren Fällen, in denen in der Abfindungsvereinbarung bei den Berechnungsgrundlagen ein Hinweis auf „anerkannte Regeln der Versicherungsmathematik“ enthalten ist, insoweit zurücklehnen. Diese Regelung lässt – worauf der BFH auch hinweist - zu, dass damit die im Abfindungszeitpunkt aktuell geltende Richttafel anzuwenden ist.

Ausgangspunkt der Entscheidung XI R 48/17 ist die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG für eine Passivierung einer Pensionszusage in der Steuerbilanz. Danach muss die schriftliche Erteilung eine eindeutige Angabe zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen beinhalten. Das Berechnungsverfahren muss daher eindeutig und präzise schriftlich in der Zusage enthalten sein. Der XI. Senat folgt nicht der Entscheidung der Vorinstanz. Insbesondere ist aus der Abfindungsvereinbarung nicht zu entnehmen, dass die barwertbezogenen Berechnungsmaßgaben des BetrAVG gelten sollen. Somit kamen auch andere Rechnungsgrundlagen in Betracht. Damit folgt der Senat der Ansicht von Briese in einer Urteilsanmerkung (GmbHR 2017, 950). Für die Praxis sollte die Konsequenz aus diesem Urteil sein, in Abfindungsklauseln z. B. einen Bezug auf eine konkret anzuwendende Rechnungsgrundlage mit Benennung der dazugehörigen Gesetzesgrundlage vorzunehmen.

Quelle: (cr)

Fundstelle(n):
NWB UAAAH-31841