Online-Nachricht - Montag, 12.08.2019

Umsatzsteuer | Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer (BFH)

Unternehmern i.S.d. § 2 UStG steht ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke zu. Die Versagung einer derartigen Steuernummer zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen ist nur verhältnismäßig, wenn sie auf ernsthaften Anzeichen beruht, nach denen objektiv davon auszugehen ist, dass es wahrscheinlich ist, dass die dem Steuerpflichtigen zugeteilte Steuernummer in betrügerischer Weise verwendet werden wird. Für die Versagung der Steuernummer reicht es daher nicht aus, dass der Unternehmer in der Vergangenheit steuerlich unzuverlässig gewesen ist (, NV; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Antragsteller war in der Vergangenheit teils als Einzelunternehmer und teils als Geschäftsführer von Handelsgesellschaften im Bereich der Softwareentwicklung tätig. Seinen steuerlichen Pflichten kam er jedoch nicht immer nach. Es fehlten für einzelne Jahre Umsatzsteuer- und Einkommensteuererklärungen und aufgrund von nichtbeglichenen Steuerschulden in Höhe von ca. 36.000 € beantragte das Finanzamt im Jahr 2016 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers, was aber mangels Masse vom Gericht abgelehnt wurde.

Im Jahr 2018 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Steuernummer zu umsatzsteuerlichen Zwecken, da er die Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit beabsichtigte. Einen vom FA übersandten Zusatzfragebogen beantwortete der Antragsteller nicht. Im Jahr 2018 bestanden noch offene steuerliche Forderungen gegen den Antragsteller in Höhe von gut 50.000 €.

Das Finanzamt erteilte keine Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke, wobei dies u.a. mit den bisherigen steuerlichen Pflichtverstößen des Antragstellers begründet wurde. Der Einspruch und der Antrag im Zuge des Erlasses einer einstweiligen Anordnung beim FG Berlin-Brandenburg auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke hatten keinen Erfolg.

Die Richter des BFH gaben der hiergegen gerichteten Beschwerde statt:

  • Unternehmern i.S.v. § 2 UStG steht ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke zu, da sie nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG in ihren Rechnungen ihre Steuernummer oder USt-IdNr. angeben müssen.

  • Die Steuernummer dient nicht nur der verwaltungstechnischen Erfassung von Steuerpflichtigen und der Durchführung des Besteuerungsverfahrens. Sie ist vielmehr regelmäßig Voraussetzung für ein selbständiges gewerbliches oder berufliches Tätigwerden.

  • Lehnt das Finanzamt die Erteilung einer Steuernummer an einen Unternehmer ab, der zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtende Umsätze ausführen will, hat dies im Übrigen die Wirkung eines Tätigkeitsverbots und greift somit unmittelbar in den Schutzbereich des Grundrechts auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ein.

  • Eine Ablehnung der Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke kann in offensichtlichen Missbrauchsfällen erfolgen. Der Missbrauch muss sich dabei auf die Umsatzsteuer beziehen und kann insbesondere in dem offenkundig verfolgten Ziel bestehen, den Vorsteuerabzug für zu privaten Zwecken bezogene Lieferungen oder Leistungen zu Unrecht in Anspruch nehmen zu können.

  • Nicht ausreichend für die Versagung der Steuernummer ist, dass der Unternehmer in der Vergangenheit steuerlich unzuverlässig gewesen ist. Die Nichtentrichtung einer Steuer rechtfertigt für sich allein nicht die Verweigerung einer Steuernummer.

Hinweis:

Eine Urteilsbesprechung von Dr. Matthias Gehm folgt am in der kommenden Ausgabe 16 der "Umsatzsteuer direkt digital".

Quelle: ; NWB Datenbank (cr)

Fundstelle(n):
NWB QAAAH-27782