Online-Nachricht - Donnerstag, 18.07.2019

Umwandlungssteuer | Kein Konfusionsgewinn trotz Vereinigung einer wertgeminderten Forderung (BFH)

Wird eine Kapitalgesellschaft auf ihren Gesellschafter verschmolzen, gilt eine zum Privatvermögen des Gesellschafters gehörende Forderung gegen die übertragende Körperschaft als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt. War die Forderung wertgemindert und hätte sich ihr Ausfall im Falle ihrer weiteren Zugehörigkeit zum Privatvermögen bei der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG einkommensteuermindernd ausgewirkt, ist als Einlagewert nicht der (geminderte) Teilwert anzusetzen, sondern derjenige Wert, mit dem die Forderung im Falle der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen gewesen wäre (Fortführung des Senatsurteils v. - X R 8/16, BStBl II 2018, 426, Rz 68 ff.: ; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Bei einem Vermögensübergang von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft bzw. auf eine natürliche Person im Wege der Verschmelzung hat gem. § 4 Abs. 1 UmwStG der übernehmende Rechtsträger die auf ihn übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert zu übernehmen. Gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten erlöschen zivilrechtlich durch Konfusion. Ein Übernahmefolgegewinn entsteht dann, wenn der Teilwert der Forderung niedriger ist als der Buchwert der Schuld.

Sachverhalt: Der Kläger erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er gründete 1996 mit seiner Lebensgefährtin eine GmbH. 1997 brachte der Kläger als Sacheinlage sein einzelkaufmännisches Unternehmen mit allen Aktiva und Passiva in die GmbH ein. 2008 veräußerte die Lebensgefährtin ihren GmbH-Anteil an den Kläger. Am selben Tag wurde die GmbH mit ihrem kompletten Vermögen und allen Rechten und Pflichten unter Auflösung ohne Abwicklung auf ihren nunmehrigen Alleingesellschafter, den Kläger, im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gem. § 2 Nr. 1 UmwG, § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG übertragen. 2012 kam eine Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass sich durch Vereinigung der zwischen dem Kläger und der GmbH bestehenden Darlehensforderungen bzw. -verbindlichkeiten nach § 6 UmwStG der Gewinn des übernehmenden Rechtsträgers erhöhe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (lesen Sie hierzu unsere Online-Nachricht v. 15.8.2016).

Der BFH dagegen gab der Klage statt:

  • Wird eine Kapitalgesellschaft auf ihren Gesellschafter verschmolzen, gilt eine zum Privatvermögen des Gesellschafters gehörende Forderung gegen die übertragende Körperschaft als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt.

  • War die Forderung wertgemindert und hätte sich ihr Ausfall im Falle ihrer weiteren Zugehörigkeit zum Privatvermögen bei der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG einkommensteuermindernd ausgewirkt, ist als Einlagewert nicht der (geminderte) Teilwert anzusetzen, sondern derjenige Wert, mit dem die Forderung im Falle der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen gewesen wäre (Fortführung des Senatsurteils v. - X R 8/16, BStBl II 2018, 426, Rz 68 ff.).

  • Nach den bis zum geltenden Grundsätzen für die Berücksichtigung von Forderungsverlusten bei § 17 EStG führt der Ausfall eines Krisendarlehens zu nachträglichen Anschaffungskosten.

  • Ein Krisendarlehen ist anzunehmen, wenn sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung in einer Krise befindet, d.h. die Rückzahlung angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in einem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre.

Anmerkung von Steuerberater Klaus Korn, Mitherausgeber der NWB und of counsel der c•k•s•s Carlé • Korn • Stahl • Strahl Partnerschaftsgesellschaft mbB, Köln:

Nicht strittig war, dass durch Umwandlung einer Kapitalgesellschaft infolge Verschmelzung auf den Gesellschafter seine bisherigen zum steuerlichen Privatvermögen gehörenden Forderungen gegen die Gesellschaft als in das steuerliche Betriebsvermögen des entstehenden Einzelunternehmens eingelegt gelten, so dass der Wegfall der Verbindlichkeiten bei der Kapitalgesellschaft durch Konfusion keinen Konfusionsgewinn auslöst.

Die Besonderheit des Streitfalles bestand jedoch darin, dass der Teilwert der Gesellschafterforderungen - die Gesellschaft war überschuldet - Null betrug. Der BFH hat die schon bisher für die Bewertung der Einlage von Anteilen i.S.d. § 17 EStG vorgenommene teleologische Reduktion des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. b EStG auf die umwandlungsbedingte fiktive Einlage von Gesellschafterdarlehen ausgedehnt, deren Ausfall zu nachträglichen Anschaffungskosten bei der Besteuerung nach § 17 EStG geführt hatte. Es muss sich also um Fälle handeln, die nach Wegfall des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG unter Berücksichtigung der durch den BFH „verordneten“ Übergangsregelung zu nachträglichen Anschaffungskosten führen.

Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt. Deshalb war die fiktive Einlage der Gesellschafterforderungen in das steuerliche Betriebsvermögen des Einzelunternehmens nicht mit dem Teilwert von Null, sondern mit den Anschaffungskosten (die dem Nennwert und den bei der umgewandelten Kapitalgesellschaft passivierten Verbindlichkeiten entsprachen) zu bewerten, so dass kein Konfusionsgewinn entstand.

Quelle: BFH, Ureil v. - X R 23/16; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB PAAAH-23037