Online-Nachricht - Mittwoch, 20.03.2019

Grunderwerbsteuer | Aufrechnung im Insolvenzverfahren (BFH)

Der Anspruch auf Erstattung der Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG für einen vor Insolvenzeröffnung geschlossenen Kaufvertrag entsteht im Fall der Ablehnung der Erfüllung gemäß § 103 Abs. 2 InsO erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist.

Sachverhalt: Die Klägerin erwarb mit Bauträgervertrag v. Miteigentumsanteile an vier noch fertigzustellenden Doppelhaushälften. Nach dem Kaufvertrag hatte sie die Grunderwerbsteuer zu tragen, die bestandskräftig festgesetzt und von der Klägerin gezahlt wurde.

Im März 2012 wurde über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet (Eigenverwaltung). Anfang März 2013 erklärte die Klägerin gegenüber der Verkäuferin die Nichterfüllung des Bauträgervertrags v. gemäß § 103 Abs. 2 InsO. Mit Schreiben v. bat die Klägerin das FA um Erstattung der Grunderwerbsteuer.

Daraufhin hob das FA den Grunderwerbsteuerbescheid wegen Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG auf und erklärte die Aufrechnung mit Steuerschulden der Klägerin wegen Lohnsteuer für die Monate Dezember 2009 bis April 2010.

Die gegen die Aufrechnung gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg:

  • Das FA ist das hier streitige Guthaben aus der Grunderwerbsteuer erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens schuldig geworden, sodass die Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig ist.

  • Der Anspruch nach § 16 GrEStG ist ein eigenständiger Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i.S. des § 37 Abs. 1 AO, der selbständig neben den Steueranspruch tritt.

  • Rückgängig gemacht" i.S. des § 16 Abs. 1 GrEStG ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. u.a. BFH, Urteil v - II R 16/12, BStBl II 2014, 42). Erst zu diesem Zeitpunkt entsteht materiell-rechtlich der Anspruch aus § 16 GrEStG (vgl. auch Loose in Boruttau, a.a.O., § 16 Rz 53; Pahlke, a.a.O., § 16 Rz 134).

  • Dementsprechend ist der Anspruch aus § 16 Abs. 1 GrEStG auch erst zu diesem Zeitpunkt im Sinne der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen.

Quelle: , NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB TAAAH-10206