BGH Urteil v. - 2 StR 262/18

Einziehung von Taterträgen bei Mittäterschaft: Rechtsfehlerhaftes Unterlassen einer Einziehungsentscheidung

Gesetze: § 267 StPO, § 421 StPO, § 25 Abs 2 StGB, § 73 StGB, § 73c StGB

Instanzenzug: Az: 82 Ss 45/18

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagte B.      wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Leverkusen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Angeklagten Ba.       und T.      hat es wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt, den Angeklagten Ba.       unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Brühl vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und einem Monat, den Angeklagten T.        zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.

2Die auf die Sachrüge gestützten und wirksam auf die unterlassenen Anordnungen der Einziehung von Wertersatz beschränkten, vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.

I.

3Nach den Feststellungen des Landgerichts entschlossen sich die zur Tatzeit 20 Jahre und sieben Monate alte Angeklagte B.     und die Mitangeklagten, den Zeugen G.    , den sie im Besitz einer größeren Menge Bargeld wähnten, nachts in dessen Wohnung durch den Einsatz körperlicher Gewalt zur Herausgabe des Bargeldes zu zwingen und dieses zu gleichen Teilen unter sich aufzuteilen. Dem Tatplan entsprechend fuhren die Angeklagten in der Nacht auf den gemeinsam zur Wohnung des Zeugen G.     in L.     . Nachdem dieser auf das Klopfen der ihm bekannten Angeklagten B.     die Wohnungstüre öffnete, drangen die Angeklagten Ba.      und T.      in die Wohnung, während die Angeklagte B.     in Erwartung der erfolgreichen Tatausführung zurück zum Pkw ging. T.     forderte den Zeugen G.     unter Anwendung körperlicher Gewalt zur Herausgabe von Bargeld auf. Ba.     stürmte mit einem rund 30 cm langen Küchenmesser auf die von den Geräuschen aufgeschreckte Lebensgefährtin des Zeugen G.    , die Zeugin K.   , zu und hielt ihr das Messer mit der Spitze in kurzem Abstand vor den Hals. So begaben sich die Angeklagten Ba.     und T.    mit den Zeugen in deren Schlafzimmer, wo G.    aus einer Jacke 4.800 € Bargeld in Scheinen holte und es aus Angst vor weiteren Repressalien einem der Angeklagten gab. Nachdem Ba.     und T.    , die wechselseitig mit dem Würgen und dem Vorhalten des Messers als Mittel, die Bargeldherausgabe zu erzwingen, einverstanden waren, die Wohnung verlassen hatten, erhielt die Angeklagte B.    vom erbeuteten Bargeld 500 €. Das Geld erhielt G.    nicht zurück.

II.

4Eine Einziehungsentscheidung hat das Landgericht nicht getroffen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft zu Recht.

51. Das Rechtsmittel ist wirksam auf die Nichtanordnung der Einziehung von Wertersatz beschränkt (§ 344 Abs. 1 StPO , NJW 2018, 2141 Rn. 4 mwN). Eine Rechtsmittelbeschränkung ist nach den allgemeinen Grundsätzen wirksam, wenn der angefochtene Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann und die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (vgl. , NStZ-RR 2005, 104). Dies ist vorliegend auch im Hinblick auf die gegen die Angeklagte B.     verhängte Einheitsjugendstrafe zu bejahen.

62. Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung richtet sich vorliegend gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom (BGBl. I 2017, 872) eingeführten und am in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB. Danach ist zwingend das einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat (§ 73 StGB nF) oder, sofern die Einziehung des erlangten Gegenstands nicht möglich ist, die Einziehung eines Geldbetrags auszusprechen, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 73c StGB nF). Es stellt daher einen Rechtsfehler dar, wenn sich das Tatgericht, das keine Entscheidung nach § 421 StPO getroffen hat, in den Urteilsgründen nicht mit der Frage einer Einziehungsanordnung befasst, obwohl Anhaltspunkte dafür bestehen, dass deren Voraussetzungen gegeben sind (vgl. , NStZ 2017, 401, 403).

7So verhält es sich hier. Nach den Feststellungen des Landgerichts haben die Angeklagten Ba.     und T.    durch die Tat Mitverfügungsgewalt (zu diesem Erfordernis vgl. , NStZ 2008, 623; Urteil vom - 4 StR 63/18; Urteil vom - 5 StR 645/17, NStZ-RR 2018, 278) an Bargeld in Höhe von 4.800 € erlangt, die Angeklagte B.    sodann an 500 € hiervon. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann. Bei mehreren Beteiligten ist ausreichend aber auch erforderlich, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben, was der Fall ist, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können. Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse bei Beuteteilung gemindert wurde ( Rn. 8). Mehrere Tatbeteiligte, die - wie hier - an denselben Gegenständen Mitverfügungsgewalt erlangt haben, haften als Gesamtschuldner ( mwN). Die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB sind über die Verweisung in § 2 Abs. 2 JGG auch im Jugendstrafrecht anwendbar (vgl. zu §§ 73 ff. StGB aF , BGHSt 55, 174, 175 Rn. 7 ff.).

83. Der Senat kann auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Wert des von dem Angeklagten Erlangten selbst bestimmen und insoweit die Anordnung der Einziehung und die gesamtschuldnerische Haftung der Angeklagten nachholen. Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist davon auszugehen, dass sich das erlangte Bargeld mit anderem Bargeld der Angeklagten vermischt hat und ausgegeben wurde, so dass es aus anderen Gründen im Sinne von § 73c Satz 1 StGB nicht mehr gegenständlich eingezogen werden kann. Der Anspruch, der dem oder den Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, ist hier auch nicht, insbesondere nicht durch Rückgewähr des erlangten Geldes oder eines entsprechenden Geldbetrages erloschen (§ 73e StGB).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:211118U2STR262.18.0

Fundstelle(n):
NAAAH-07150