Online-Nachricht - Montag, 07.01.2019

Einkommensteuer | Kosten für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden (FG)

Die Vorlage eines knappen amtsärztlichen Attests kann ausreichen, damit Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzugsfähig sind (, rkr.).

Hintergrund: Die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel wird i.d.R. durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachgewiesen. Nach dem durch das "Steuervereinfachungsgesetz 2011" aufgrund der Ermächtigung in § 33 Abs. 4 EStG eingeführten § 64 EStDV ist bei bestimmten Maßnahmen und Aufwendungen der Nachweis der Zwangsläufigkeit in qualifizierter Form zu führen. § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStDV gibt vor, dass die Zwangsläufigkeit "durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung" zu führen ist (u.a. bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden, § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV). Der so zu führende Nachweis muss gem. § 64 Abs. 1 S. 2 EStDV vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein.

Sachverhalt: Die Kläger ließen ab Februar 2011 ihre 2 ½-jährige und wegen Komplikationen bei der Geburt schwerbehinderte Tochter in einem von zwei Heilpraktikern betriebenen "Naturheilzentrum" behandeln. Nachdem die Krankenkasse die Erstattung der Kosten (16.800 €) abgelehnt hatte, machten die Kläger die Aufwendungen im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als agB geltend und legten ein privatärztliches Attest einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde (Homöopathie) vor. Diese kam zu dem Ergebnis, dass bei dem schweren Krankheitsbild jeder Versuch, das Ergebnis zu verbessern, für die Familie wichtig und auch medizinisch jeder positive Impuls für das Kind zu begrüßen sei, weshalb sie auch ärztlich die Teilnahme am Förderprogramm des Naturheilzentrums empfehle. Auf diesem Attest hatte der zuständige Amtsarzt vermerkt: "Die Angaben werden amtsärztlich bestätigt".

Das beklagte Finanzamt erkannte die Behandlungskosten mit der Begründung nicht an, dass die knappe Äußerung des Amtsarztes kein "Gutachten" darstelle.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg:

  • Die Tochter der Kläger ist mit wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden behandelt worden, so dass der Nachweis der Erforderlich- bzw. Zwangsläufigkeit nach § 64 EStDV in qualifizierter Form geführt werden muss.

  • Diese Anforderungen sind aber erfüllt: Zwar enthält der Wortlaut des § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStDV tatsächlich den Begriff "amtsärztliches Gutachten". Die Vorschrift ermächtigt jedoch nicht nur den Amtsarzt, sondern in gleicher Weise auch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse, die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen bei unkonventionellen Behandlungsmethoden zu bestätigen.

  • Hierfür muss der medizinische Dienst nur eine "Bescheinigung" ausstellen.

  • Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht auf Sinn, Zweck und historische Entwicklung der Vorschrift sind daher an das "Gutachten" des Amtsarztes in Bezug auf Form und Inhalt keine höheren Anforderungen als an eine "Bescheinigung" zu stellen.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung v. 04.01.2019 (il)

Fundstelle(n):
NWB HAAAH-04307