BGH Beschluss v. - 4 StR 110/18

Strafbefreiender Rücktritt bei einer versuchten Nötigung

Gesetze: § 24 Abs 1 StGB, § 240 Abs 3 StGB

Instanzenzug: Az: 606 KLs 3/17

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung und in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung und mit fahrlässiger Körperverletzung, sowie wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt und Maßregeln nach den §§ 69, 69a StGB angeordnet. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen seine Verurteilung. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung im Fall II. 6 der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben, weil die Strafkammer nicht geprüft hat, ob der Angeklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB von dem Versuch der Nötigung strafbefreiend zurückgetreten ist.

3a) Der Angeklagte, der seine getrennt lebende Ehefrau mehrfach mit der Faust geschlagen hatte, nahm ihr Mobiltelefon, um es nach Männerkontakten zu durchsuchen. Er forderte sie auf, ihm ihr Passwort zu nennen, und ballte dabei seine Hand zur Faust, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Seine Ehefrau schwieg jedoch. Nachdem sich die Situation etwas beruhigt hatte, flüchtete sie aus der Wohnung.

4b) Bei dieser Sachlage hätte das Landgericht die Frage eines strafbefreienden Rücktritts näher erörtern und hierzu weitere Feststellungen treffen müssen.

5aa) Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB wird nicht wegen Versuchs bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt. Bei einer versuchten Nötigung ist es insoweit ausreichend, dass der Täter freiwillig davon absieht, sein Nötigungsziel weiter mit den tatbestandlichen Nötigungsmitteln zu verfolgen (vgl. , NStZ-RR 2017, 207, 208 mwN). Für die Frage, ob ein unbeendeter Versuch vorliegt, kommt es auf die Sicht des Täters nach Ende der letzten Ausführungshandlung an. Geht er zu diesem Zeitpunkt davon aus, noch nicht alles getan zu haben, was zur Herbeiführung des Erfolgs erforderlich ist, ist ein unbeendeter Versuch anzunehmen (vgl. aaO, 208 mwN). Lässt sich den Urteilsfeststellungen das für die revisionsrechtliche Prüfung erforderliche Vorstellungsbild des Täters nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (st. Rspr.; vgl. mwN).

6bb) Zu dem maßgeblichen Rücktrittshorizont des Angeklagten verhält sich das Urteil nicht. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

72. Die Aufhebung der Verurteilung wegen versuchter Nötigung führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Verurteilung wegen tateinheitlich begangener vorsätzlicher Körperverletzung. Sie zieht ferner die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:270618B4STR110.18.0

Fundstelle(n):
WAAAH-01788