Online-Nachricht - Donnerstag, 15.11.2018

Vertragsverletzungsverfahren | Steuervergünstigungen u.a. für Jachten (Kommission)

Die Europäische Kommission hat am Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien und das Vereinigte Königreich eingeleitet. In Italien geht es um rechtswidrige Steuervergünstigungen im Bereich der nichtgewerblichen Schifffahrt, im Vereinigten Königreich um missbräuchliche Mehrwertsteuerpraktiken im Zusammenhang mit der Lieferung und dem Leasing von Flugzeugen auf der Isle of Man.

Die Vertragsverletzungsverfahren betreffen im Einzelnen folgende Fälle:

  • Niedrigere Mehrwertsteuer-Bemessungsgrundlage für die Vermietung von Jachten in den Steuervorschriften von Italien: Die derzeitigen EU-Mehrwertsteuervorschriften erlauben den Mitgliedstaaten, Dienstleistungen nicht zu besteuern, wenn die tatsächliche Nutzung und Verwendung des Gegenstands außerhalb der EU erfolgt. Eine allgemeine pauschale Steuerermäßigung ohne Nachweis des Ortes der tatsächlichen Nutzung ist jedoch nicht zulässig. Italien hat Mehrwertsteuer-Leitlinien festgelegt, denen zufolge die Wahrscheinlichkeit, dass die Vermietung innerhalb von EU-Gewässern stattfindet, mit zunehmender Bootsgröße sinkt. Durch diese Regelung verringert sich der anzuwendende Mehrwertsteuersatz beträchtlich.

  • Verbrauchsteuervorschriften für Kraftstoff für Motorboote in Italien: Die derzeitigen Verbrauchsteuervorschriften der EU gestatten es den Mitgliedstaaten, Kraftstoff, den ein Schifffahrtsunternehmen für gewerbliche Zwecke wie den Verkauf von Schifffahrtsleistungen verwendet, von der Steuer zu befreien. Die Steuerbefreiung sollte jedoch nur dann gelten, wenn die Person, die das Boot least, diese Dienstleistungen an andere verkauft. Entgegen den EU-Vorschriften erlaubt Italien, dass gecharterte Sportboote wie Jachten selbst bei privater Nutzung als „gewerblich genutzt“ gelten, sodass die Verbrauchsteuerbefreiung für den verwendeten Kraftstoff in Anspruch genommen werden kann.

  • Missbräuchliche Mehrwertsteuerpraktiken auf der Insel Man: Vorsteuer kann nur für die betriebliche Nutzung abgezogen werden. Ausdrücklich für den privaten Gebrauch bestimmte Lieferungen von Flugzeugen, einschließlich Leasingdienstleistungen, sollten nicht von der Mehrwertsteuer befreit sein. Nach Auffassung der Kommission ist das Vereinigte Königreich nicht ausreichend gegen missbräuchliche MwSt-Praktiken im Zusammenhang mit der Lieferung und dem Leasing von Flugzeugen auf der Insel Man vorgegangen.

Die sog. Paradise Papers haben gezeigt, dass die Hinterziehung der Mehrwertsteuer im Jacht- und Flugzeugsektor weit verbreitet ist und durch nationale Vorschriften ermöglicht wird, die dem EU-Recht zuwiderlaufen. Diese Vertragsverletzungsverfahren folgen auf einige bereits früher eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren gegen Zypern, Malta und Griechenland wegen einer niedrigeren Mehrwertsteuer-Bemessungsgrundlage für die Vermietung von Jachten; die Kommission hatte damals von allen betroffenen Mitgliedstaaten die Zusicherung erhalten, dass die Rechtsvorschriften geändert würden.

Außerdem hat das Europäische Parlament vor Kurzem darauf hingewiesen, dass sich sein neuer TAX3Ausschuss zum Follow-up der Paradise Papers ebenfalls mit diesem Thema befassen wird. Der Ausschuss wird im November die Isle of Man besuchen.

Hinweis:

Italien und das Vereinigte Königreich haben nun zwei Monate Zeit, um auf die von der Kommission vorgebrachten Argumente hinsichtlich der auf Jachten bzw. Flugzeuge erhobenen Mehrwertsteuer zu reagieren. Kommen sie der Aufforderung nicht binnen diesen zwei Monaten nach, so kann die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Behörden dieser Länder übermitteln.

Kommt Italien der am angenommenen mit Gründen versehenen Stellungnahmen zur Verbrauchsteuer nicht binnen zwei Monaten nach, so kann die Kommission beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage einreichen.

Weitere Informationen zu den wichtigsten Beschlüssen bei den Vertragsverletzungsverfahren im November 2018 sind auf der Homepage der EU-Kommission veröffentlicht.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB FAAAG-99550