Online-Nachricht - Donnerstag, 18.10.2018

Erbrecht | Strafklausel im Berliner Testament (OLG)

Fordert ein Kind nach dem Tod des ersten Elternteils Auskunft über den Wert des Nachlasses und macht es in diesem Zusammenhang Geldforderungen geltend, kann es seine Erbenstellung nach dem Tod des länger lebenden Elternteils verlieren (; Beschwerde nicht zugelassen).

Sachverhalt: Die Eheleute hatten sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt und bestimmt, dass nach dem Tod des Längstlebenden die vier Kinder das Vermögen zu gleichen Teilen erben sollten. Sollte jedoch eines der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden vom Überlebenden seinen Pflichtteil fordern, so solle es auch nach dem Tod des Überlebenden auf den Pflichtteil beschränkt bleiben (sog. Pflichtteilsstrafklausel).

Nach dem Tod der zuerst verstorbenen Mutter erkundigte sich eines der Kinder mittels eines Anwaltsschreibens nach dem Wert des Nachlasses, forderte die Vorlage eines sog. Nachlassverzeichnisses und erklärte, dass für die Berechnung des Pflichtteilsanspruches erforderlich sei, ein Sachverständigengutachten zum Wert des elterlichen Hausgrundstücks einzuholen. Gegen eine Einmalzahlung von 10.000 DM, die auf das Erbe angerechnet werde, sei das Kind indes bereit, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Geltendmachung des Pflichtteils zu verzichten. Der Vater zahlte daraufhin 10.000 DM, sah das Kind in der Folge aber nicht mehr als seinen Erben an.

Das OLG Köln hat entschieden, dass das Kind mit diesem Schreiben die Pflichtteilsstrafklausel ausgelöst hat und nach dem Tod des Vaters nicht mehr Erbe ist:

  • Für die Frage, ob der Pflichtteil gefordert wird, kommt es nicht auf die Einschätzung des fordernden Kindes an, sondern auf die Perspektive des überlebenden Ehegatten.

  • Mit der Pflichtteilsklausel wollen die Ehegatten typischerweise sicherstellen, dass dem Überlebenden bis zu seinem Tod der Nachlass ungeschmälert verbleibt und nicht durch das Pflichtteilsverlangen eines Schlusserben gestört wird.

  • Auch soll sichergestellt werden, dass nicht eines der Kinder bei der Verteilung des Gesamtnachlasses bevorteilt wird. Das Anwaltsschreiben hat ein ernsthaftes Verlangen des Pflichtteils gegenüber dem Vater dargestellt, da dieser für den Fall der Nichtzahlung der 10.000 DM mit einer Inanspruchnahme durch das Kind hat rechnen müssen.

  • Damit war nach der Einschätzung eines objektiven Empfängers die erhobene Forderung geeignet, den Vater der Belastung auszusetzen, vor der er durch die Strafklausel gerade geschützt werden sollte.

  • Eine gerichtliche Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs ist nicht erforderlich, um die Sanktion auszulösen.

Hinweis:

Das Urteil ist auf der Rechtsprechungsdatenbank NRWE veröffentlicht.

Quelle: OLG Köln, Pressemitteilung v. (Ls)

Fundstelle(n):
NWB JAAAG-97275