Online-Nachricht - Donnerstag, 04.10.2018

Gewerbesteuer | Reisevorleistungseinkauf eines Reiseveranstalters (FG)

Der sog. Reisevorleistungseinkauf unterliegt nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Das klagende Unternehmen ist ein Reiseveranstalter. Es „kauft“ unter anderem Hotelleistungen von (ausländischen) Hoteliers und Agenturen ein, um diese dann gebündelt im Rahmen einer Pauschalreise anbieten zu können. Das beklagte FA unterwarf einen Teil der in diesem Zusammenhang anfallenden Aufwendungen als Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von fremden Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Dabei schätzte es die auf die Zimmerüberlassung als solche entfallenden Aufwendungen und separierte Entgelte für Leistungen, denen ein eigener wirtschaftlicher Gehalt zukommen sollte.

Dem ist das FG Düsseldorf entgegengetreten:

  • Der Hoteleinkauf unterliegt nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Es fehlt an der Voraussetzung des fiktiven Anlagevermögens.

  • Der Geschäftszweck der Klägerin setzt das dauerhafte Vorhandensein von Hotels nämlich nicht voraus. Der Reisevorleistungseinkauf ist gedanklich ihr Wareneinsatz. Die Tätigkeit der Klägerin lässt sich – ihr Eigentum an den Hotels bzw. Hotelzimmern unterstellt – nicht nur dann wirtschaftlich sinnvoll ausüben, wenn das Eigentum langfristig erworben wird. Dies würde den Interessen der Klägerin, die auf ein verändertes Nachfrageverhalten auf dem Reisemarkt (z.B. aufgrund geopolitischer Krisen) kurzfristig reagieren muss, gerade zuwiderlaufen.

  • Die „eingekauften“ Hotels oder Hotelzimmer stellen damit bei wirtschaftlicher Betrachtung eher Umlaufvermögen als Anlagevermögen dar. Die Rolle der Klägerin als Reiseveranstalterin entspricht mehr der einer Vermittlerin von Reiseleistungen als der einer Zwischenmieterin von Hotelzimmern.

  • Diese Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der einschlägigen Normen bestätigt. Der Gesetzgeber hat eine Hinzurechnung des Reisevorleistungseinkaufs im Jahr 2007 nicht im Blick gehabt.

  • Zudem lässt sich das Geschäftsmodell eines klassischen (Pauschal-)Reiseveranstalters, der – wie die Klägerin – eine Vielzahl von Hotels in einer Vielzahl von Zielgebieten bereithält, eigenkapitalfinanziert nicht darstellen. Dann kann der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer aber auch keine Hinzurechnung von betrieblich veranlassten Aufwendungen unter dem Gesichtspunkt der Finanzierungsneutralität rechtfertigen.

Hinweis:

Der Senatsvorsitzende und Vizepräsident des FG Düsseldorf, Harald Junker, betonte die Breitenwirkung des Urteils und richtete seinen Blick auf den weiteren Verfahrensgang: „Die Frage der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung des Hoteleinkaufs hat Bedeutung für die gesamte Tourismusbranche. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf eine gegenläufige Entscheidung des FG Münster aus dem Jahr 2016 bleibt abzuwarten, wie sich der BFH im Revisionsverfahren positionieren wird.“

Das Urteil ist in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE veröffentlicht.
Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Düsseldorf, Pressemitteilung v. (Ls)

Fundstelle(n):
NWB WAAAG-95989