SteuerStud Nr. 12 vom Seite 797

Anzeigepflicht für Steuergestaltungen

Prof. Dr. Johanna Hey | Herausgeberin | steuerstud-redaktion@nwb.de

Liebe Leserinnen und Leser,

was ist die Aufgabe des Steuerberaters der Zukunft? Heutzutage wird häufig zwischen Erklärungsberatung und Gestaltungsberatung unterschieden. Diese Unterscheidung könnte künftig noch mehr Gewicht bekommen angesichts umfassender Anzeigepflichten, die sich an Steuergestaltungen knüpfen werden. Ungeachtet dessen dass Steuergesetze, die wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte höchst unterschiedlich besteuern, zwangsläufig Gestaltungen nach sich ziehen, sind diese dem Gesetzgeber schon seit langem ein Dorn im Auge. Hat er bisher mit § 42 AO sowie einem Geflecht von speziellen Missbrauchsvermeidungsvorschriften versucht, nachträglich gegenzusteuern, geht er jetzt zur präventiven Kontrolle über. Anzeigepflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen sind Gegenstand von Aktionspunkt 12 der OECD BEPS-Empfehlungen und wurden von der EU in Richtlinie 2018/822/EU („DAC 6“) aufgegriffen. Nun ist der nationale Gesetzgeber in der Umsetzungspflicht. Ein erster Diskussionsentwurf des BMF, der den Richtlinientext im Wesentlichen abschreibt, liegt vor. Der deutsche Gesetzgeber will jedoch noch darüber hinausgehen und die Anzeigepflicht auf rein innerstaatliche Sachverhalte erweitern.

Für die Arbeit von Steuerberatern wird dies dramatische Folgen haben. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Anzeigepflichten sind bewusst weit und offen gefasst; die Nichtabgabe der Anzeige ist bußgeldbewehrt. Gestaltungsberatung wird folglich zukünftig damit einhergehen, entweder aufwendige Anzeigen zu erstatten oder – ebenso aufwendig – zu dokumentieren, dass keine Anzeigepflicht bestand.

Der Berufsstand steht unter dem Generalverdacht des steuerlichen Missbrauchs. Anders lässt sich diese Initiative nicht werten. EU-rechtlich hat sich Deutschland durch die Zustimmung zu DAC 6 selbst gebunden. Von der Erweiterung auf rein inländische Sachverhalte könnte der deutsche Gesetzgeber noch Abstand nehmen. Er sollte dies auch deshalb tun, weil es unverhältnismäßig ist, die steuerberatenden Berufe mit Anzeigepflichten und Dokumentationsobliegenheiten zu belasten, wenn zugleich der Nutzen der zu erwartenden Anzeigeflut völlig ungewiss ist. Aufgabe des Steuerberaters ist die Beratung und Vertretung des Mandanten in Steuersachen, nicht aber die Produktion sinnloser Datenmassen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohe Feiertage, verbunden mit allen guten Wünschen für das Jahr 2019.

Herzliche Grüße
Ihre

Johanna Hey

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Johanna Hey

Fundstelle(n):
SteuerStud 12/2018 Seite 797
NWB CAAAG-95384