Online-Nachricht - Mittwoch, 05.09.2018

Gewerbesteuer | Keine Hinzurechnung bei Reiseinformationssystemen (BFH)

Wird eine Zahlung an einen Plattformbetreiber nur für einen Vermittlungserfolg geschuldet, so kann diese, auch wenn der Vertrag die Begriffe "Rechteübertragung" und "Softwarenutzung" enthält, wie die Provision eines Handelsvertreters oder eines Handelsmaklers als Vergütung einer Dienstleistung zu würdigen sein. Derartige Entgelte eines Reiseveranstalters an den Plattformbetreiber für die Buchung von Reiseleistungen sind mithin keine Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Prozessverlauf: Die Klägerin ist eine GmbH, die Reisen vermittelt und damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen übernimmt. Der Vertrieb erfolgt u.a. über eine elektronische Handelsplattform mit beschränktem Nutzerkreis (Computerreservierungssystem – CRS). Ihr Betreiber, die B-GmbH, schließt Verträge mit Anbietern (Reiseveranstalter und -vermittler, Hotelbetreiber usw.) sowie mit Nutzern, und zwar vornehmlich Reisebüros. Die Klägerin stellt als Anbieterin konkrete Reiseprodukte des Reiseveranstalters in das System ein. Die Reisebüros können hierauf zugreifen und Buchungen vornehmen. Bei erfolgreicher Buchung sendet die Klägerin eine von B vorbereitete Buchungsbestätigung nebst Rechnung an das Reisebüro. Sie vereinnahmt das Reiseentgelt des Reisenden und leitet dieses an den Reiseveranstalter weiter. Die Klägerin erhält vom Reiseveranstalter für die Vermittlungsleistung eine Provision und zahlt ihrerseits Provisionen an die vermittelnden Reisebüros.

Das FA beurteilte den Aufwand als zeitlich befristete Überlassung von Rechten und nahm eine Hinzurechnung i.S.v. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG vor. Das FG Köln entschied, es handele sich um Entgelte für eine technische Vermittlungsleistung, da sie nur bei einer konkreten Buchung anfielen und nur an den CRS-Betreiber entrichtet würden, über den die Buchung erfolgt sei. Dem stehe nicht entgegen, dass der Anbietervertrag die Begriffe "Rechteübertragung an den Anbieter" und "Befristete Nutzungsrechte" verwende.

Der BFH führte hierzu u.a. weiter aus:

  • Die an die CRS-Portalbetreiber geleisteten transaktionsabhängigen Entgelte sind keine Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG.

  • Wird eine Zahlung nur für einen bestimmten Vermittlungserfolg geschuldet, so liegt es auch dann, wenn der Vertragswortlaut von einer "Rechteübertragung an den Anbieter" oder einer "Softwarenutzung" spricht, nahe, dies ähnlich wie die Provision eines Handelsvertreters (§ 84 Abs. 1 HGB) oder eines Handelsmaklers (§ 93 Abs. 1 HGB) als Vergütung einer Dienstleistung zu würdigen.

  • Auch die Überlegung des FA, dass die CRS-Betreiber nicht nur Vermittlungen leisteten, sondern eine "technische Vernetzung von zwei Unternehmen", und nur die Datenübertragung und die Nutzungsmöglichkeit der zur Verfügung gestellten Software schuldeten, steht der Würdigung des FG nicht entgegen. Denn das mit den Portalbetreibern vereinbarte Vergütungsmodell zeigt, dass die Datenübertragung ein bloßes Mittel zur Erreichung des Zwecks der Vermittlung von Reiseleistungen darstellt.

  • Ein CRS, das technisch hervorragend funktioniert, aber z.B. nicht die passenden Reiseveranstalter und Reisebüros zusammenführt, wird keine Einnahmen generieren und wirtschaftlich scheitern.

  • Die etwaige Übertragung von Rechten zur Ermöglichung der Vernetzung kann daher, selbst wenn sie dem Grunde nach unter § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG fallen sollte, ohne Verstoß gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze als Nebenleistung der Vermittlung angesehen werden, auf die kein Anteil des Entgelts entfällt.

  • Eine Übertragung von Rechten im Rahmen einer vom CRS-Betreiber geschuldeten technischen Abwicklungsleistung könnte zudem auch als Nebenleistung eines Dienstvertrages (§ 611 BGB) oder eines Werkvertrages (§ 631 BGB) von einer Hinzurechnung ausgenommen sein.

Quelle: ; NWB Datenbank (Ls)

Fundstelle(n):
NWB TAAAG-93514