Online-Nachricht - Mittwoch, 15.08.2018

Mietrecht | Abtretung von Ansprüchen gemäß Mietpreisbremse (LG)

Die Frage, ob eine Mietpartei Ansprüche aus ihrem Mietverhältnis (z.B. wegen überhöhter Miete aufgrund der Vorschriften über die Mietpreisbremse) an eine Inkassogesellschaft wirksam abtreten kann, bleibt weiterhin umstritten. Die Zivilkammer 66 des LG Berlin vertritt die Auffassung, dass die Abtretung nicht zu beanstanden sei. Demgegenüber meint die Zivilkammer 67, dass ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vorliege und die Abtretung daher unwirksam sei ( und ; Revision zugelassen).

Urteil der Zivilkammer 66:

  • Die Klägerin kann sich im Rahmen ihrer Inkassodienstleistungen wirksam Ansprüche aus dem Mietverhältnis abtreten lassen, um sie dann im eigenen Namen vorgerichtlich und – bei fehlender Einigung – auch gerichtlich geltend zu machen.

  • Der Gesetzgeber hat, als er das maßgebliche Gesetz über Rechtsdienstleistungen geschaffen hat, einerseits die Rechtssuchenden schützen, andererseits aber auch den Rechtsberatungsmarkt entbürokratisieren wollen. Bei einer wertenden Betrachtung, die den Schutzzweck des Gesetzes berücksichtigt, steht das Gesetz den Leistungen der Klägerin nicht entgegen.

  • Ein entgeltlich tätiger Rechtsdienstleister muss zunächst, um die Inkassoerlaubnis zu erhalten, eine Fülle von Voraussetzungen nachweisen, die ihn persönlich und sachlich qualifizieren. Aufgrund der Eintragung im Register steht fest, dass er die Voraussetzungen erfüllt hat. Würde man dennoch bei jeder einzelnen Tätigkeit, die im Zusammenhang mit der Inkassotätigkeit steht, prüfen, ob eine verbotene Rechtsdienstleistung erfolgt oder sich diese noch im erlaubten Rahmen bewegt, würde man den Gesetzeszweck in Frage stellen.

  • Denn die Rechtssuchenden sollen nicht in Ungewissheit darüber sein, ob der Vertrag mit dem Rechtsdienstleister unwirksam ist oder nicht, sondern darauf vertrauen dürfen, dass das Rechtsdienstleistungsregister richtig ist. Es ist allein Aufgabe der zuständigen Behörde, darauf zu achten, dass das eingetragene Unternehmen seinen Pflichten hinreichend nachkommt und sich innerhalb des erlaubten Rahmens bewegt.

  • Die Klägerin erbringt lediglich Leistungen, die eng mit dem Schwerpunkt ihrer erlaubten Tätigkeit, nämlich der Einziehung von Forderungen aufgrund überhöhter Mietanteile, in Verbindung stehen und die dieser Tätigkeit dienen.

  • Selbst wenn bestimmte (Teil-) Leistungen rechtlich anspruchsvoll sind, darf ein Inkassounternehmen sie dennoch ausführen und muss seine Tätigkeit nicht einstellen. Zudem stelle die Rüge, die nach den mietrechtlichen Vorschriften erst einen Rückzahlungsanspruch entstehen lässt, keine nur mit ausgeprägten Rechtskenntnissen zu bewältigende Hürde dar.

Beschluss der Zivilkammer 67:

  • Die Abtretung ist nichtig, da dadurch gegen das gesetzliche Verbot verstoßen wird, unerlaubt Rechtsdienstleistungen zu erbringen.

  • Wenn eine Mietpartei ihre Daten in einen auf der online-Plattform der Klägerin installierten “Mietpreisrechner” eingibt und dann diese Daten in Form einer computerbasierten und standardisierten Fallanalyse (sog. legal tech) geprüft werden, handelt es sich bereits um eine Rechtsdienstleistung. Denn es kommt nicht darauf an, ob dafür intensive und schwierige Rechtsfragen zu prüfen oder „schlicht“ die Daten mit dem Berliner Mietspiegel abzugleichen sind.

  • Soweit die Klägerin nach Vertragsschluss mit der Mietpartei gegenüber der Vermieterseite eine unzulässig überhöhte Miete rügt, liegt eine weitere Rechtsberatung vor, die nicht von der Registrierung als Inkassodienstleisterin gedeckt ist. Es handelt sich nicht um eine bloße Nebentätigkeit, sondern um eine Hauptleistung.

  • Zum Zeitpunkt der Abtretung etwaiger Ansprüche besteht jedoch noch gar kein Rückzahlungsanspruch, da dieser die Rüge erfordert. Zudem ergibt sich erst durch die Auskunft der Vermieterseite, ob die zulässigen Grenzen der Miete überschritten sind oder nicht. Schließlich ist das Wohnraummietrecht so komplex, dass die Sachkunde, die ein Inkassounternehmen vor der Registrierung nachweisen muss, dafür nicht ausreicht.

  • Anders sind auch nicht die besonders groben und schwerwiegenden Fehler, die der Klägerin unterlaufen sind, erklärbar. Indem sie nämlich die Ehefrau des Mieters in das Verfahren einbezogen hat, obwohl diese nicht Mitmieterin gewesen ist, und indem sie mit der Rüge schon zugleich überhöhte Miete zurückgefordert hat, ohne zu diesem Zeitpunkt wissen zu können, ob Ausnahmetatbestände vorliegen könnten, die die Miethöhe rechtfertigen könnten.

Hinweis:

Bei dem Beschluss der Zivilkammer 67 handelt sich um eine Zurückweisung der Berufung im schriftlichen Verfahren, der vom BGH nicht mehr überprüft werden kann. Die Zivilkammer 67 ist der Auffassung, dass eine mündliche Verhandlung und eine Revisionszulassung in diesem Fall nicht erforderlich gewesen sind.

Die Zivilkammer 65 des LG Berlin vertritt die Auffassung der Zivilkammer 66, dass die Abtretung nicht zu beanstanden sei.

Die Urteile sind auf der Homepage des LG Berlin veröffentlicht.

Quelle: LG Berlin, Pressemitteilung 32/2018 v. 14.08.2018 (Ls)

Fundstelle(n):
NWB AAAAG-91786