Online-Nachricht - Mittwoch, 18.07.2018

Einkommensteuer | Kapitalauszahlung aus berufsständischem Versorgungswerk (BFH)

Ist eine zur Basisversorgung hinzutretende und von dieser getrennte Kapitalversorgung aus einem berufsständischen Versorgungswerk als Kapitallebensversicherung ausgestaltet, sind auf entsprechende Kapitalauszahlungen nicht die Regelungen über die Leistungen aus einer Basis-Altersversorgung (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG), sondern die Regelungen über Erträge aus Kapitallebensversicherungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) anzuwenden (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Prozessverlauf: Der Kläger ist seit 1994 Pflichtmitglied des Versorgungswerkes der Zahnärztekammer Nordrhein (VZN). Neben der Beitragspflicht für eine Rentenversorgung bestand satzungsgemäß auch eine Beitragspflicht für eine Kapitalversorgung, die wie eine kapitalbildende Lebensversicherung ausgestaltet war. Aufgrund des AltEinkG wurde diese Versorgungsart durch Satzungsänderung abgeschafft. Für die bisherigen Teilnehmer wurde die Kapitalversorgung ab dem beitragsfrei gestellt. Der Kläger ließ sich seinen Anspruch zum auszahlen und erhielt einen Betrag von 25.853 €, den er als steuerfrei behandelt wissen wollte. Das FA nahm dagegen eine Besteuerung nach der Öffnungsklausel (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG) vor und stellte nur 19,67 % der Auszahlung steuerfrei. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem FG Düsseldorf hatte keinen Erfolg.

Die Richter des BFH führten hierzu weiter aus:

  • Zwar unterliegt die Einmalzahlung aus einem berufsständischen Versorgungswerk grundsätzlich als "andere Leistung" i.S. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG der Besteuerung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie Teil der Basisversorgung ist.

  • Die Erträge aus der Kapitalversorgung des VZN sind jedoch keine Leistungen aus der Basisversorgung eines berufsständischen Versorgungswerks i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG, sondern solche nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG.

    • Ausgehend von dem sog. Drei-Schichten-Modell, welches durch das AltEinkG umgesetzt worden ist, sind Kapitallebensversicherungen nicht als Teil der Basisversorgung, sondern (grundsätzlich) als Teil der dritten Schicht anzusehen. Das gilt auch dann, wenn die Anwartschaften auf Beiträgen beruhen, die vor Inkrafttreten des AltEinkG zum geleistet worden sind. Dabei muss es unerheblich sein, ob die Erträge aus solchen Kapitallebensversicherungen von einem berufsständischen Versorgungswerk oder einem anderen Anbieter ausgezahlt werden. In beiden Fällen liegen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG vor.

    • Die hier zu beurteilenden Leistungen aus der Kapitalversorgung des VZN sind keine der Basisversorgung. Denn anders als im Fall der Basisversorgung sind die Ansprüche aus der Kapitalversorgung nach der Satzung beleihbar, übertragbar, vererbbar und jederzeit mit einer Frist von drei Monaten auszahlbar. Wesentliche Merkmale der Basisversorgung sind dagegen, dass die Renten erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze bzw. Erwerbsunfähigkeit gezahlt werden und als Entgeltersatzleistung in der Grundkonzeption der Lebensunterhaltssicherung dienen.

  • Der Auszahlungsbetrag aus der Kapitalversorgung bleibt, da er ausschließlich auf Beiträgen für eine Kapitallebensversicherung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der bis zum geltenden Fassung (EStG 2004) beruht, nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 i.V.m. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (heute § 52 Abs. 28 Satz 5 EStG) steuerfrei.

    • Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004 zwar grundsätzlich steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt diese Steuerpflicht aber nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden.

    • Die im Rahmen der Kapitalversorgung vom Kläger als Pflichtmitglied abzuschließende Kapitallebensversicherung hatte aufgrund des spätestmöglichen Zugangsalters von 45 Jahren und des frühestmöglichen Leistungsbezugs mit Vollendung des 57. Lebensjahrs stets eine Mindestlaufzeit von zwölf Jahren. Sie ist als Kapitalversicherung gegen laufende Beiträge mit Sparanteil ausgestaltet gewesen und erfüllt folglich die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. dd EStG 2004 genannten Voraussetzungen.

    • Da der Kläger der Kapitalversorgung des VZN im Jahr 1994 beitrat und die Leistungen erst im Streitjahr ausgezahlt worden sind, sind auch die weiteren Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 erfüllt. Die Beitragszahlung wie der Abschluss der Kapitalversicherung vor dem führt nach § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG dazu, dass § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 anwendbar geblieben ist. Die Kapitalversorgung ist deshalb in voller Höhe steuerfrei.

Quelle: ; NWB Datenbank (Ls)

Fundstelle(n):
NWB QAAAG-88876