Online-Nachricht - Dienstag, 17.07.2018

Umsatzsteuer | Privater Schwimmunterricht für Kleinkinder steuerfrei (FG)

Privater Schwimmunterricht für Kleinkinder ist umsatzsteuerfrei, Kurse für Säuglinge dagegen nicht ().

Sachverhalt: Die Klägerin führt nach einem von ihr entwickelten Programm Schwimmkurse für Kinder durch. Die Schwimmkurse teilt die Klägerin nach dem Alter der Kinder ein: Säuglinge (3 bis 12 Monate), Kleinkinder (1. bis 3. Lebensjahr) und Kinder ab dem 3. Lebensjahr. Die Schwimmkurse finden in angemieteten Schwimmhallen statt. In den Schwimmkursen für Säuglinge werden diese von ihren Eltern gehalten und bewegt. Die Kinder im Alter vom 1. bis zum 3. Lebensjahr bewegen sich zunächst mit Hilfe der Eltern, die ihre Unterstützung aber schrittweise zurücknehmen. Die Klägerin behandelte sämtliche Schwimmkurse als umsatzsteuerfreie Leistungen.

Das Finanzamt lehnte die Steuerbefreiung für das Kleinkinderschwimmen unter drei Jahren ab. Für die Kinderschwimmkurse über drei Jahre gewährte es die Steuerbefreiung, nachdem der Klägerin hierfür vom Regierungspräsidium eine Bescheinigung erteilt worden war. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Steuerbefreiung auch für das Säuglingsschwimmen und das Kleinkinderschwimmen.

Hierzu führten die Richter des FG Baden-Württemberg weiter aus:

  • Auch die Schwimmkurse für Kleinkinder vom 1. bis zum 3. Lebensjahr sind von der Umsatzsteuer befreit. Dagegen ist das Säuglingsschwimmen steuerpflichtig.

  • Die Klägerin kann sich für die Steuerbefreiung zwar nicht auf das deutsche Umsatzsteuergesetz, aber auf die europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen, wonach der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht steuerfrei ist.

  • Die Klägerin ist eine qualifizierte Privatlehrerin. An der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, besteht ein hohes Gemeinwohlinteresse. Das Ertrinken ist in Deutschland nach den Verkehrsunfällen die zweithäufigste Todesursache bei (Klein-)Kindern.

  • Die Schwimmkurse für Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren sind auch "Schul- und Hochschulunterricht". Der Begriff erfasst nicht nur prüfungs- oder ausbildungsbezogenen Unterricht. Steuerbefreit sind auch andere Tätigkeiten, um Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Die Steuerbefreiung verlangt daher nicht, dass die Mehrheit der Kinder nach Beendigung der Kurse in der Lage ist, selbständig zu schwimmen.

  • Die Steuerbefreiung bezweckt die gleichmäßige umsatzsteuerliche Belastung von privaten und öffentlichen Ausbildungsträgern. Daher ist es ausreichend, wenn der Kurs das Schwimmen lernen fördert, ergänzt oder erleichtert. Das ist bei den strukturierten Kinderschwimmkursen der Klägerin der Fall.

  • Beim Säuglingsschwimmen ist dagegen die Grenze von der Freizeitgestaltung zum Unterricht noch nicht überschritten.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB DAAAG-88824