BFH Beschluss v. - X B 26/03

Anforderungen an die schlüssige Darlegung von Revisionszulassungsgründen

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2. FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) —FGO n.F.— entspricht.

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht zunächst geltend, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO n.F.).

a) Die Zulassung der Revision wegen Fortbildung des Rechts kommt nur in Betracht, wenn der Streitfall Veranlassung gibt, Leitsätze zur Auslegung des Gesetzes aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 147). Die Rechtsfortbildung muss über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegen. Eine bestimmte abstrakte Rechtsfrage, deren Beantwortung der Rechtsfortbildung dient, muss in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig und klärungsbedürftig sein.

Bezüglich der Anforderungen an die schlüssige Darlegung dieses Zulassungsgrundes gelten die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO n.F.) entwickelten Grundsätze sinngemäß (vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 38). Danach muss der Beschwerdeführer zur gebotenen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der von ihm herausgestellten (abstrakten) Rechtsfrage substantiiert ausführen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist (vgl. z.B. , BFH/NV 2000, 985; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 32, m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht.

aa) Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hat den vor dem Finanzgericht (FG) angefochtenen gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr 1993 im Hinblick auf die nach seiner Auffassung ungewisse Gewinnerzielungsabsicht des Klägers (mögliche ”Liebhaberei”) gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) für vorläufig erklärt. Im Anschluss an eine für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1998 durchgeführte Außenprüfung erkannte das FA —dem Prüfer folgend— die für diese Zeiträume geltend gemachten Verluste (dem Grunde nach) an. Daraus folgert der Kläger, dass das FA das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht auch für das von der Betriebsprüfung nicht betroffene Streitjahr 1993 bejaht habe, so dass der Rechtsgrund für die entsprechende Vorläufigkeitserklärung entfallen sei. Denn, so trägt der Kläger vor, zur ”Entscheidung über die Gewinnerzielungsabsicht (gehöre) auch die Feststellung, ab welchem Zeitpunkt die Gewinnerzielungsabsicht aufgegeben (worden sei), da zu diesem Zeitpunkt die stillen Reserven ermittelt werden (müssten)”. Eine erneute Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht (d.h. deren Wegfalls) sei dem FA ”erst wieder ab dem Veranlagungszeitraum 1999 möglich”. Dies habe das FG in seiner klageabweisenden Entscheidung verkannt.

bb) Mit diesen Argumenten vermochte der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage nicht schlüssig darzulegen. Es fehlen (substantiierte) Ausführungen darüber, aus welchen Gründen die vom FG vertretene Rechtsauffassung zweifelhaft und streitig sowie nicht eindeutig aus dem Gesetz abzuleiten sei. Das von ihm zitierte (BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381) ist als Beleg für die vom Kläger an der Richtigkeit der angefochtenen Vorentscheidung gehegten Zweifel ungeeignet, weil es zu der hier entscheidungserheblichen Frage, inwieweit die Anerkennung der für spätere Steuerabschnitte geltend gemachten Verluste durch die Finanzbehörde zwingend dazu führt, dass die Gewinnerzielungsabsicht auch in einem vorangegangenen Veranlagungszeitraum bejaht werden muss, keine Stellung nimmt.

Diese Frage ist im Übrigen eindeutig so zu beantworten, wie es das FG getan hat. Dies folgt aus dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung, wonach der Steuerpflichtige aus einer ihm günstigen Sachbehandlung in einem bestimmten Steuerabschnitt grundsätzlich keine Ansprüche auf die gleiche Handhabung in einem nach- oder vorgelagerten Veranlagungszeitraum herleiten kann. Dieser Grundsatz wird nur in Ausnahmefällen durch eine besondere behördenseitige Selbstverpflichtung (Zusage oder ”tatsächliche Verständigung”) durchbrochen. Einen solchen Ausnahmesachverhalt hat das FG indessen mit ausführlicher und überzeugender Begründung verneint. Dagegen hat der Kläger im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren keine Einwendungen (mehr) erhoben.

2. Aus den selben Erwägungen entspricht die Beschwerdebegründung auch nicht den Voraussetzungen an die schlüssige Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO n.F.

3. Soweit der Kläger des Weiteren rügt, die angefochtene Vorentscheidung weiche von dem BFH-Urteil in BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381 ab, ist auch diese Rüge nicht schlüssig erhoben.

a) Rügt der Beschwerdeführer eine Abweichung von einer Entscheidung des BFH, so muss er nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BFH auch nach neuem Revisionszulassungsrecht tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung des BFH andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom XI B 67/00, BFH/NV 2002, 1479; vom II B 33/01, BFH/NV 2002, 1482; vom XI B 152/01, BFH/NV 2002, 1484; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 42).

b) Im Streitfall fehlt es bereits an der Herausarbeitung eines bestimmten abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtssatzes aus der angegriffenen FG-Entscheidung, der von dem vom Kläger zitierten Rechtssatz aus dem BFH-Urteil in BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381 abweichen soll. Im vorliegenden Streitfall ging es um die Beantwortung der Frage, ob die Anerkennung der vom Kläger erwirtschafteten Verluste in späteren Veranlagungszeiträumen (1995 bis 1998) zwingend dazu führen musste, dass eine Gewinnerzielungsabsicht des Klägers auch im vorgelagerten Streitjahr 1993 zu bejahen war. Da das FG eine solche Präjudizialität —zutreffend (vgl. oben 1. b, bb)— verneint hat, brauchte es nicht darüber zu entscheiden und hat auch nicht darüber befunden, ob der Kläger im Streitjahr 1993 eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgte. Infolgedessen lässt sich auch keine Abweichung der Vorentscheidung von dem vom Kläger zitierten Rechtssatz aus dem genannten BFH-Urteil konstatieren, ”zur Entscheidung über die Gewinnerzielungsabsicht (gehöre) auch die Feststellung, ab welchem Zeitpunkt die Gewinnerzielungsabsicht aufgegeben wurde”.

4. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO n.F. abgesehen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 82
BFH/NV 2004 S. 82 Nr. 1
VAAAA-69574