Online-Nachricht - Mittwoch, 25.04.2018

Verfahrensrecht | Änderung der gesonderten Feststellung des Grundbesitzwerts (BFH)

Verzichtet das FA gegenüber dem Steuerpflichtigen ausdrücklich auf die Abgabe einer förmlichen Feststellungserklärung und fordert ihn stattdessen zu bestimmten Angaben auf, verletzt es seine Ermittlungspflicht, wenn die geforderten Angaben für die Ermittlung des für die Grundbesitzbewertung maßgebenden Sachverhalts nicht ausreichen und es keine weiteren Fragen stellt. Erfüllt der Steuerpflichtige in einem solchen Fall seinerseits seine Mitwirkungspflichten, indem er die vom FA gestellten Fragen zutreffend und vollständig beantwortet, ist das FA nach Treu und Glauben an einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gehindert, wenn es später Kenntnis von steuererhöhenden Tatsachen erlangt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Im Streitfall waren die Kläger zu drei gleichen Teilen Erben. Zum Erbe gehörten verschiedene Miet- und Geschäftsgrundstücke, die für die spätere Festsetzung der Erbschaftsteuer bewertet werden sollten. Das für die Bewertung zuständige FA forderte die Kläger auf, nähere Angaben zu den Grundstücken zu machen. Dieser Aufforderung kamen sie umfassend nach. Im Rahmen einer Außenprüfung wurden später weitere Tatsachen bekannt, die zu einer höheren Wertfeststellung führten. Daraufhin änderte das FA den Feststellungsbescheid. Einspruchs- und Klageverfahren blieben erfolglos.

Die Richter des BFH führten hierzu u.a. aus:

  • Das FA durfte den bestandskräftigen Feststellungsbescheid nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern.

  • Nach ständiger Rechtsprechung ist die Änderung eines Bescheids zum Nachteil des Steuerpflichtigen nach "Treu und Glauben" ausgeschlossen, wenn dem FA die nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen bei ordnungsgemäßer Erfüllung der behördlichen Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wären.

  • Dasselbe gilt, wenn das FA gegenüber dem Steuerpflichtigen ausdrücklich auf die Abgabe einer förmlichen Erklärung verzichtet und ihn stattdessen zu bestimmten Angaben auffordert.

  • Beantwortet der Steuerpflichtige die gestellten Fragen zutreffend und vollständig, ist das FA an einer Änderung des Bescheids auch dann gehindert, wenn es zuvor falsche oder unzutreffende Fragen an den Steuerpflichtigen gestellt hat.

Hinweis:

Ein weiterer Aspekt der Entscheidung betraf die Frage, ob der Feststellungsbescheid nach Ablauf der Feststellungsfrist überhaupt noch geändert werden durfte. Dies ist zwar nicht von vornherein ausgeschlossen (s. § 181 Abs. 5 Satz 1 AO), kann aber nicht auf einen Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 2 AO) gestützt werden. Denn nach § 164 Abs. 4 Satz 1 AO entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. Diese Vorschrift gilt gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO für die Feststellungsfrist sinngemäß. § 181 Abs. 5 Satz 1 AO bewirkt kein "Wiederaufleben" des entfallenen Nachprüfungsvorbehalts.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 21/2018 v. 25.04.2018 (Ls)

Fundstelle(n):
NWB JAAAG-81755